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Verlorene Eier

Verlorene Eier

Titel: Verlorene Eier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Scarlett
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meiner Linken – was gut ist, weil er das Reden übernehmen kann – und Nora Downes zu meiner Rechten platziert – was ebenfalls gut ist, weil sie die Einzige in diesem Laden ist, die etwas von Autoren und dem Schreiben versteht. Die restlichen Plätze belegen Gerald, Georgina Steinitz sowie die jeweiligen Leiter für Verkauf, Marketing, Vertrieb, Digitale Rechte und irgendwelche anderen Verlagsabteilungen mit Beschlag, die ich mir nicht merken kann. Sie scheinen eine recht lustige Truppe zu sein – unglaublich jung (abgesehen von Nora) –, und keiner wirft mir über den stinkvornehm gedeckten Tisch hinweg scheele Blicke zu.
    Spavik erzählt in aller Ausführlichkeit, was für ein wunderbarer Tag es gewesen sei, als Frost and Hart im Schoße der Yergel-Familie aufgenommen wurde – ein Prozess, der nicht ganz ohne Probleme über die Bühne gegangen sei, meint er, was im Klartext bedeutet, dass etliche Mitarbeiter auf die Straße gesetzt werden mussten. Dann gesteht er, dass er, wann immer er mit seiner Frau interessante Orte im Land bereist, lokalen Buchhandlungen einen anonymen Besuch abstattet, um herauszufinden, ob das yergelsche »Produkt« auch angemessen der Allgemeinheit präsentiert wird. Kichernd gibt er zu, dass er klammheimlich die Bücher entsprechend umsortiert, falls das Frost-and-Hart-Sortiment nicht in der optimalen Position angeordnet ist – die sich, wie ich als Nächstes erfahre, in einem Sichtfeld von dreißig Zentimetern über und unterhalb der Augenhöhe befindet. Als ich zu bedenken gebe, Zwerge und die Mitglieder der Harlem Globetrotters hätten garantiert eine andere Einschätzung des Begriffes Augenhöhe, führt er das durchaus plausible Gegenargument an, dass Bücher über Basketball idealerweise ohnehin höher in den Regalen stehen sollten und ein wenig Recherchearbeit zu diesem Thema höchst faszinierend wäre.
    Nora bewahrt mich vor weiteren Ausführungen, indem sie ihm einfach ins Wort fällt und eine Serie höchst indiskreter Anekdoten über Autoren aus ihrer langen Laufbahn zum Besten gibt – Schriftsteller, die die reinsten Egomanen waren; von Neid und Wut zerfressene Schriftsteller; Schriftsteller mit Alkoholproblemen; lüsterne Schriftsteller mit Alkoholproblemen; lüsterne Schriftsteller mit Alkoholproblemen, die nicht schreiben können und von ihren Lektoren aus der Scheiße gezogen werden; ein ganz besonderer Schriftsteller populärer Romane, der »sich für den beschissenen Tolstoi hält und dessen Arsch seit fünfundzwanzig Jahren von einer wahren Heiligen von Lektorin gerettet wird, die ihn vor der öffentlichen Blamage bewahrt, indem sie seine Manuskripte umschreibt und die Originale vernichtet, und außerdem versteht dieser elende Faulpelz einen Dreck von Rechtschreibung«. Sie hält inne.
    »Aber Ihr Traum der Liebe war eine wahre Freude. Alles so wohl durchdacht und perfekt formuliert. Das Einzige, was ich tun musste, war, die britische Schreibweise in die amerikanische zu ändern.«
    Ich lege mir die Hand aufs Brustbein. »Ich bin sehr geschmeichelt, Nora. Ich fürchte nur, ich bin eher farblos. Ich trinke nur selten Alkohol und habe auch sonst wenig für … all die Dinge übrig, die Sie erwähnten. Hauptsächlich verbringe ich meine Zeit damit zu arbeiten. Eigentlich ziemlich langweilig.«
    Nora beugt sich zu mir herüber, so dass ich ihr nachlässig aufgetragenes Make-up deutlich sehen kann. (Sosehr ich ihre Gesellschaft genieße, gibt es ernsthafte Klümpchen-Probleme an der Mascara-Front.) »Ja klar«, sagt sie. »Und ich bin Mutter Teresa.«
    »Was meinen Sie damit?« Mir schlägt das Herz bis zum Hals. Hat sie die Große Lüge entlarvt? Ist sie am Ende vielleicht selbst ein Mann? Dieses kampflustige Gesicht könnte ohne Weiteres beiden Geschlechtern angehören (neben ein oder zwei Zügen, die eindeutig nach Bulldogge aussehen).
    Nein. Keine Transe, die etwas auf sich hält, würde einen derartigen Mangel an kosmetischer Sorgfalt an den Tag legen.
    »Diese ›Ach, ich bin ja so was von langweilig‹-Nummer kaufe ich Ihnen nicht ab. Um zu schreiben, was Sie schreiben und wie Sie es schreiben, müssen ein paar Geheimnisse tief im Innern schlummern. Und ich wette, bei Ihnen schlummern sie ganz tief unten. Stimmt’s?«
    Ich beuge mich noch ein paar Zentimeter vor, kneife die Augen zusammen und versuche, streng dreinzublicken. »Irrtum.«
    Nora lacht. »Sie gefallen mir, Herzchen. Ich sollte Sie bei Gelegenheit mal auf eine Tour durch das New York von

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