Verrat der Welten - Niven, L: Verrat der Welten - Betrayer of Worlds
dass du jetzt hier bist. Das ist meine Schuld.«
»Trotzdem ist es mir lieber, jetzt hier bei dir zu sein. Wirklich! Nur ...«
Baedeker ließ seine Kelle fallen, um deutlicher singen zu können. »Achilles hat die Absicht, uns so leiden zu lassen, wie er während seiner langen Verbannung hat leiden müssen – oder so, wie er es empfunden hat, zumindest. Körperlich wird weder dir noch mir etwas geschehen.« Zumindest nicht in unmittelbarer Zukunft. Über das, was dann käme, wollte Baedeker nicht weiter nachdenken.
»Ist das hier kein Leiden?«
Befreit von der Verantwortung. Davor bewahrt, Erwartungen erfüllen zu müssen, die sich nicht erfüllen ließen. Jeden Tag ganz mit einer geistlosen Aufgabe beschäftigt. Jede Nacht erschöpfter Schlaf. Leiden? Kaum. Baedeker kam das Leben hier eher wie seine Rettung vor. Zumindest im Augenblick konnte er die Verbannung gut ertragen.
»Ich kenne das alles schon. Du wirst dich daran gewöhnen«, sang er.
Das Heulen einer Sirene: Schichtende. Für heute. Baedeker machte sich daran, seine Werkzeuge zusammenzuklauben und sie in den Taschen seiner übergroßen Schärpe zu verstauen. Überall auf dem Feld taten es ihm die anderen Insassen dieses Freiluftgefängnisses gleich. Baedeker blickte zu den dunklen Wolken empor. »Komm, Nessus! Es wird bald regnen.« Die Zelte waren zwar undicht, aber sie boten zumindest einen gewissen Schutz.
Nessus und er trotteten zu den Zelten hinüber. Baedeker ignorierte den Matsch, der an seinen Hufen klebte.
Im Inneren des Verwaltungsgebäudes flammte künstliche Beleuchtung auf. Hinter diesen Mauern gab es ein anderes Universum, mit Klimaanlagen, Datennetzwerken, Computern, Stepperscheiben, Frachtschwebern, Nahrungssynthesizern ... Diesseits der Mauer gab es nur einfachste Werkzeuge und Muskelkraft. Nichts, was das Leben einfach gemacht oder es angenehm gestaltet hätte. Nichts, das man bei einem Fluchtversuch hätte nutzen können – falls jemand wahnsinnig genug wäre, es überhaupt zu versuchen. Baedeker versuchte das gleißende Licht zu ignorieren und damit auch die unwillkommene Erinnerung daran, dass man auch in einem komplexeren Umfeld existieren konnte.
Die ersten Regentropfen fielen. Nessus und er beschleunigten ihre Schritte. Denn so spät am Abend wuchs sich ein Regenguss häufig zu einem echten Wolkenbruch aus.
»Was befand sich in den Dateien?«, sang Nessus unvermittelt.
Die Dateien, mit denen Nessus vielleicht von Hearth hätte fliehen können – und damit Achilles’ Rache entgehen. Doch Baedeker hatte darauf bestanden, diese Dateien zu löschen.
»Du weißt doch, dass ich das nicht verraten darf«, sang Baedeker seine Erwiderung.
»Ich weiß. Du wirst es nicht verraten.«
»Und trotzdem fragst du immer wieder danach.« Baedeker drehte sich zur Seite und rieb seine Flanke an der von Nessus, um seiner Melodie die Schärfe zu nehmen. »Es gibt Lasten, die nur ein Hinterster zu tragen hat.«
Wie die abstoßenden Berichte über Bürger, die Gräueltaten gegen andere Spezies verübten – natürlich immer nur um der Sicherheit der Konkordanz willen. In seinem jetzt unerreichbaren Refugium hütete Nike die einzige noch existierende Kopie dieser beschämenden Geschichte seiner Spezies.
Die Weltenflotte ließ die Beweise für die Skrupellosigkeit der Konkordanz hinter sich. Die vielen Jahre Fahrt, die noch vor ihr lagen, blieben davon unbelastet. Aber das Artefakt der Fremdweltler war gewaltig; es war unmöglich, dass es Ol’t’ro entginge. Beizeiten würden Ol’t’ro es also doch entdecken.
Baedeker kannte Ol’t’ro. Zweifellos würden Ol’t’ro eine Expedition aussenden, um die Ringwelt zu erkunden. Sie durften niemals erfahren, dass Hearth bereits Erfahrung mit dieser Welt gesammelt hatte. Der Verdacht allerdings würde schon ausreichen; Beweise wären dann nicht mehr vonnöten. Wenn Ol’t’ro erst vermuteten, zu welchen extremen Maßnahmen die Konkordanz gegriffen hatte, um möglichen Feinden mit einem Präventivschlag zuvorzukommen, würden Ol’t’ro die Herde ohne jegliche Gewissensbisse auslöschen. Nicht, dass Baedeker gewusst hätte, ob Gw’oth überhaupt so etwas wie ein Gewissen besaßen ...
Baedeker schauderte es. »Sei froh, dass du es nicht weißt!«
Mehr als ein Lichtjahr von Hearth entfernt trafen die ersten Pings ein. Jedes Mal aufs Neue hielt Louis den Atem an. Jede Hyperwellenkommunikation aber führte letztendlich nur dazu, dass er die Erlaubnis erhielt, einen Mikrosprung näher zu
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