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Verlorene Eier

Verlorene Eier

Titel: Verlorene Eier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Scarlett
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Kiki und ich sind alte Freunde. Uns fällt schon etwas ein.«
    »Ganz bestimmt.« Sie lächelt traurig.
    »Das ist mein voller Ernst.«
    »Angela, vergessen Sie’s. Es ist vorbei.«
    Unsere Gesichter trennen nur wenige Zentimeter. Wieder blicke ich in die bernsteinfarbenen Tiefen ihrer Augen und spüre den leichten Schwindel, der mich erfasst.
    »Hör zu, meine Schöne. Es ist genau dann vorbei, wenn ich es sage. Klar?«
    Ihre Augen weiten sich, und sie weicht instinktiv zurück. Ich habe nicht mit meiner Männerstimme gesprochen, sondern nur leise gezischt, doch die Wortwahl war eindeutig maskulin. Eine Woge der Erregung erfasst mich und erschüttert meine ruhige, gelassene Angela-Fassade. Ich habe sie geduzt und »Meine Schöne« genannt.
    »Angela, im Augenblick spielt er den netten Philly. Aber du hast ihn noch nie erlebt, wenn er wütend wird.«
    »Und du hast mich noch nie erlebt, wenn ich wütend werde!«
    »Angela, was ist denn in dich gefahren?«
    »Diese Männer sind in mein Haus eingedrungen, missbrauchen meine Gastfreundschaft und jagen meinen Gästen Angst ein. Wir sind intelligente Frauen. Und sie sind nichts als erbärmliche kleine Taugenichtse. Wie gesagt, ich werde mir etwas einfallen lassen. In meiner Branche gibt es ein schönes Sprichwort von Kipling: Gedanken schweifen lassen, abwarten und loslegen . Ich lasse meine Gedanken schweifen. Ich warte ab. Und irgendwann werde ich wissen, was ich zu tun habe. Ist das okay für dich?«
    Ein Lächeln, diesmal ein echtes, breitet sich auf ihrem Gesicht aus. Es ist das erste, seit die beiden Witzbolde hier aufgetaucht sind.
    »Ja. Ja. Das ist okay für mich.«
    »Gut.«
    »Darf ich dir etwas sagen?«
    »Was denn?«
    »Du bist echt cool. Das wusste ich schon vom ersten Moment an.«
    »Cooler, als du dir vorstellen kannst, Schätzchen.«
    Sie drückt meinen Arm so fest, dass es wehtut.
    5
    Offen gestanden halte ich die Entscheidung, sich ausgerechnet Paintbrush als Gangsternamen zuzulegen, für einen ziemlichen Fehlgriff. Vielleicht hätte er sich eher etwas aus dem Lebensmittelbereich aussuchen sollen. Etwas à la Larry Banana, denn das Kunstwerk, das vor unseren Augen Gestalt annimmt, verdient definitiv diese Bezeichnung nicht. Das Problem ist, dass Philly nicht nur einen einzelnen Schwachpunkt hat (schließlich herrscht die allgemeine Meinung vor, dass Francis Bacon generell Probleme mit den Händen hatte), vielmehr besticht das Werk in keinerlei Hinsicht auch nur ansatzweise durch solide handwerkliche Qualität, von künstlerischer Größe ganz zu schweigen. Stattdessen ist es, wie Amber bereits angedeutet hat, Schrott auf der ganzen Linie.
    Doch Philly scheint immun gegen das Trauerspiel zu sein, das auf der Leinwand allmählich Formen annimmt. Und Kiki amüsiert sich prächtig. Sie strahlt wie eine Gartenlaterne und feuert mit einer derartig selbstsicheren Routine ein bon mot nach dem anderen in die Runde, dass sich mein Verdacht erhärtet, all das Geschwafel über Köhler und Weißfisch (und die ominöse Operation zum Schutz der Makrele) sei in Wahrheit reine Augenwischerei gewesen. Hier sitzt eine Meisterin der Täuschung, die ihr Opfer systematisch einlullt und ihm ein Gefühl trügerischer Sicherheit vermittelt.
    »Darf ich denn jetzt schon einen Blick auf die Arbeit werfen?«, erkundigt sie sich.
    »Klar.« Philly dreht die Staffelei in ihre Richtung.
    Auch in puncto Gesichtsmuskelkontrolle ist Kiki eine wahre Meisterin. Falls sich überhaupt eine Regung auf ihren Zügen abzeichnet, dann ist es höchstens ihr strahlendes Lächeln, das um ein paar Watt zulegt.
    »Oh, Mr Pascocello«, säuselt sie. » C’est extraordinaire . Sie haben wirklich Talent.«
    »Danke, Ma’am. Ist ziemlich lange her, seit ich das letzte Mal eine Dame als Modell hatte, wenn ich ehrlich sein soll.«
    »Oh ja. Die Lebendigkeit der Farben. Und die hinreißende Schlichtheit Ihres Zugangs. Sie haben ein ausgesprochen gutes Auge, wenn ich das so sagen darf.«
    Philly wendet sich zu Herzblatt um und wirft ihr einen »Hör gut zu und merk’s dir«-Blick zu.
    »Liebste«, fährt Kiki fort und sieht dabei vielsagend in meine Richtung, »erinnere ich mich richtig, dass ich auf dem Weg hierher an einem süßen kleinen Laden vorbeigekommen bin? Etwa zwei, drei Meilen von hier?«
    »Du meinst den Spar-Markt in Eglwys Heath?«
    »Ich könnte mich ohrfeigen, dass ich nicht angehalten und ein paar Zigarillos gekauft habe. Aber ich war so in Eile. Du hast nicht zufällig welche im Haus,

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