Verlangen unter falschem Namen
überhaupt nicht gut. Kalter Schweiß brach ihr aus. Das Gespräch, das sie gerade mit Vicenzo führte, bewies, dass er für vernünftige Argumente nicht zugänglich war. Also stand sie auf und legte ihre große Stoffserviette auf den Tisch.
„Ich kann dir gar nicht sagen, wie leid es mir tut, was mit deiner Schwester passiert ist.“ Daraufhin sah Vicenzo sie so böse an, dass Cara ihren ganzen Mut zusammennehmen musste, um fortzufahren. „Im Gegensatz zu dem, was du denken magst, beweisen deine tollen Detekteiberichte nur ganz oberflächliche Aspekte meines Lebens. Was Cormac und Allegra betrifft, kann ich nur sagen, dass wohl zutrifft, was in deinen Berichten steht. Aber ihr gesellschaftliches Leben hat mich nicht eingeschlossen. Mein Alltag war ein ganz anderer“, erklärte Cara bebend. „Wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest, ich gehe ins Bett. Es war ein langer Tag.“
Als sie in ihrem Zimmer ankam, klopfte ihr das Herz immer noch bis zum Hals, und sie schloss sich ein, als ob das etwaige Dämonen abhalten könnte.
Die Krämpfe waren schlimmer geworden und hatten nun den gesamten Bauchraum ergriffen. Trotzdem machte sie sich fürs Bett fertig und schwor sich, dass sie alles tun wollte, um Vicenzo zu beweisen, wie sehr er sich in ihr getäuscht hatte. Ihr war bewusst, dass sie es nicht aushalten würde, für den Rest ihrer Schwangerschaft mit seinem Misstrauen und seinen Vor würfen zu leben.
Cara schlief unruhig, geplagt von einem entsetzlichen Albtraum. Plötzlich saß sie kerzengerade im Bett, wobei sie furchtbare Schmerzen im Bauch und im Rücken quälten. Es tat so weh, dass sie schrie.
Kurz darauf hämmerte jemand an die Tür. „Cara? Was ist denn los?“
Es war Vicenzo.
„Mach auf!“
„Ich kann nicht … Ich weiß nicht, was – au!“
Ein weiterer Krampf durchfuhr sie, sodass sie sich auf dem Bett krümmte. Danach spürte sie, wie es feucht zwischen ihren Beinen wurde. Sie hob die Bettdecke und konnte selbst im Dämmerlicht eine dunkle Blutlache erkennen. O nein! Das Baby!
„Cara, verdammt noch mal, mach auf!“
Als sie versuchte aufzustehen, begann sich der Raum zu drehen, und ihr wurde schwarz vor Augen. Gleich darauf gab es keine Schmerzen mehr und auch keinen Vicenzo, der sie anschrie.
„Wahrscheinlich tröstet es Sie nicht wirklich, aber es kommt ziemlich häufig vor, besonders in der ersten Phase der Schwangerschaft, in der sich Ihre Frau noch befunden hat.“
Als der Arzt das sagte, versuchte Vicenzo, die Panik, die ihn vor Caras Tür ergriffen hatte, nicht wieder hochkommen zu lassen. Er hatte sie eingetreten und war ins Zimmer gestürmt. Cara leblos auf dem Boden liegen zu sehen, war fast noch schlimmer gewesen, als Allegras Leichnam identifizieren zu müssen.
„Sind Sie sicher, dass es ihr gut geht?“, fragte er jetzt.
Der Arzt nickte.
„Ich meine, dass sie nicht doch irgendetwas hat?“
„Ihre Frau ist körperlich so gesund wie Sie und ich. Aber es wird eine Weile dauern, bis sie die Fehlgeburt verarbeitet hat. Das ist für eine Frau nie leicht, egal in welchem Stadium der Schwangerschaft sie sich befunden hat.“
Eine dunkle Ahnung erfasste Vicenzo. „Wie … Wie so …“
Der Arzt lächelte freundlich. „Sie meinen, wieso es passiert ist?“ Er zuckte mit den Schultern. „Dafür könnte es eine ganze Reihe von Gründen geben. Es könnte aber auch einfach nur so sein, dass diese Schwangerschaft nicht hatte sein sollen. Wie ich schon sagte, es kommt viel häufiger vor, als man denkt. Und es ist auch ein Irrglaube, dass Sex dazu führen könnte. Daher sollten Sie sich also keine Vor würfe machen.“
Der Doktor lächelte nachsichtig, und Vicenzo kam sich vor wie ein Verbrecher, dem der Pfarrer Absolution erteilte.
„Ich weiß, dass Sie frisch verheiratet sind. Ihre Frau muss wohl unter extremem Stress gestanden haben, dass es zu diesem Abgang gekommen ist.“
Vorsichtig öffnete Cara die Augen und schloss sie gleich wieder, als Licht hineinfiel. Sie hörte etwas neben ihrem Bett und versuchte, die Lider erneut zu öffnen. Sie blinzelte und war sich nicht sicher, warum sie sich so schwach fühlte.
„Wie geht es dir, Cara?“
Diese Stimme! Das war Vicenzo. Aber er klang nicht wie sonst, sondern beinah nett. Cara versuchte zu sprechen, doch es fiel ihr noch schwer. „Warum hörst du dich auf einmal so freundlich an? Was ist passiert?“
Vicenzo sah zu ihr hinunter, und seinem Gesichtsausdruck war nichts zu entnehmen. Aber zumindest sah er
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