Verfuehrung in bester Gesellschaft
Caroline ein Taschentuch hervor und tupfte sich damit die Augen ab.
„Lucas hasst mich. Ich sagte doch, dass das passieren würde.“
„Das glaube ich nicht. Keine Sekunde lang.“ Violet erhob sich, um nach Tee zu läuten, den ihre Cousine ganz offensichtlich brauchte. Ehe sie den Klingelzug erreicht hatte, hörte sie schon das verräterische Klappern des Teewagens im Gang vor der Tür und lächelte.
Hatfield war ein echter Schatz.
„Danke, Hat.“ Sie wartete, bis er den Wagen zum Sofa geschoben und sich dann leise zurückgezogen hatte.
Violet schenkte Tee in zwei Tassen. Sie war froh, dass sie sich endlich an den Geschmack dieses Gebräus gewöhnt hatte, und das war wohl dringend nötig in diesem Land, das sie jetzt ihr Zuhause nannte. Sie reichte Caroline eine der Tassen.
„Jetzt nimm einen Schluck und sag mir, was passiert ist.“
Caroline nippte an ihrem Tee. Sie war noch immer sehr blass und Violet fragte sich, ob sie ihrer Cousine vielleicht etwas Stärkeres hätte anbieten sollen.
Dann holte Caroline tief Luft und atmete ebenso tief wieder aus. Die Tasse klirrte, als sie sie auf die Untertasse zurückstellte. „Nichts ist passiert. Das ist ja das Problem.“
„Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz.“
„Abgesehen von dem kleinen Kuss vor dem Altar hat Lucas mich seither nicht angerührt. Ich bin seine Frau, Violet, aber er will mich nicht.“ Sie schluchzte. Neue Tränen stiegen ihr in die Augen.
„Sei nicht dumm. Natürlich will er dich. Das ist doch der Grund, warum ihr beide überhaupt in diese Schwierigkeiten geraten seid.“
Caroline hob das Taschentuch und schnäuzte sich. „Vielleicht ist er einfach zu wütend. Nicht dass er davon etwas zeigen würde. Er ist so höflich, dass ich es kaum ertrage. Er hat mich zu Kutschfahrten mitgenommen und mir Kleinigkeiten in der Bond Street gekauft, während er kaum ein Wort mit mir spricht. Abends essen wir zusammen, dann geleitet er mich hinauf in mein Zimmer und geht davon.“
Sie achtete nicht darauf, dass der Tee in ihrer Tasse allmählich kalt wurde. „Lucas ist ein sehr stattlicher, aktiver Mann, Violet. Wenn er nicht mit mir schläft, dann muss er seine Nächte mit einer anderen Frau verbringen.“
Violet schüttelte den Kopf. „Das ergibt keinen Sinn. Lucas hat eine Frau, die er begehrt, ob du das nun glaubst oder nicht. Warum sollte er eine andere Frau haben wollen?“
Caroline begann zu weinen. „Ich weiß es nicht. Ich wollte, ich wüsste es.“
Violet stellte ihre Tasse hin. „Nun, es gibt nur eine Möglichkeit, wie du das herausfinden kannst. Du wirst ihn fragen müssen.“
„Wie bitte?“
„Du hast mich verstanden. Du wirst ihn fragen müssen, warum er nicht mit dir schläft.“
Caroline schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht. Ich habe zu viel Angst vor dem, was er sagen könnte.“
„Du hast vor nichts und niemandem Angst, Caroline. Du kannst das. Du musst es tun.“
Caroline biss sich auf die Lippe und dachte darüber nach, was Violet gesagt hatte. Dann erhob sie sich von dem Sofa. „Du hast recht. Heute Abend nach dem Essen werde ich mit ihm sprechen … ehe er zu seiner Geliebten geht oder was immer er auch tun mag.“
„Das ist gut.“
„Und wenn er mir nicht die Wahrheit sagt, wird er etwas zu hören bekommen.“
„Genau.“
Caroline straffte die Schultern und eilte zur Tür. „Wünsch mir Glück.“
„Du brauchst kein Glück. Du hast Mut.“
Caroline brachte ein halbherziges Lächeln zustande, als sie durch die Tür hinaus verschwand. Violet lehnte sich gegen das Sofa. Welcher Wahnsinn hatte Caroline veranlasst, einen Schürzenjäger wie Lucas Barclay zu heiraten? Vielleicht derselbe, der Violet in eine Ehe mit Rule getrieben hatte. Beide Ehemänner hatten einen schlechten Ruf und würden ihrer Frauen vermutlich bald überdrüssig werden.
Vielleicht hatte Caroline recht und Lucas Barclay war bereits mit einer anderen Frau zusammen.
Violet dachte an den Abend der Soiree zurück, als Lucas und Caroline zusammen in der Bibliothek erwischt worden waren. Am selben Abend hatte sie gesehen, wie Rule im Gang vor dem großen Salon mit einer anderen Frau gesprochen hatte. Zu der Zeit hatte sie nicht gewusst, wer die schöne, lachende Brünette mit den himmelblauen Augen war.
Als Violet sich später mit Lily unterhielt, sollte sie es erfahren.
„Weißt du, wer diese Frau ist? Ich habe sie, glaube ich, noch nie gesehen.“
Lily blickte in die Richtung, die Violet ihr wies. „Nun, das ist Juliana
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