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Verr�ter wie wir

Titel: Verr�ter wie wir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carr�
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Pirouettendrehen?
    »Du bist eine gute Anwältin, und du hast eine glänzende Laufbahn vor dir.«
    »Danke.«
    »Und in zwei Wochen wird dein großer Fall verhandelt. Kann man das so sagen?«
    Ja, Perry, so kann man das sagen. Ich habe eine glänzende Laufbahn vor mir, es sei denn, wir setzen vorher noch schnell sechs Kinder in die Welt, und der Fall Samson gegen Samson hat in fünfzehn Tagen Termin, aber so wie ich unseren Chef kenne, werde ich nicht ein Wort dazwischenkriegen.
    »Du bist der Jungstar einer renommierten Anwaltskanzlei.Du arbeitest bis zum Umfallen. Das hast du mir oft genug gesagt.«
    Ja, auch das stimmt, ich bin hoffnungslos überarbeitet, was für eine Nachwuchsanwältin ein Glücksfall ist, wir haben gerade den mit Abstand schlimmsten Abend unseres Lebens hinter uns, und was zum Henker versuchst du mir hier durch die Blume mitzuteilen? Perry, du kannst das nicht machen! Komm zurück! Aber das alles denkt sie nur. Sie ist fürs Erste mundtot.
    »Wir ziehen eine ganz klare Trennlinie. Was Dima mir gesagt hat, erfährt niemand außer mir. Was Tamara dir gesagt hat, weißt nur du. Daran halten wir uns. Die Aussagen unserer Mandanten unterliegen strikter Geheimhaltungspflicht.«
    Sie findet die Sprache wieder. »Willst du mir sagen, dass Dima jetzt dein Mandant ist? Du bist genauso irr wie sie.«
    »Ich gebrauche eine juristische Metapher. Ein Bild aus deiner Welt, nicht aus meiner. Dima ist mein Mandant und Tamara deiner. So gesehen.«
    »Tamara hat nichts gesagt, Perry. Nicht ein einziges verdammtes Wort. Für sie sind noch die Vögel, die hier durch die Luft schwirren, verdrahtet. Gelegentlich hat sie es für angezeigt gehalten, einem ihrer bärtigen Schutzpatrone ein russisches Gebet darzubringen, was jedes Mal hieß, dass ich mich neben sie knien musste. Ich bin keine anglikanische Atheistin mehr, ich bin jetzt eine russisch-orthodoxe Atheistin. Sonst ist ums Verrecken nichts vorgefallen zwischen Tamara und mir, was ich dir nicht bis ins Letzte zu enthüllen bereit wäre, und ich hab es schon gerade enthüllt. Meine Hauptangst war, dass sie mir die Hand abbeißt. Das hat sie nicht. Meine Hände sind beide noch dran. So, und jetzt du.«
    »Tut mir leid, Gail. Es geht nicht.«
    »Soll das ein Witz sein?«
    »Ich sage nicht mehr. Ich lasse es nicht zu, dass du noch weiterin die Sache verwickelt wirst, als du es schon bist. Ich will, dass du unberührt bleibst. Ungefährdet.«
    »Das willst du.«
    »Darauf bestehe ich. Du führst mich nicht in Versuchung.«
    In Versuchung? Spricht da noch Perry? Oder eher der Brandredner aus Huddersfield, nach dem er benannt ist?
    »Es ist mir todernst damit«, fügt er hinzu, falls sie noch irgendwelche Zweifel hat.
    Und nun verwandelt auch dieser Perry sich wundersam. Aus ihrem geliebten, so leidenschaftlich ringenden Jekyll kommt ein ungleich unappetitlicherer Mr Hyde vom britischen Geheimdienst zum Vorschein.
    »Du hast auch mit Natascha geredet, habe ich bemerkt. Ziemlich lange sogar.«
    »Ja.«
    »Allein.«
    »Nicht direkt. Wir hatten zwei kleine Mädchen bei uns, die allerdings schliefen.«
    »Also effektiv allein.«
    »Ist das ein Verbrechen?«
    »Sie ist eine Quelle.«
    »Sie ist was?«
    »Hat sie mit dir über ihren Vater geredet?«
    »Wie bitte?«
    »Ich habe gefragt, ob sie mit dir über ihren Vater geredet hat.«
    »Das sag ich nicht.«
    »Ich meine es ernst, Gail.«
    »Ich auch. Todernst. Ich sag’s dir nicht. Entweder du kümmerst dich um deinen eigenen Dreck, oder du erzählst mir, was Dima dir gesagt hat.«
    »Hat sie mit dir darüber gesprochen, womit Dima sein Geld verdient? Mit wem er sich abgibt, wem er vertraut, vor wem sie alle solche Angst haben? Wenn du irgendetwasin dieser Richtung gehört hast, solltest du es dazuschreiben. Es könnte von entscheidender Bedeutung sein.«
    Womit er sich ins Bad zurückzieht und – ewige Schande über ihn! – den Riegel vorschiebt.
    Eine halbe Stunde sitzt Gail zusammengekauert auf dem Balkon, die Tagesdecke um die Schultern gerafft, zu kaputt, um sich auszuziehen. Die Rumflasche fällt ihr ein, Kater garantiert, und sie schenkt sich trotzig einen Spritzer daraus ein und döst. Als sie aufwacht, hat die Badezimmertür sich geöffnet, und im Türrahmen steht gebückt Superagent Perry, den Kopf eingezogen, um sich ihn nicht am Türstock anzuschlagen, unschlüssig, ob er herauskommen soll oder nicht. Ihren halben Schreibblock hält er mit beiden Händen hinterm Rücken versteckt. Eine Ecke davon schaut

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