Verfuehrung in Gold
ungleich leichter für sie, zu tun, was sie tun musste. Sie war nicht vertrauenswürdig, und es war überflüssig, etwas anderes vorzutäuschen.
Als sie bemerkte, dass Bess aufgehört hatte, ihr Kleid zu schließen, drehte Emma sich zu ihr um. Bess stand mit verschränkten Armen vor ihr. »Danke, Bess. Noch zwei Tage, höchstens drei. Dann sind wir fertig mit London, so wie Sie es wollten.«
»Er ist gut zu Ihnen.«
Emma neigte den Kopf zur Seite und sparte sich die Mühe, die Verständnislose zu mimen. »Ja, Somerhart ist nett zu mir. Aber ihn treiben nicht gerade ehrenwerte Absichten an, oder? Er möchte, dass ich seine Geliebte werde, Bess, nicht seine Ehefrau. Aber er bestimmt nicht, was ich tue oder wohin ich gehe.«
»Er mag Sie.«
»Ja, sicherlich mag er mich so, wie er seinen Lieblingshund mag. Der Duke ist ein reicher, mächtiger Mann. Ich würde mir an Ihrer Stelle keine Sorgen um ihn machen.«
Bess nickte zerknirscht. »Ich schätze, Sie haben recht.«
»Also, wie sehe ich aus?«
Endlich verschwand das Stirnrunzeln. »Wunderschön, Madam. Ich wünschte nur, wir hätten einen hübscheren Umhang zu diesem schönen Kleid.«
»Dank Ihnen ist es so schön. Jetzt muss ich los. Ich bin schon spät dran. Mir bleiben nur zwei Stunden zum Spielen vor meiner Dinner-Verabredung. Warten Sie nicht auf mich. Ich werde wohl nicht vor dem Morgengrauen zurück sein.«
Am Ende der Straße stand die Droschke, die sie bestellt hatte. Sie hätte schon vor einer Viertelstunde aufbrechen wollen, doch dann erschien Hart und hämmerte auf ihre Haustür ein, als wollte er auch gleich Emmas Trotz in Stücke schlagen. Die Erinnerung spornte sie an, schneller zu gehen. Der überraschte Kutscher sprang von seinem Bock herab und riss die Tür auf.
Eigentlich hätte sie ihre Dinner-Pläne streichen sollen, aber sie war zu einem privaten Nachtmahl mit Lord und Lady Osbourne verabredet, und das wollte sie auf keinen Fall versäumen. Nach dem heutigen Abend würde sie die beiden nie wiedersehen, was natürlich nur Emma wusste. »Ein letzter entspannter Abend vor Beginn der Saison«, hatte Lord Osbourne gesagt, und Emma war dankbar, dass sie eingeladen wurde.
Zuerst allerdings kam das Fest bei Tunwitty und später noch eine andere Gesellschaft nach dem ruhigen Essen mit ihren Freunden – Freunde, die gekränkt wären, wenn sie die Wahrheit erfuhren.
Was indes nicht ihre Sorge sein durfte. Ihr Safe füllte sich allmählich, und sie hatte fast ihr Ziel erreicht.
Emma war so sehr in Gedanken versunken, dass sie nicht bemerkt hatte, wie die Kutsche anhielt. Die Tür wurde geöffnet, und sie stieg aus. Sobald der Butler sie einließ und sie das Haus betrat, begriff sie, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Sie hätte nicht auf diese Party gehen dürfen.
Gentlemen schlenderten umher, die sie nie zuvor gesehen hatte, und überall waren Damen. Die Frauen drehten sich zu ihr um, musterten ihren schlichten Umhang und die einfache Frisur. Rasch nahm Emma ihren Umhang ab und reichte ihn dem Butler. Anscheinend hatte sie sich versehentlich zu einer vornehmen Gesellschaft der Vorsaison einladen lassen. Mit jedem Tag trafen mehr Haushalte vom Land ein, und auch wenn die rauschenden Bälle erst in wenigen Wochen begannen, verlangten die Neuankömmlinge nach Unterhaltung.
Emma lächelte höflich und ermahnte sich, nicht in Panik zu geraten. Diese Damen mochten die Nase über sie rümpfen, aber keine kannte die Wahrheit über sie. Das Dorf ihres Onkels war ein winziger, verschlafener Weiler, und die Gutsherrn oder Baronets dort waren nicht wohlhabend genug, frühzeitig in die Stadt zu reisen. Dazu fehlten ihnen einfach die Mittel. Nein, ihr Plan war nicht in Gefahr.
Sie vergewisserte sich, dass ihr Haar richtig saß, und tastete die kleinen Kristalle ab, die sie in ihren Zopf geflochten hatte. Aufsehenerregende Hüte oder teure Federn konnte sie sich nicht leisten und war froh, wenigstens die Kristalle zu haben. Mit ihnen und dem hübschen Kleid hielt man sie wohl kaum irrtümlich für eine Gouvernante.
Zwei Damen schlenderten Arm in Arm an ihr vorbei, und Emma fühlte ihre misstrauischen Blicke. Als sie jedoch nickte, erwiderten die beiden steif den Gruß.
»Lady Denmore!«
Sie zuckte vor Schreck zusammen und hielt unwillkürlich den Atem an, bevor sie sich in der großen Diele nach einem vertrauten Gesicht umschaute. Kaum entdeckte sie Mr Jones, der auf sie zugeeilt kam, strahlte sie vor Erleichterung.
»Mr Jones«, seufzte sie und sah,
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