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Vergiss die Toten nicht

Vergiss die Toten nicht

Titel: Vergiss die Toten nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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hinausgefahren, machte sie sich klar. In Adams Jacht, die meinen Namen trug. Obwohl sie nach mir benannt war, wollte ich nie einen Fuß an Bord setzen, und nun ist sie sein Sarg geworden, dachte Nell.
    Nein, nicht sein Sarg. Am Sonntag hatte man Teile von Jimmy Ryans Leiche geborgen. Er würde als Einziger in einem richtigen Sarg beerdigt werden. Adam, Sam Krause und Winifred waren vermutlich verbrannt oder in Stücke zerrissen und von der starken Strömung unter der Verrazanobrücke in den Atlantik getrieben worden.
    »Nicht verbrannt; eingeäschert oder auf See bestattet. Stellen Sie es sich so vor, Nel «, hatte Monsignore Durcan gesagt, als sie den Trauergottesdienst für Adam mit ihm besprach.
    »Die Messe für Adam findet am Freitag statt«, meinte sie zu Lang und brach damit das Schweigen, das zwischen ihnen entstanden war.
    Nach einer Weile ergriff Lang leise das Wort. »Es gehen eine Menge Gerüchte um, Nell. Hat die Polizei schon bestätigt, dass die Jacht von einer Bombe zerstört worden ist?«
    »Nein, offiziell nicht.«
    Doch sie wusste, dass man von einem Bombenanschlag ausging, und dieser Gedanke ließ sie nicht los. Warum sollte jemand so etwas tun? War Adam zufällig zum Opfer einer Gewalttat geworden, so, wie es Leute gab, die willkürlich Passanten auf belebten Straßen überfielen? Vielleicht war es ja auch ein Habenichts gewesen, der ihn um die schicke Jacht beneidet und sie ihm nicht gegönnt hatte. Doch ganz gleich, welche Motive der Täter auch gehabt haben mochte, sie musste ihnen unbedingt auf den Grund gehen. Denn solange diese Frage weiter im Raum schwebte, konnte sie mit dieser schrecklichen Tragödie nicht abschließen.
    Auch Jimmy Ryans Frau suchte nach Antworten. Am Vortag hatte sie Nell angerufen, um herauszufinden, warum ihr Mann hatte sterben müssen. »Mrs. Cauliff, für mich ist es, als würden wir uns persönlich kennen«, hatte sie gesagt. »Ich habe Sie im Fernsehen gesehen und Ihre Kolumnen gelesen. Im Laufe der Jahre habe ich viel über Sie erfahren, auch dass Ihr Großvater Sie nach dem Tod Ihrer Eltern großgezogen hat. Ich habe großes Mitleid mit Ihnen, denn Sie haben in Ihrem Leben schon so viel durchmachen müssen. Ich weiß nicht, was man Ihnen über meinen Mann erzählt hat, doch Sie dürfen nicht glauben, dass jemand, den ich geliebt habe, schuld am Tod Ihres Gatten ist.
    Jimmy ist nicht der Täter, sondern ein Opfer, so wie Ihr Mann.
    Ja, es stimmt, dass er an Depressionen litt und dass wir Schulden haben. Aber allmählich ging es wieder aufwärts. Ich weiß, dass er Ihrem Mann dankbar war, weil er oder jemand in seiner Firma seine Bewerbung an das Bauunternehmen Krause weitergeleitet hat. Nun jedoch deutet die Polizei an, Jimmy könnte die Bombe gelegt haben. Ich möchte Ihnen sagen, dass Jimmy, obwohl er –
    und das zuzugeben fällt mir schwer – vielleicht Selbstmordabsichten hatte, niemals in der Lage gewesen wäre, einen anderen Menschen umzubringen. Niemals! Er war ein guter Mensch und ein wundervoller Ehemann und Familienvater. Ich kenne ihn schon seit vielen Jahren und würde ihm so etwas nie zutrauen.«
    Bilder von Jimmy Ryans Beerdigung waren auf der dritten Seite der Post und auf der ersten Seite der News erschienen.
    Dicht gedrängt gingen Lisa Ryan und ihre drei Kinder hinter dem Sarg her, der die zerfetzten sterblichen Überreste ihres Ehemannes und Vaters enthielt. Nell schloss die Augen.
    »Nell, ich würde in der nächsten Woche gerne ein paar geschäftliche Angelegenheiten mit Ihnen besprechen«, sagte Lang leise. »Es stehen einige Entscheidungen an, und ich brauche dafür Ihre Zustimmung. Aber wir müssen nichts überstürzen.« Er stand auf. »Ruhen Sie sich ein wenig aus. Können Sie nachts schlafen?«
    »Den Umständen entsprechend.«

    Sie war froh, als Peter Lang endlich ging. Und sie schämte sich für ihre Wut darüber, dass das Schicksal ihn verschont hatte.
    Seine Verletzungen würden heilen. Die Schwellung an seiner Lippe würde in ein paar Tagen nicht mehr zu sehen sein.
    »Adam«, sagte sie, und dann noch einmal leise: »Adam«, so, als könnte er sie hören.
    Natürlich erhielt sie keine Antwort.
    Die Wärmeperiode hatte nach dem Unwetter am Freitag ein jähes Ende gefunden. Nun war es viel zu kühl für Anfang Juni.
    Doch die Heizungen im Gebäude waren bereits ausgeschaltet worden. Nell hatte zwar die Klimaanlage abgestellt, aber es war trotzdem kalt in der Wohnung. Sie schlang die Arme um den Leib und ging ins Schlafzimmer, um

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