Verfuehrung im Mondlicht
sehr
elegant, aber doch fiel auf, dass dieses große Haus auf eine sehr subtile Art auch wie eine sichere Burg wirkte. Dante und Beatrice setzten sozusagen das I-Tüpfelchen auf diesen Eindruck.
Die Mädchen plapperten aufgeregt, während sie begleitet von den Hunden in die hintere Diele liefen. Concordia sah ihnen nach, und unwillkürlich krampfte sich etwas in ihr zusammen. Hatte sie richtig gehandelt, als sie ihre Schülerinnen hierher gebracht hatte? Oder hätte es eine bessere Möglichkeit gegeben?
Sie zögerte, bevor sie den Fuß über die Schwelle des Hauses setzte.
»Das ist ein sehr vornehmes Heim, Mr. Wells.« Sie sprach so leise, dass die Mädchen sie nicht hören konnten. »Ich nehme an, es gehört Ihnen?«
»Ich muss gestehen, dass dieses Haus mir nicht gehört.«
Sie blieb unvermittelt stehen. »Was soll denn das heißen?«
»Die Villa ist das Eigentum eines Mannes namens John Stoner.«
Sie runzelte die Stirn. »Ist er hier?«
»Nein«, erwiderte Ambrose. »Zufällig befindet er sich zurzeit außer Haus.«
Ihr kam es vor, als spräche er ein wenig zu beiläufig über die Abwesenheit dieses geheimnisvollen Mr. Stoner.
»Seid Ihr sicher, dass es ihn nicht stört, wenn wir seine Gäste sind?«
»Falls er nicht unerwarteterweise zurückkehrt, wird er nicht einmal bemerken, dass er Euer Gastgeber ist«, versicherte Ambrose ihr.
Das gefiel Concordia noch weniger. »Ich verstehe das nicht. Wo ist Mr. Stoner?«
»Ich glaube, zurzeit hält er sich auf dem Kontinent auf.
Aber das ist schwer zu sagen. Mr. Stoners Gewohnheiten sind ziemlich unberechenbar.«
»Verstehe. Darf ich fragen, in welcher Beziehung Ihr zu diesem Mr. Stoner steht?«
Ambrose dachte ein paar Sekunden darüber nach. »Man könnte sagen, wir sind alte Bekannte.«
»Ich will Euch nicht zu nahe treten, Sir, aber das klingt ziemlich vage.«
»Macht Euch keine Sorgen, Miss Glade«, sagte Ambrose sehr leise. »Ich gebe Euch mein Wort, dass Ihr und Eure Mündel hier sicher seid.«
Ihre Nerven kribbelten vor plötzlicher Erregung. Ihre Intuition sagte ihr, dass den Mädchen von Ambrose Wells keinerlei Gefahr drohte. Was allerdings ihre eigene Sicherheit und Gemütsruhe betraf, war sie sich keineswegs so sicher.
8
Concordia erwachte durch das leise Tröpfeln des Regens vor dem Fenster. Es war ein friedliches, beruhigendes Geräusch, und sie blieb ruhig liegen, um diesen Augenblick zu genießen. Es war das erste Mal seit Wochen, dass sie nicht sofort nach dem Aufwachen ein Gefühl der Beunruhigung und Anspannung empfand. Und es war der erste Morgen, an dem sie nicht über ihren Fluchtplan nachdenken musste.
Sicher, die Dinge hatten sich nicht so entwickelt, wie sie es ursprünglich geplant hatte, aber die Mädchen waren sicher aus Aldwick Castle entkommen. Mehr zählte heute morgen nicht. Sie würde bald einen neuen Plan für die Zukunft fassen, aber das konnte bis nach dem Frühstück warten.
Sie warf die Bettdecke zurück, setzte ihre Brille auf und zog den Morgenmantel an, den Mrs. Oates ihr letzte Nacht noch besorgt hatte. Dann sammelte sie die spärlichen persönlichen Toilettenartikel zusammen, die sie aus der Burg mitgenommen hatte, und öffnete die Tür ihres Zimmers. Der Flur war leer. Mrs. Oates hatte erwähnt, dass das einzige andere Zimmer in diesem Stockwerk von Mr. Ambrose bewohnt wurde. Die Mädchen hatten Zimmer im Stockwerk über ihnen bezogen.
Zufrieden darüber, allein auf dem Flur zu sein, huschte sie voller Vorfreude ins Bad.
Sie hatte die Wunder des großartigen Raumes bereits am Abend zuvor kurz genossen, und freute sich sehr darauf, diese Erfahrung wiederholen zu können. John Stoner mochte ein geheimnisvoller Mensch sein, doch offenbar war er ebenso ein überzeugter Anhänger der Annehmlichkeiten eines modernen Bades.
Das Bad war ein wundervoll dekadenter kleiner Palast, der mit riesigen Flächen funkelnd weißer Fliesen ausgelegt war. Alle Armaturen entsprachen den modernsten Anforderungen. Wasserhähne in den Wänden spendeten sowohl kaltes wie warmes Wasser, das durch Leitungen floss, die in die Wänden des Hauses eingelassen waren. Das Porzellanwaschbecken strahlte förmlich. Und über der Badewanne gab es sogar eine Duschvorrichtung.
Die Toilette verfügte über eine Wasserspülung und befand sich in einem ebenfalls beeindruckenden Raum neben dem Bad. Sie war eine großartige Vereinigung von Kunst und moderner Ingenieurwissenschaft. Auf dem Toilettenbecken waren innen und außen gelbe Sonnenblumen
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