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Verfuehrung in Gold

Verfuehrung in Gold

Titel: Verfuehrung in Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Dahl
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er, sondern auch noch die Mätresse von sechs anderen Adligen.
    Und trotz einiger Bemühungen konnte Emma keinerlei Bestätigung für die Gerüchte über ihn finden. Die Stimmen im Musiksalon wurden leiser, was nicht ungewöhnlich war. Keiner wollte es riskieren, beim Duke in Ungnade zu fallen, denn er hatte während der letzten zehn Jahre ziemlich eindrucksvoll gezeigt, wie skrupellos er sein konnte.
    Nicht dass er engere Freundschaften pflegte. Er ließ überhaupt niemanden näher an sich heran. Doch selbst eine oberflächliche Bekanntschaft mit Somerhart war besser als dessen frostige Missachtung, wenn nicht gar offene Feindschaft. Von gelegentlichen Grausamkeiten ganz zu schweigen. Somerhart hatte schon häufiger die Schuldwechsel eines Gentleman gekauft, wenn ihm dessen besonders hässliche Worte über seine skandalöse Schwester zu Ohren gekommen waren. Dann forderte er die Begleichung der Wechsel, und was immer die Herren aushandeln konnten, ihr Ansehen war dauerhaft beschädigt, auch wenn niemand genauer sagen konnte, wie es dazu gekommen war. Man legte sich schlicht nicht mit dem Duke an … es sei denn, man hatte nichts und niemanden zu verlieren.
    Emma lehnte ihren Kopf an den weißen Türrahmen. Das Lauschen hatte sich als nutzlos erwiesen, aber sie wollte auch nicht gehen und ihre abendliche Maskerade fortsetzen und die zuversichtliche, amüsierte, duldsame Dame mit den hochgezogenen Brauen und den glänzenden Lippen mimen. Zumal neuerdings noch eine weitere Maskerade hinzugekommen war, nämlich dass sie Somerharts Geliebte gab. Oder schlimmer noch …
    Emma drückte die Fingerspitzen auf ihre geschlossenen Lider. Es war weniger das Vorspielen, seine Mätresse zu sein, was ihr zusetzte, sondern eher der Kampf mit sich selbst. Sie rang mit dem, was sie sich so sehnlichst wünschte. Sie wollte Wildheit und Inbrunst erleben, Ekstase, Heimlichkeit und Gefahr. Was falsch war und unerträglich schön zugleich.
    Auf einmal konnte Emma das Unmögliche sehen, konnte sich ausmalen, wie Hart Worte flüsterte, die ihm nie, niemals über die Lippen kommen würden.
    Aber hatte er nicht bereits Unmögliches getan? Und hatte es nicht seine Augen vor Freude zum Leuchten gebracht? Er hatte ihr befohlen, ihre Röcke zu lüpfen und ihre Beine zu spreizen, hatte sie geküsst, geleckt und alles dem Zufall überlassen. Oh ja, das hatte er genossen, beinahe so sehr wie sie. Er war verrucht und kalt, verdorben und undurchschaubar, sinnlich und vollkommen distanziert. Es war, als wohnten in ihm zwei gänzlich gegensätzliche Seelen.
    Gedankenverloren atmete Emma den fruchtigen Duft der Bäume und das schwere Parfum der Blüten ein. Im Wintergarten brannten nur wenige Wandleuchter, und die dicken Vorhänge waren zum Schutz vor der kalten Nacht zugezogen worden, sodass eine wohlige Atmosphäre von Geborgenheit und Abgeschiedenheit herrschte. Es war eine magische Einsamkeit. Bei jeder Bewegung fühlte sich die Luft wie warme Flüssigkeit auf ihrer Haut an, und selbst das hatte etwas Beschützendes. Die Welt war losgelöst von ihr, nicht Teil von ihr, und ausnahmsweise war sie froh, von jeder anderen Seele isoliert zu sein.
    Dieser Ort war wie Sommer, wie eine stille, schwüle Nacht, und Emma wollte sich auf einem Grasbett zusammenrollen und für immer hierbleiben. Wenn sie schon keine heimliche Leidenschaft haben durfte, konnte sie wenigstens ein bisschen verdammten Frieden finden.
    Jemand anders musste sich nebenan an das Piano gesetzt haben, denn die Musik klang sehr viel voller. Mit diesen neuen Tönen wich die Anspannung aus Emmas Schultern. Als sie die Augen schloss, war sie woanders; neben dem Teich im Garten ihres Onkels, wo sie mit einem Buch im Gras lag. Oder noch weiter weg, in jenem Cottage ihrer Mutter am Meer, sicher und glücklich wie jedes Mal, wenn sie verreisten. Aber diese tröstliche Szenerie – an ihre Mutter geschmiegt, die ihr sanft übers Haar strich – enthielt schon eine düstere Vorahnung. Über ihr hing der Nebel einer schrecklichen Vorahnung von dem, was kommen würde, und so wich Emma wieder aus diesem Bild zurück.
    Sie öffnete die Augen und sah ihn dort stehen, die Arme verschränkt. Er beobachtete sie. »Hart«, flüsterte sie unsicher, denn sie konnte nicht sagen, ob sie sich freute, ihn zu sehen.
    Sein eleganter Kopf neigte sich ein wenig zur Seite. »Emma«, antwortete er. Ihr Name musste sich richtig angefühlt haben, denn sein Mund entspannte sich zu einem halben Lächeln, dem jedoch gleich

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