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Verfuehrung

Verfuehrung

Titel: Verfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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seine Schwester hatte schon immer den Teufel in sich. Hat man nicht sogar einmal einen Exorzisten für sie bemüht? Kein Wunder, dass ihr Gatte Mönch werden will. Warum der gute Name der Familie Grimani allerdings dazu herhalten soll, um einer solchen Frau das Leben zu erleichtern …«
    »Sie kann sich noch genauso gut wie ich erinnern«, sagte Giacomo schneidend, »wie Sie und meine Mutter mich damals in der Schule Dottore Gozzis in Padua abgegeben haben. Es muss wohl der Teufel in ihr sein, der sie da neugierig gemacht hat, warum eigentlich ein Grimani eine Schauspielerin dabei begleitet, ihren Sohn in einer anderen Stadt zur Schule zu bringen.«
    Deutlicher, hoffte er, brauchte er nicht zu werden, aber er war bereit dazu, sollte es notwendig sein. Wenn ein Verwandter des derzeitigen Dogen um die geschwinde Auflösung der Ehe von Bettina Gozzi bat, konnte dies geschehen, noch ehe Bettina bei ihrem Bruder in Padua eintraf. Sonst zog sich die Angelegenheit noch jahrelang hin, und das durfte nicht sein. Was er gegen seinen Vormund in der Hand hatte, war vielleicht viel, vielleicht auch nur wenig: Es kam darauf an, wie viel es Alvise Grimani wert war, nicht öffentlich als Vater eines Schauspielerbastards zu gelten.
    Das stickige Schweigen zwischen ihnen wurde gebrochen, als der Abbate murmelte: »Nun, wie ich schon sagte, Dottore Gozzi ist ein guter Mann. Ich werde ihm den Gefallen tun. Ist das alles?«
    Giacomo war erleichtert. Als er sich von Bettina verabschiedet hatte, nachdem er sie auf das Festland gebracht und in die nächste Postkutsche nach Padua gesetzt hatte, hatte er ihr die Auflösung ihrer Ehe noch einmal versprochen, mit aller Überzeugungskraft, derer er fähig war, denn er wusste, dass der Abbate Grimani sein Wort halten würde. Er hatte ihr auch ein kleines Vermögen in die Hand drücken können, als Ersatz für ihre verlorene Mitgift. Fast alles, was er an Barem besaß, denn er hatte sich geschworen, als er sein Glücksspiel begann, ihr den Gewinn voll zu überlassen. Weil auch beim Pharo nur die Bank sicher gewann, um die deshalb unter den Spielern immer heftig gestritten wurde, half ihm ein Einfall. Er hatte seinen Mitspielern gegenüber behauptet, er könne den üblichen Zwist darum, wer die Bank führen sollte, sofort beenden, und auf ihre ungläubige Aufforderung hin, das zu beweisen, verkündet: »Der mit dem Kürzesten nehme jetzt die Bank!« Die Spieler hatten sich verdutzt und verlegen angeblickt, niemand hatte zugegriffen, und Giacomo hatte die Bank für sich gehabt, was Bettina zur Hauptgewinnerin dieses Abends machte.
    Ob ihr Leben von nun an wirklich besser werden würde, konnte er damit natürlich nicht garantieren. An dem Kuss, mit dem sie ihm Lebewohl sagte, sehr viel sanfter als die kecken, brennenden Küsse ihrer Jugend, erkannte er, dass sie dies wusste. Mehr als diesen Kuss hatten sie diesmal nicht geteilt; sie war noch zu wund an Herz und Körper, und er war, wenn er ehrlich war, in Gedanken noch zu sehr bei Calori. Das würde sich zweifellos bald ändern, aber angesichts des Leides, in dem er Bettina vorgefunden hatte, war er erst gar nicht in Versuchung gewesen.
    »Und von meinen eigenen Zukunftsplänen wollen Sie nichts wissen?«, fragte er den Abbate, um zur Abwechslung nicht an Frauen zu denken und sich nicht fragen zu müssen, ob er Calori je so vom Leben geschüttelt und besiegt vorfinden würde, wie er Bettina gefunden hatte.
    »Du hast also welche?«, fragte der Abbate mit trockenem Sarkasmus, der zeigte, dass er wähnte, in ihrem Gespräch wieder die Oberhand zu haben.
    »Ich bin ein Mann, der gerne auf Reisen geht und nicht von der Luft leben kann«, antwortete Giacomo ruhig. »Und wie Sie an meiner Uniform sehen können, durchaus bereit, in den Dienst des Vaterlandes zu treten. Haben wir nicht eine Garnison in Korfu?«
    Der Abbate blinzelte. »Ja«, sagte er vorsichtig, »aber Giacomo, wenn du aus der spanischen Armee desertiert bist, dann kannst du doch von der venezianischen nicht erwarten …«
    »Oh, ich glaube, wenn ein Grimani um einen Posten bittet, kann ich alles erwarten, aber wie das Leben so spielt, verlangt mich gar nicht danach, dem Vaterland langfristig auf der Tasche zu liegen. Wie gesagt, ich reise gerne. Und ich möchte wirklich Konstantinopel kennenlernen. Korfu liegt auf dem Weg. Ein paar Monate Dienst gegen Unterkunft, Sold und Überfahrt nach Konstantinopel, mehr ist nicht nötig.«
    »Und dann?«, fragte der Abbate entgeistert.

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