Verr�ter wie wir
mir die Eier ab.«
Gail reicht es, wenn Perry das hört.
»Du entscheidest«, sagt Perry, immer noch zu Gail.
»Aber nur auf ein einziges Glas, in Ordnung?« Gail mimt widerstrebendes Nachgeben.
Niki treibt sie vor sich her, die bewährte Leibwächter-Technik,vermutet Gail. Aber sie und Perry denken ohnehin nicht ans Ausbüxen. Unten auf dem Platz brummen Alphörner einem Schwarm Regenschirme eine herzzerreißende Klageweise vor. Von Niki gelenkt, steigen sie eine nackte Steintreppe hinauf und finden sich in einem knalligen Korridor wieder, wo jede Tür ihre eigene Farbe hat, so wie die Spinde in Gails alter Schule, nur dass sie statt den Namen von Mädchen Firmennamen tragen: blau für MEYER-AMBROSINI GMBH , pink für SEGURA-HELLENIKA & CIE , gelb für EROS VACANCIA PLC . Und tiefrot für FIRST ARENA CYPRUS , wo Niki bei einem schwarzen Kästchen am Türstock den Deckel hochklappt, eine Nummer eintippt und dann wartet, bis ihnen eine Freundeshand von innen öffnet.
* * *
Nach der Orgie, das ist Gails pietätloser Eindruck, als sie in den langen, niedrigen Raum mit seiner schrägen Glasfront tritt, hinter der das Rot des Platzes leuchtet, so nah und so bunt, dass sie, wenn nur Dell’Oro nicht im Weg wäre, die Hand hindurchstrecken und es berühren könnte.
Ein Dutzend Tische stehen vor ihr in Reihen, teils mit vier, teils mit sechs Gästen daran. Die Männer haben sich, unter grober Missachtung der Hausordnung, ihre postkoitalen Zigaretten angesteckt und hängen den großen oder weniger großen Taten nach, die sie soeben vollbracht haben, und ein paar taxieren Gail und überlegen, ob es mit ihr besser gelaufen wäre. Und die hübschen Mädchen bei ihnen, die nach den Alkoholmengen, die man ihnen eingeflößt hat, nicht mehr ganz so hübsch anzusehen sind – gut, die haben im Zweifel so getan als ob. In ihrem Gewerbe gehört das dazu.
Der Tisch, der ihr am nächsten steht, ist der größte, aber auch der jüngste, und er steht höher als die anderen, zumZeichen, dass Dimas Armani-Gang mehr gilt als die Gäste an den bescheideneren Tischen ringsum – eine Tatsache, der auch Dell’Oro Rechnung trägt, als er Perry und Gail nun vorwärtsschiebt, um sie den sieben muskelstarken Managern mit ihren leeren Gesichtern und kalten Augen, ihren Flaschen und Mädchen und verbotenen Zigaretten zu präsentieren.
»Professor. Gail. Wenn Sie unseren Gastgebern guten Tag sagen möchten, den Herren vom Aufsichtsrat und ihren Damen«, schnurrt er höfisch-gewandt und wiederholt den Vorschlag auf Russisch.
Um den Tisch hier und da ein mürrisches Nicken, ein mürrischer Gruß. Die Mädchen lächeln ihr Stewardessen-Lächeln.
» You! My friend! «
Wer ruft da? Und wen ruft er? Es ist der Stiernackige mit dem Bürstenschnitt und der Zigarre, und sein Rufen gilt Perry.
»Sie heißen Professor , oder?«
»So nennt Dima mich, ja.«
»War gutes Spiel, was?«
»O ja. Ein großartiges Match. Ich habe es als ein großes Privileg empfunden.«
»Sie sind auch guter Spieler, oder? Besser wie Federer«, führt der Stiernackige weiter sein Englisch vor.
»Na ja, nicht ganz.«
»Schönen Tag, okay? Viel Spaß!«
Dell’Oro dirigiert sie den Gang entlang. Jenseits der schrägen Glasfront steigen schwedische Würdenträger mit blaubebänderten Strohhüten tapfer die regenströmenden Stufen von der Präsidentenloge herab, um der Siegerehrung beizuwohnen. Perry hat Gails Hand ergriffen. Sie müssen einige Rempler in Kauf nehmen, während sie sich hinter Dell’Oro zwischen den Tischen hindurchlavieren, sich an Köpfen vorbeizwängen, immerfort »Entschuldigung,ach je, tut mir leid, freut mich auch, ja, tolles Spiel« murmelnd, die Gesichter vor ihnen bald arabisch, bald indisch, bald schlicht weiß, aber fast durchgehend männlich.
Jetzt ist es ein Tisch voll britischer Politschwätzer, die es sich nicht nehmen lassen, alle gleichzeitig aufzuspringen: »Bunny mein Name, hinreißend sehen Sie aus.« – »Seien Sie gegrüßt, ich bin Giles – Sie sind wirklich ein Glückspilz, Professor!« – zu viel auf einmal, um auf alles zu reagieren, aber ein Mädchen tut, was es kann.
Als Nächstes zwei Männer mit Schweizer Papierhütchen auf dem Kopf, einer dick und zufrieden, einer klapperdürr, die ihnen unbedingt die Hand schütteln müssen: Peter und der Wolf, denkt sie absurderweise, aber der Eindruck bleibt haften.
»Siehst du ihn irgendwo?«, ruft sie Perry zu – und entdeckt ihn im selben Moment selbst: Dima, ganz allein an
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