Verfuehrerische Naehe
Schwester nach und ließ sich zur Sitzgruppe am Kamin führen. Allerdings folgte sie nicht Julias Rat.
„Wenn du dich schon nicht hinsetzt”, sagte Julia nach einer Weile, „könntest du dann wenigstens aufhören, hin und her zu laufen? Ich werde allein vom Zusehen müde.”
Chantal zwang sich dazu, vor dem Kaminsims stehen zu bleiben, doch da war sie ihrer Schwester ausgeliefert. Wahrscheinlich war es besser, sie suchte selbst ein Thema aus. „Wie kommst du darauf, dass die beiden sich über Autos unterhalten wollen?”
„Quade hat einen alten Sportwagen in seinem Schuppen, einen Klassiker”, berichtete Julia lächelnd. „Zane behauptet, dass der Wagen fast so schön ist wie ich.”
„Der MG.” Chantal erinnerte sich noch deutlich an das Auto.
„Der was?”
„Der alte Sportwagen. Es ist ein MG.”
Julia schüttelte den Kopf. „Erstaunlich. Woher weißt du das?”
„Ich …” Chantal zögerte, aber warum sollte sie die schlimme Geschichte nicht erzählen?
Damit würde sie Julia wenigstens von der Geschichte ablenken, die sie eigentlich hören wollte. Denn natürlich machte sie sich ihre Gedanken wegen der Szene in der Küche.
„Erinnerst du dich noch an den Sommer, in dem ich bei Barker Cowan gejobbt habe? Das war die Anwaltsfirma, für die Quade damals arbeitete.”
„Ich erinnere mich noch, wie wichtig es für dich war, in den richtigen Firmen zu jobben”, entgegnete Julia. „Das gab hitzige Diskussionen beim Abendessen.”
„Es war wirklich wichtig.”
Chantal hatte verschiedene Arbeitsweisen bei den besten Anwälten lernen wollen. In diesem Fall hatte es allerdings einen anderen Grund gegeben, der für ihre Entscheidung ausschlaggebend gewesen war. Und dabei hatte es sich um einen sehr maskulinen und hinreißend aussehenden Grund gehandelt. Sie konnte einfach nicht still stehen, als sie davon erzählte, sondern musste wieder auf und ab gehen.
„Es war an einem langen Wochenende im Oktober. Ich war von der Uni nach Hause gekommen und hörte, dass Quade seinen Vater besuchte. Also bin ich hingefahren, um mehr über die Anwaltsfirma zu erfahren. Nur so konnte ich entscheiden, ob ich dort jobben wollte.”
Es war auch eine gute Gelegenheit gewesen, den faszinierenden Cameron Quade zu treffen.
„Sein Vater kam an die Tür und sagte, dass Cameron im Schuppen am Wagen bastelte.”
„Ach, er hat damals an diesem MG gearbeitet?”
Ja und nein. Chantal beschloss, nun alles zu erzählen. „Als ich in den Schuppen kam, war er gerade nicht mit dem Wagen beschäftigt.”
„Sondern …?” fragte Julia ahnungsvoll.
„Mit einer Mitarbeiterin bei Barker Cowan, wie sich später herausstellte. Sein Vater hatte nicht erwähnt, dass Quade Gesellschaft hatte. Allerdings war ich so naiv, dass ich wahrscheinlich trotzdem hingegangen wäre.” Auch jetzt, nach fast sieben Jahren, war es ihr noch peinlich.
“Sie haben dich nicht bemerkt?”
„Lieber Himmel, nein! Ich habe die Flucht ergriffen.” Wenn auch nicht sofort. Sie war wie gelähmt gewesen und hatte sich erst nach einigen Sekunden wieder bewegen können.
„Woher weißt du denn, dass es ein MG war?”
Chantal blieb stehen. „Erstens bin ich eine gute Beobachterin, und zweitens habe ich überall hingesehen, nur nicht zu den beiden.”
„Wieso hast du mir das nie erzählt?” fragte Julia ungläubig. „Trotzdem hast du dann bei Barker weitergearbeitet!”
„Mutter hat das über Gillian organisiert. Sie dachte, sie würde mir damit helfen.”
So hatte jener höllische Sommer begonnen, in dem sie sich immer wieder vorgestellt hatte, was sich auf einer Motorhaube alles abspielen konnte. Damals träumte sie davon, die Frau auf dem roten Lack zu sein. Sie hatte das kühle Metall im Rücken und den warmen Männerkörper auf sich gespürt. Sie hatte sich der Magie der Küsse hingegeben und sich selbst stöhnen gehört. Aus jedem dieser Träume war sie erhitzt und verwirrt erwacht.
Julia seufzte, als hätte sie Chantals geheimste Gedanken erraten. „Wie hast du es denn überstanden, Quade und diese Frau täglich zu sehen?”
„Indem ich mich auf die Arbeit konzentriert habe.” Zumindest hatte sie das versucht.
„Konntest du ihnen in die Augen sehen? Du weißt schon, am Kaffeeautomaten, oder wenn du ihnen etwas gebracht hast?”
„Du weißt doch, wie ich mit neunzehn war.” Chantal fiel das Lächeln schwer. „Rate.”
„Du bist nie den leichtesten Weg gegangen. Das war schon damals so, als du noch ein Bücherwurm ohne
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