Verlockend untot
konntest mir eine Beschreibung geben, sogar eine ziemlich gute, wenn man bedenkt, dass du ihn nur kurz gesehen hast.«
»Was spielt das für eine Rolle?«
»Es ist wichtig, weil: Wenn es ein Elf gewesen wäre, hättest du nichts gesehen.«
»Du hast etwas gesehen«, sagte ich und konzentrierte mich. Eine dünne Blase schloss sich um den Apfel, mit nicht mehr Substanz als jene, die das Spülmittel im Becken hinterlassen hatte. Und so wies aussah, entfaltete sie auch nicht mehr Wirkung.
»In meinen Adern fließt ein bisschen Elfenblut.« Pritkin warf einen Blick auf den Apfel. »Manchmal gibt es mir die Möglichkeit, die Nähe von Elfen zu fühlen. Besonders zuverlässig ist diese Fähigkeit nicht. Aber ich weiß, dass Elfen unter einem Glamourzauber wie das aussehen können, das du gesehen hast, wie eine dunkle Wolke. Deshalb habe ich das Nunchaku nach dir geworfen.«
Seine Lippen zuckten. »Deshalb und weil mir nichts Besseres einfiel.«
»Vielleicht gibt es auch in mir ein wenig Elfenblut.« Ich kannte meine Familie nicht gut genug, um darüber Bescheid zu wissen.
»Nein.«
»Wie kannst du so sicher sein? Erkennst du es vielleicht mit deinem besonderen Blick?«
»Das ist gar nicht nötig. Wenn du auch nur einen Tropfen Elfenblut hättest, könnte die Elfenfamilie, zu der du gehörst, Anspruch auf dich erheben. Und dann würden sich nicht nur Kreis und Senat um dich streiten, sondern auch noch die Familie.«
Er meinte den Silbernen Kreis, die weltweit führende magische Organisation, die so über den menschlichen Teil der übernatürlichen Gemeinschaft regierte wie der Senat über die Vampire. Der Kreis sorgte dafür, dass die Pythien fest unter seiner beschützenden Knute blieben, und bisher war das recht einfach gewesen, weil die Macht des Amtes immer auf jemanden übergegangen war, den die amtierende Pythia ausgebildet hatte, und bei dieser Person hatte es sich immer um eine vom Kreis großgezogene Eingeweihte gehandelt. Bis ich auf der Bildfläche erschienen war. Die letzte Erbin des Pythia-Throns, eine Hexe namens Myra, hatte sich als blutdürstig und mörderisch erwiesen, und deshalb hatte die Macht nach jemand anderem gesucht.
Der Kreis war von ihrer Wahl alles andere als begeistert gewesen, aber wir hatten uns schließlich zusammengerauft. Er versuchte nicht mehr, mir den Kopf so zurechtzurücken, wie es ihm passte, schien allerdings zu glauben, das Recht zu haben, auch alle anderen daran zu hindern. Das war ein Problem, denn die Vampire empfanden ähnlich, und der Senat fühlte sich nicht gern zur Seite gedrängt.
Eine weitere Gruppe in dieser bunten Mischung hatte mir gerade noch gefehlt.
»Ich habe absolut kein Elfenblut«, sagte ich mit Nachdruck.
»Sie haben's überprüft, glaub mir«, sagte Pritkin. »Und du hast tatsächlich keins. Was aber bedeutet, dass du eigentlich nichts hättest sehen dürfen.«
»Okay, kapiert. Ich hab das Etwas gesehen, also kann es kein Elf gewesen sein. Aber es war auch kein Dämon, Geist, Mensch, Werwolf oder was in der Art. Was bleibt übrig?«
»Das ist die Frage.« Pritkin stützte sich mit einer Hand auf den Tisch. »Fakt bleibt, dass sich die Erscheinung von kaltem Eisen vertreiben ließ. Und soweit ich weiß, gibt es nur eine Spezies mit einem solchen Reaktionsmuster. Natürlich könnte es Zufall gewesen sein.
Vielleicht hat das Wesen genau jenen Moment gewählt, um sich auf-und davonzumachen, aber…«
»Klingt nach ein bisschen zu viel Zufall.«
»Ja.« Er sah auf die Blase hinab, die zitterte, als bliese jemand auf sie. »Was machst du da?«
Die dünne Hülle zerplatzte, ohne dass man auch nur ein leises Plopp hörte. Ich seufzte. »Nichts.« Natürlich nichts, ganz klar.
»Was hast du versucht?«
Ich widerstand dem plötzlichen Wunsch, auf den Apfel zu schlagen und ihn in Brei zu verwandeln. »Ihn altern zu lassen«, sagte ich knapp. »Jonas meinte, Agnes konnte einen Samen nehmen, daraus einen Apfel wachsen und ihn verschrumpeln lassen, um anschließend die alten, verschrumpelten Reste wieder in ein Samenkorn zu verwandeln. Ein ganzes Leben und zurück, innerhalb weniger Sekunden.«
Pritkin nahm den Apfel, der schön dick und rund war und einen gesunden rötlichen Glanz aufwies. Wie die anderen Äpfel in der Schale. Er sah aus, als hätte ich überhaupt nichts damit gemacht.
»Du bist müde.«
»Und ich werde nie angegriffen, wenn ich müde bin.«
Pritkin runzelte die Stirn. »Es ist keine gute Idee, dich selbst an den Rand der
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