Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition)
machen.
Auf dem Heimweg kaufte er beim Türken in der Thalkirchner Straße Meze, Schafskäse, Oliven, Tomaten und Fladenbrot. Als er wieder auf die Straße trat, stand die Sonne noch immer hoch am Himmel. Flirrendes Licht. Staubige Glut. Das Poloshirt klebte an seiner Haut. Er sehnte sich nach einer kühlen Brise. Mit einem Umweg über den Friedhof entfloh er der Hitze. Er betrat ihn am Eingang Stephansplatz und tauchte in den Schatten der Bäume. Ein leichter Wind wehte. Der Kies knirschte. Hoch oben auf dem Turm gurrten die Tauben. Am Grab des Musikers lag ein frischer Rosenstrauß. Verwundert blieb Dühnfort stehen. Es war der hundertzehnte Todestag, und es berührte ihn, dass es noch jemanden gab, der des Musikers gedachte.
»Hallo, Tino.« Ginas Stimme kam von oben. Sie stand auf dem Balkon ihrer Wohnung. »Perfektes Timing. Wir sind fast fertig.«
»Ich habe Abendessen mitgebracht.« Er hob die Tüte.
»Phantastisch! Ich habe ein Loch im Bauch.«
Am Ausgang Pestalozzistraße verließ er den Friedhof. Vor dem Haus parkte der Umzugswagen. Die Wohnungstür war offen. Im Flur standen Umzugskartons. Die Verbindungstür war drin. Stani hatte Wort gehalten.
»Grüß dich.« Gina trug eine abgeschnittene Jeans und T-Shirt. Er wollte sie an sich ziehen, doch sie wich aus. »Ich bin total verschwitzt. Magst du gucken?«
»Aber sicher.« Sie war da. Er zog sie an sich und gab ihr einen Kuss. »Ich mag es, wenn du verschwitzt bist.«
Es war ihr tatsächlich gelungen, einen Ventilator zu ergattern. Ferdinand, Mitbewohner in ihrer WG und Restaurator bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, hatte ihn im Schlafzimmer an der Decke befestigt. Flügel aus dunklem Holz drehten sich träge unter der Stuckrosette. »Hat was von Jenseits von Afrika «, meinte er und klappte die Trittleiter zusammen.
Das stimmte. Das ganze Zimmer hatte diesen Touch. Jalousien mit Holzlamellen vor den Fenstern. Das Rattanbett mit afrikanisch gemusterten Kissen und der neue Teppich im Zebradesign. »Das ist schön geworden.«
Gina hakte sich bei ihm ein. »Bei mir oder bei dir? Diese Frage stellt sich heute Nacht nicht. Die Macht ist mit mir. Ich habe den Miefquirl.« Sie zwinkerte ihm zu, und er musste lachen. Eigentlich hatte sich diese Frage bisher nie gestellt. Denn er hatte nie in Ginas WG übernachtet. Die Vorstellung, ihren Eltern nachts auf dem Weg zur Toilette über den Weg zu laufen, war ihm immer unangenehm gewesen. Wieder einmal dachte er, dass er es sich oft zu schwer machte und zu kompliziert war.
In seiner Küche traf er Ginas Mutter Dorothee, die gerade eine Flasche Prosecco entkorkte. Auf einem Tablett standen vier Gläser, in denen Eiswürfel und Minze in einer blassgelben Flüssigkeit schwammen. »Zur Feier des Tages gibt es jetzt Hugo.«
Was immer das war, der Hugo stieg ihnen schnell zu Kopf, denn es blieb nicht bei einem. Während der Abend in die Nacht überging, saßen sie auf dem Balkon, aßen Fladenbrot und türkische Vorspeisen, tranken Hugo und unterhielten sich. Ginas Eltern wollten die WG weiterführen. Zurzeit waren zwei Zimmer frei, das von Theo, der mit seiner Freundin Rebecca zusammengezogen war, und nun auch Ginas. Dorothee hatte sich entschlossen, sie tageweise an Gäste zu vermieten. Sie war seit Jahren arbeitslos und schuf sich so selbst ihre neue Stelle.
Kurz vor elf drängte sie zum Aufbruch. Dühnfort schloss die Tür hinter den beiden und half Gina, das Geschirr vom Balkon zu räumen. Das Licht in der Wohnung hatten sie wegen der Mücken nicht eingeschaltet. Nur der Mond und zwei Windlichter erhellten den Raum dürftig. Hier hatte es angefangen zwischen ihnen. In der Küche. Ein Jahr war das her. Im Zwielicht und mit einem Song von Norah Jones als Soundtrack. Beinahe glaubte er die Musik von damals zu hören.
Gina schlang ihre Arme um ihn. »Kommt dir das bekannt vor?«, flüsterte sie in sein Ohr. Im Rhythmus der Musik begann sie sich zu bewegen und dabei an seinem Ohrläppchen zu knabbern. Erst da wurde ihm klar, dass sie den CD-Player in ihrem Schlafzimmer eingeschaltet hatte. »Nein«, murmelte er in ihre Halsbeuge. »Keine Ahnung. Was ist das?« Eng umschlungen tanzten sie langsam durch Küche und Flur. »Schwindler. Du bist ein ganz schlechter Schwindler.«
Sie küssten sich. Seine Hände glitten unter ihr Shirt. Ihr Rücken war warm und glatt. Im Schlafzimmer drehte sich der Ventilator. Der Mond schien zwischen den Lamellen der Jalousie herein und warf ein Streifenmuster aus Licht und
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