Verschleppt
an diesem kalten fremden Ort war, wo ihm nichts vertraut vorkam. Er begriff langsam. „Ich bin entführt worden“, sagte er leise zu sich. „Aber warum?“, fragte er sich. Er schluchzte wieder leise in sich hinein. „Seit wann bin ich hier?“, fragte er in die Dunkelheit. „Seit zwei Tagen. Vielleicht auch drei Tagen“, antwortete einer der Jungen. Bryan konnte noch nicht zuordnen, ob es Jason oder Scott war. „Er kam immer wieder und hat dir eine weitere Betäubungsspritze gegeben. Aber genau weiß ich es nicht. Wir haben keine Uhr. Wir wissen nicht einmal, welcher Tag heute ist.“ Angestrengt versuchte Bryan, die letzten Sekunden zu rekonstruieren. Ihm kam langsam die Erinnerung wieder. Er kam aus der Schule, hatte mit Frieda gegessen und ist dann raus in die Einfahrt, um mit seinem neuen Basketball zu spielen. Er hatte ihn gerade erst geschenkt bekommen und war so stolz auf den Ball. Dann wurde plötzlich alles dunkel. An mehr konnte er sich nicht erinnern. Und jetzt war er hier. „Oh nein“, murmelte er. „Wäre ich nur im Haus geblieben.“
Bryan vergrub sein Gesicht in seinen Händen und hoffte, dass er aus diesem Alptraum bald aufwachen würde. „Ihr sagtet ‚er’. Er hat mir immer wieder eine Spritze gegeben. Ihr kennt ihn also?“ Niemand antwortete. Stille. Jessica sagte schließlich. „Nein, wir kennen ihn nicht. Er ist ein Mann. Mehr wissen wir nicht. Er kommt zwei-/dreimal die Woche, stellt jedem Wasser und Essen in die Zelle, leert den Eimer aus und verschwindet wieder. Und manchmal…“, sie konnte nicht weitersprechen und fing an zu weinen. Bryan verstand nicht, warum Jessica plötzlich weinte. Er konnte auch keinen Zusammenhang erkennen, warum ausgerechnet er entführt wurde. Es tropfte von der Decke, es fröstelte ihm. Er versuchte, sich mit seinen eigenen Armen zu wärmen, indem er diese vor seinem Körper verschränkte. Er saß regungslos auf seiner Pritsche und blickte ins Nichts.
Kapitel 10
Sara hatte das Department verlassen und saß im Auto. Neben dem anhaltenden schlechten Gewissen wegen Shawn begleitete sie noch ein anderes Gefühl. Hunger. Sie hatte einen verdammten Hunger. Auf dem Weg zum Tatort machte sie kurz Halt bei ihrem Lieblings-Donut-Laden, dem Christys. Früher war sie oft mit Noah und Matt hier gewesen. Noah liebte die Donuts mit Glasur. Er strahlte jedes Mal, wenn er einen in seinen kleinen Händen hielt. Sara war an der Reihe und bestellte einen Schoko-Donut und einen Kaffee dazu. Sie setzte sich an den letzten Tisch im Laden. Fast alle Tische waren besetzt, eine Familie mit drei Kindern saß an dem Tisch vor ihr und die Kinder plärrten durch den gesamten Laden. Die Mutter war sichtlich entnervt, der Vater las entspannt die Zeitung. Sara beobachtete das Schauspiel eine Weile, dann schaute sie aus dem Fenster, während sie einen Schluck aus dem Becher nahm.
Ihr Handy klingelte. Es war Matt. Sie überlegte kurz, ob sie drangehen sollte, aber es hätte etwas mit Noah sein können, also nahm sie ab. „Hi Matt.“ „Sara. Wie geht es dir?“ „Mir geht es gut. Ist mit Noah alles in Ordnung?“ „Mit Noah? Klar, alles bestens. Er ist in der Schule.“ „Gut, das ist gut. Was gibt es denn?“ Sara wusste nicht genau, worauf Matt hinauswollte. „Hör mal, du weißt ja, dass ich nächste Woche Geburtstag habe.“ Ach du Schreck, Matt hatte Geburtstag. Das hatte sie total verdrängt. „Klar, dein Geburtstag, wie könnte ich den vergessen?!“ „Folgendes, ich mache spontan eine kleine Feier und würde mich sehr freuen, wenn du auch kommst. Du kannst gerne Kelly mitbringen oder jemand anderes. Ich weiß ja nicht, ob es da jemanden gibt?!“ Sara überlegte, aber so schnell fiel ihr keine passende Ausrede ein und sie sagte schließlich zu. „Gerne, Matt. Ich komme gerne und Kelly freut sich sicher auch. Vielleicht bringe ich Cruz noch mit. Ich hoffe, die Arbeit macht mir keinen Strich durch die Rechnung.“ Matt freute sich. „Das hoffe ich auch. Also bis nächsten Samstag. 19 Uhr. Ach ja, die Feier findet bei Hannahs Eltern im Haus statt. Es ist ein Geschenk von Hannah. Außerdem wird bei mir noch renoviert.“ Auch das noch, dachte Sara. Jetzt musste sie auch noch die perfekten Eltern von der perfekten Hannah kennenlernen. Sie verdrehte die Augen. „Du, ich freu mich, Matt. Schick mir noch die Adresse.“ „Das mach ich. Also bis dann.“ „Ja, mach es gut“, Sara legte auf und bereute jetzt schon, dass sie das Gespräch angenommen hatte. Sara nahm
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