Verliebt bis unters Dach Roman
Kashia hatte von dort aus gesehen, wie Alex in den Garten hinauslief, dicht gefolgt von Ed und Eric und schließlich Marilyn.
»Nein, eigentlich nicht.« Noch nie hatten Kashia und Lorraine Liesel so gesehen. Kashia erkannte es als Erste: Es war Hass, reiner, schierer Hass. Es war ein Gefühl, das niemand bei Liesel vermutet hatte.
»Macht Mann Probleme?«, fragte Kashia stirnrunzelnd und mit so scharfer Stimme, dass sie Nick damit hätte erstechen können.
»Ja, wie immer«, erwiderte Liesel.
Dann betrachtete sie die traurige Gestalt ihres Ex-Schwagers und kämpfte selbst gegen den Drang an, ihn mit dem Kopf zu rammen, ihn zu treten, zu bepinkeln und lauwarmen Kaffee über ihn zu gießen. Aber sie konnte sich beherrschen.
»Ich denke, du gehst jetzt besser.«
»Ich will meinen Sohn sehen.«
»Na, der hat doch wohl gerade ziemlich deutlich gemacht, dass er dich nicht sehen will.«
»Ich habe das Recht...«
»Du hast dich drei Jahre lang nicht um ihn gekümmert, und da wagst du es, hier hereinzumarschieren und das Wort Recht in den Mund zu nehmen?«
»Also, hör mal, es tut mir leid. Ich will alles wiedergutmachen.«
»Einfach so, nach drei Jahren, ohne auch nur einen Anruf oder einen Brief vorab? Du hast wohl nicht überlegt, wie sehr das Alex verstören würde, wenn du einfach so hier auftauchst? Du hast beschlossen, dass du etwas willst, und kommst einfach her, um es dir zu holen. Also, du magst vielleicht um Verzeihung bitten dafür, dass du der größte Scheißkerl auf diesem Planeten bist, aber das heißt noch lange nicht, dass wir dich mit offenen Armen wieder aufnehmen wie den verlorenen Vater. Ich hatte nie Gelegenheit, dir das zu sagen, Nick, hauptsächlich, weil du mitten in der Nacht abgehauen bist - aber du bist ein absoluter, totaler Mistkerl! Gut, du warst also nicht mehr in Marilyn verliebt, das kommt vor, aber drei Jahre lang so zu tun, als gäbe es Alex überhaupt nicht? Womit hat er das verdient? Dafür gibt es überhaupt keine Entschuldigung, die ich, meine Schwester und selbst dein Sohn akzeptieren könnten. Daher spar dir die Worte, verschwinde und lass uns alle in Ruhe.«
Nick rappelte sich nun vom Boden auf, öffnete den Mund, um etwas zu sagen, überlegte es sich dann aber wohl. Er schloss den Mund wieder, nickte und drehte sich um. Bei der Tür drehte er sich noch einmal um, trat zum Empfang, nahm einen der dort liegenden Notizblöcke und schrieb in großen dicken Ziffern eine Telefonnummer darauf.
»Ich gehe jetzt, aber ich habe das Recht, meinen Sohn zu sehen. Wenn Marilyn das unter Erwachsenen besprechen will, kann sie mich ja anrufen. Ich komme wieder, dass du das nur weißt.«
»Leider habe ich daran keinerlei Zweifel«, erwiderte Liesel und verschränkte die Arme vor der Brust. »Wir werden alle
Türen und Tore verschließen und kochendes Öl bereithalten«, fügte sie hinzu. Dann war er verschwunden.
»Großes Ärger!«, rief Kashia mit einem Blick auf den nassen Boden.
»Verdammt großes Ärger«, erwiderte Liesel und sah Nick nach, der die Einfahrt hochging.
»Ist er schlechter Mann?«
»Das war Nick.« »Oh, ich verstehe.« Kashia nickte heftig. »Verdammt großes Ärger. Zwei Ärger. Also, wir machen Boden sauber, du findest Marilyn und den Boss, okay?« Damit drängte sie Liesel aus der Tür.
Der Regen hatte aufgehört. Alex saß auf einem Felsbrocken am Ende des Gartens, Eric auf der einen Seite, Godrich auf der anderen. Ed und Marilyn sprachen miteinander, Marilyn in erregtem Flüsterton, Ed ruhiger, versöhnlicher. Er hatte die Hände auf ihre Schultern gelegt, als wollte er verhindern, dass sie abhob wie eine Rakete.
Als sie Liesel sah, explodierte sie, aber nur verbal.
»Oh, Lies, ich habe fast einen Herzanfall bekommen! Was macht er bloß hier? Ich würde ihm am liebsten die Beine absägen, einfach so aus heiterem Himmel hier aufzukreuzen und uns zu Tode zu erschrecken. Was denkt er sich nur dabei? Typisch! Egoistisch bis zum Anschlag. Nick Hamilton denkt wie immer bloß an sich selbst. Der arme Alex ist in einem fürchterlichen Zustand. Er will jetzt nicht mal mit mir reden, sondern nur alleine sein und nachdenken. Ha! Ein Achtjähriger will alleine sein, um nachzudenken!«
Liesel blickte auf die zusammengesunkene Gestalt ihres kleinen Neffen, wie er da auf dem Felsbrocken hockte und heftig Steine in den Fluss schleuderte.
»Er ist nicht gerade sehr erfreut, oder?«
»Im Moment weiß er nicht genau, ob er ihn umbringen oder umarmen will.«
»Oder
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