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Vergesst Auschwitz!: Der deutsche Erinnerungswahn und die Endlösung der Israel-Frage (German Edition)

Vergesst Auschwitz!: Der deutsche Erinnerungswahn und die Endlösung der Israel-Frage (German Edition)

Titel: Vergesst Auschwitz!: Der deutsche Erinnerungswahn und die Endlösung der Israel-Frage (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk M. Broder
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Tradition berühmt sind, müsste, wenn es um das »historische Palästina« geht, auch das heutige Jordanien einbezogen werden, aber so viel Detailkenntnis darf man von Leuten, die bei Schupfnudeln und Sauerkraut den Nahen Osten neu einteilen wollen, nicht erwarten.
    Natürlich ist es völlig wurscht, was die Teilnehmer der Palästina-Konferenz beschließen, ob sie die »Ein-Staaten-Lösung« für Palästina durchsetzen oder den Rhein und die Elbe zusammenlegen. Aber: Entscheidend ist nicht das anvisierte Ziel, sondern die Absicht, die zugrunde liegt. Sie wollen nicht spielen wie Kinder bei Monopoly, sie meinen es ernst. Wobei es sie nicht juckt, dass inzwischen jede zweite Ethnie, von den Kosovaren bis zu den Osttimorern, ihren Anspruch auf Selbstbestimmung durchgesetzt hat, während die Israelis und die Palästinenser auf Beschluss der Stuttgarter Palästina-Konferenz unter ein Dach gezwungen werden sollen.
    Was ist es, das erwachsen wirkende Menschen so kindisch agieren lässt? Kommen sie sich nicht selbst albern vor? Nein, tun sie nicht. Sie nehmen ihre eigenen Halluzinationen für bare Münze, angetrieben von der Kraft ihres Wunschdenkens. Israel muss weg, von der Landkarte oder von den Seiten der Geschichte, mit Hilfe des iranischen Präsidenten oder auf dem Umweg über die Rückkehr von Millionen »Flüchtlingen«, egal, Hauptsache weg.
    Anders als die Mainstream-Antizionisten der bürgerlichen Mitte, die Tagungen der Evangelischen Akademien besuchen und Studienfahrten nach »Palästina« unternehmen, um ihre Schuldgefühle gegenüber den Juden loszuwerden, hat die Linke noch ein weiteres Motiv, sich das Ende Israels zu wünschen.
    Der Zionismus ist ein Kind des 19. Jahrhunderts. Schon vor Theodor Herzl, der als Begründer des politischen Zionismus gilt und dessen Schrift »Der Judenstaat – Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage« 1896 erschien, gab es »zionistische« Entwürfe und »zionistische« Projekte. Eine Gruppe junger Juden aus Russland reiste 1882 nach Palästina, um die Siedlung Rischon le Zion (Die Ersten in Zion) zu gründen, heute eine Stadt mit einer Viertelmillion Einwohnern südöstlich von Tel Aviv. Im selben Jahr schrieb Leo Pinsker, Arzt aus Odessa, das Buch »Autoemanzipation. Mahnruf an seine Stammesgenossen von einem russischen Juden«, in dem er erstaunlich modern argumentierte. Das Tun und Treiben der Judenfeinde sei nur Ausdruck ihrer eigenen Psychose, die sich seit 2000 Jahren weitervererbe. Das Einzige, was die Juden dagegen tun könnten, wäre, die eigene »widernatürliche Lage« zu beseitigen und sich eine Heimat zu schaffen, um mit den anderen Nationen gleichzuziehen. Der Wiener Schriftsteller Nathan Birnbaum veröffentlichte 1893 seine Schrift »Die nationale Wiedergeburt des jüdischen Volkes in seinem Land als Mittel zur Lösung der Judenfrage. Ein Appell an die Guten und Edlen aller Nationen«. Er war es auch, der den Begriff »Zionismus« geprägt hat.
    Der Zionismus lag also in der Luft, ebenso wie der Sozialismus. Viele Zionisten waren Sozialisten. Es gab im Zionismus genauso viele Strömungen wie im Sozialismus: Revolutionäre und Reformisten, Pragmatiker und Träumer, Idealisten und Realisten. Zionismus und Sozialismus sind enge Verwandte.
    Aus der Distanz von über 100 Jahren betrachtet, ist der Zionismus das einzige sozialistische Experiment, das nicht gescheitert ist. Alles, was vom Sozialismus übrig blieb, sitzt heute in Kuba im Gefängnis oder leidet Hunger in Nordkorea. Israel ist zwar über seine sozialistischen Gründerjahre längst hinaus, aus den Kibbuzim, in denen die Armut gerecht verteilt wurde, sind ziemlich elegante Wellness- und Hightechbetriebe geworden, die Gewinne erwirtschaften. Aber die Ursprünge sind nicht zu leugnen und die gesellschaftlichen Folgen noch heute spürbar – im Gesundheitswesen, bei den Gewerkschaften, in den Bus-Kooperativen.
    Für diejenigen, die sich an die Idee des Sozialismus klammern, ist Israel eine unerträgliche Provokation. Ein Haufen von Bankrotteuren und Bruchpiloten, die noch immer über den »richtigen Weg« zum Erfolg streiten, fühlt sich durch ein kleines, aber prosperierendes Unternehmen blamiert. Nur weil sie es nicht geschafft haben, soll Israel auch gegen die Wand fahren bzw. gefahren werden. Aus den gleichen Gründen predigen Zölibatäre die sexuelle Enthaltsamkeit, Abstinenzler die Askese bei Alkohol und Vegetarier den Verzicht auf Fleisch.
    Die Leiden der Palästinenser, die Gefahr für den

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