Vermächtnis der Sünder: Das Spiel der falschen Prophetin (German Edition)
sie die Stufen zum Unterdeck nahm.
* * *
Über den Dächern Ithnamenas pfiff eisig der Wind. Aufsteigende Hitze vermischte sich mit dem kühlen Element, wirbelte die Luftmasse umher und ließ die Flammen höher auflodern. Rauchfahnen schlängelten sich in den dunklen Himmel und verbrannte Holzasche verwehte in feinen Krümeln. Dann und wann hallten die Schreie Sterbender durch die Gassen der Hafenstadt.
Ein Derkoy hockte Lutek gegenüber. Geifer rann an seinen Lefzen herab und troff zischend auf die Dachschindeln des Schöpferhauses. Der Osgosaianer starrte dem Ding direkt in die glühenden Augen, die ihn respektvoll maßen.
Dieses Scheusal hatte wahrlich Achtung vor ihm. Man konnte von vorsichtigen Respekt oder gar tiefsitzender Furcht sprechen. Kaum gedacht schnappten die lang gezogenen Kiefer aufklappend nach ihm.
Messerscharfe Klauen hoben sich blitzartig. Lutek konnte nicht schnell genug zurückweichen. Die dolchartigen Spitzen streiften seine Wange. Schmerz durchzuckte ihn. Er spürte wie das Blut aus feinen Schnitten quoll. Das Ding ließ ihm keine Ruhe. Erneut griff es an. Diesmal war er schneller. Lutek tauchte unter den wütenden Schlägen hinweg. Irgendwie schaffte er es, auf den glatten Dachschindeln unter dem Hals des Monstrums zu gelangen. Reaktionsschnell stieß er ihm eine seiner Klingen in die Kehle. Der Derkoy bäumte sich aufkreischend auf. Dunkles Blut ergoss sich über Lutek und hinterließ ätzende Spuren auf seinem Rüstzeug. Der einstige Spion aus dem Reich Osgosai ließ nicht locker. Die Klinge fest in der Hand haltend, stieß er ein zweites Mal zu. Geräuschvoll kippte die Bestie leblos zur Seite. Der schwere Körper rutschte, nahm lose Trümmer mit sich und polterte in die Tiefe.
Schwer atmend erhob sich Lutek. Seine Finger glitten augenblicklich, da er die dunklen Flecken auf dem Harnisch erblickte, fahrig zu seinem Gesicht. Die Schnitte in der Wange waren kaum mehr zu spüren. Einzig sein eigenes Blut und das von der Drachenbrut, welches er zwischen den Fingern rieb, betrachtete er.
Seine Gedanken richteten sich auf die Gefährtin. Celena.
Lutek stolperte augenblicklich zu dem Loch im Dach und starrte hinab. Suchend blickten seine Augen hinunter. Trümmer über Trümmer durch das sich Feuer fraß, jedoch kein Anzeichen von Leben und Celena. Für einen Moment wollte sein Herz aus Sorge aus ihm herausspringen. Unwohlsein kroch die Kehle hinauf. Mit aller Macht suchte er sich darauf zu konzentrierten wie er hinabkommen sollte. Auf eine Lösung hoffend, sah er sich um. Sie schien ihm verwehrt zu sein.
Alte Zeiten mussten heraufbeschworen werden, die er vergessen wollte. Zeiten in dem er sich als Spion einen Weg in die Gebäude verschafft hatte. Mit pochendem Herzen erhob er sich und strebte dem Ende des Daches entgegen. Am Rand angekommen glomm unter ihm das Leuchten von Feuer durch eines der großen Fenster. Die Lippen angespannt zusammengepresst und Konzentrationsfurchen auf der Stirn, begann Lutek zu klettern.
* * *
»Verschwinde!«, grollte Celena mit fremden Worten auf der Zunge. Ihre Stimme war von sonorem Klang verzerrt. Schwerfällig, das Schwert ertastend und schließlich den Griff fest umschlossen, erhob sie sich. In ihren Augen blitzte ein lichtender Funke auf. Die Worte wurden zu ihren, der Bass schwand. Was Celena als fremdartig empfunden hatte, wurde sogleich vertraut.
»Du kannst hier nichts erreichen. Ich gehöre nicht dir. Ich bin nicht für dich gedacht. Verschwinde!«, befahl sie erneut der Unbekannten, deren weißblonder Schopf im heißen Wind wogte.
»Ich höre die Worte und ich sehe die Marionette. Jedoch sehe ich nirgends den Puppenspieler«, entgegnete die Frau, deren Augen klein und forschend wurden.
»Es gibt keinen Spieler. Du sprichst mit mir. Sonst ist hier niemand«, verließen die Worte Celenas Mund. Es waren ihre Worte und ihr Verstand und dennoch ergab für sie nichts davon einen Sinn.
Die andere zuckte mit den Schultern, beinahe abfällig und doch schicksalsergeben. »Eine leere Hülle mit eigenem Geist. Der perfekte Wirt. Ich hätte es viel früher erkennen müssen.«
»Weder bin ich eine Hülle noch ein Wirt«, donnerte Celena ihr entgegen. In ihrer Hand ruhte gelassen abwartend das Schwert, indessen sie die Worte mehr und mehr begriff.
»Ist das so. Was glaubt ihr, zu sein?«
»Ich …« Ihr Kopf sank herab. Irgendetwas beschwor eine Rückblende in Celena herauf. Der Stahl in ihrer Hand wurde zusehends schwerer. Sie suchte einen
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