Verfuehrung im Walzertakt
Leidenschaft verzehren zu lassen. Sie musste Vernunft walten, durfte die möglichen Folgen nicht außer Acht lassen. Sie zwang sich, einen Schritt zurückzutreten.
„Was ich davon halte, interessiert dich nicht? Du nimmst dir einfach, was du willst, plünderst wie ein Pirat?“ Sie erkannte ihre Stimme kaum, so atemlos klang sie.
Er legte einen Finger unter ihr Kinn und hob ihren Kopf, sodass sie in seine dunkelgrauen Augen blicken musste. „Du hast das Sagen, denn ich möchte dir Gefallen bereiten, und niemals würde ich dich gegen deinen Willen zu etwas zwingen. Aber sei gewarnt, hast du erst einmal Halt gesagt, ist alles zu Ende.“
Er nahm seine Hände von ihrer Taille. Sofort wuchs eine starke Sehnsucht in ihr. Sie wollte seine Lippen wieder auf den ihren spüren, wollte von ihm mit dem gleichen ungezügelten Verlangen geküsst werden.
„Ich verstehe.“ Sie erwiderte seinen Blick und verspürte unvermittelt eine unendliche Ruhe. Sie vertraute ihm. Ganz gewiss hielt er sein Wort.
„Die Dienstboten … Was ist, wenn wir überrascht werden?“ Diana wollte sich mit einem Schritt zur Seite seiner Nähe entziehen, doch seine Hand schloss sich um die ihre und hielt sie zärtlich fest. Sie wünschte, er würde verstehen, warum ihr diese Entscheidung nicht leichtfiel.
„Niemand wird uns überraschen. Ich habe Anordnung gegeben, uns nicht zu stören.“ Seine leise Stimme hüllte sie ein wie weicher Samt. Sie versuchte, sich in Erinnerung zu rufen, welch meisterhafter Verführer er war, was ihr indes nicht gelingen wollte, galt doch sein bewundernder Blick ihr, ihr ganz allein.
Er neigte den Kopf zur Seite. „Wir können natürlich auch jetzt zurückgehen und eine Tasse Tee genießen. Wenngleich meine Köchin dir in diesem Fall nicht gerade wohlgesinnt sein wird, nach all der Mühe, die sie sich mit dem Picknick gemacht hat. Du könntest wenigstens einen Blick darauf werfen.“
„Ich …“ Dianas Stimme verlor sich. Er hatte ihren Einwand mühelos fortgewischt. Vielleicht hatte sie sich auch nicht genug Mühe geben wollen, ihm zu widerstehen. Vielleicht war sie tatsächlich so leichtfertig und liederlich, wie die Gesellschaft vor fünf Jahren gemunkelt hatte. Andererseits befürchtete sie, seine Lippen nie wieder schmecken zu dürfen, wenn sie jetzt zurückginge. „Einen Augenblick kann ich wohl noch bleiben, um mir die Höhle anzuschauen. Es sollte auch Maß genommen werden, damit ich die ungefähre Zahl der benötigten Muscheln berechnen kann. Zudem muss ich wissen, welche Formen du bevorzugst.“
Brett machte eine einladende Geste. „Das Picknick wartet auf uns, es ist alles vorbereitet. Komm, sieh selbst, ob es dir nicht doch Appetit macht.“
„Offenbar hegtest du keinen Zweifel, dass ich dich hierher begleiten würde.“
„Ich hoffte darauf. Das ist ein Unterschied.“
Diana biss sich auf die Lippe. Die Vernunft kämpfte gegen ihr sehnsüchtiges Verlangen, mit ihm zusammen zu sein.
„Es wäre eine Schande, es zu verschmähen. Die Dienstboten werden reden, wenn wir nicht davon probieren. Du musst unbedingt von dem Mohnkuchen kosten. Wenigstens einen kleinen Bissen.“
Diana versuchte eine zusammenhängende Antwort zu stammeln, doch er hielt ihre Hand umfangen. Quälend zärtlich streichelten seine Finger über ihre Haut, liebkosten ihr Handgelenk. Sanft, sinnlich, aber ohne unlautere Absicht. Das Feuer, das seine Küsse in ihr entfacht hatte, flammte erneut auf. Sie entzog ihm ihre Hand und bedeckte sie mit der anderen. Ein amüsiertes Lächeln umspielte seine Lippen.
Sie beabsichtigte nicht, ihn zu fragen, was genau er mit diesem Picknick bezwecken wollte. Sie wusste, er würde sie nicht belügen. Was er ihr bot, enthielt keine Fallstricke. Solange es keine Folgen hatte, würde gewiss niemand Fragen stellen. Die Regeln der Gesellschaft in diesen Dingen waren ihr durchaus bekannt.
Angewurzelt auf der Stelle verharrend atmete sie tief ein, bevor sie den entscheidenden Sprung wagte. „Gerne werfe ich einen Blick auf das Picknick.“
„Du wirst nicht enttäuscht werden. Ich bat die Köchin, einige Delikatessen vorzubereiten.“
„Das klingt verlockend.“ Nur diesen einen Tag wollte sie mit ihm zusammen sein. Diana lockerte die Schultern. Nichts würde geschehen, wenn sie es nicht wollte. Sie vertraute ihm.
„Du wirst es genießen.“ Seine Augen wurden ernst, und er drückte ihre Hand leicht, bevor er sie losließ. „Wir werden zum Haus zurückkehren, sobald du nur ein Wort sagst.
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