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Verschollen im Taunus

Verschollen im Taunus

Titel: Verschollen im Taunus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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drauf war zu sehen. Nur Fußballplätze und Kleingärten. In letzteren wurde eifrig gegrillt, Kinder tollten herum und Rentner standen an den Maschendrahtzäunen und gafften neugierig auf den Demonstrationspulk. Immer mehr Menschen versammelten sich auf dem Parkplatz vor der baufälligen Haupttribüne. Da war ja selbst das Stadion in Grosny in einem besseren Zustand, dachte der Topterrorist. Komisch, und das in einem so reichen Land wie Deutschland. Die Erinnerung an die letzte Weltmeisterschaft mit dem hochmodernen Waldstadion war Maxim noch in frischer Erinnerung.
    Mit seiner Sporttasche wirkte er nicht fehl am Platze. Ungezwungen schlenderte er ein wenig am Rand der Menschenmasse umher. Über den Köpfen entdeckte er ein paar Scheinwerfer. Aha, das Fernsehen ist also auch da. Nur von Alexander Michailovitsch war nichts zu sehen. Wahrscheinlich kommt der noch, überlegte er, und entsteigt wie ein Heilbringer einer Limousine. Maxim hatte nicht übel Lust, diesen Drecksack, ungeachtet jedweder Möglichkeit zu entkommen, einfach so in die ewigen Jagdgründe zu schicken. Immerhin hatte er für alle Fälle auch eine Pistole eingesteckt. Doch eine solche Aktion kam überhaupt nicht in Frage, zu hoch wäre der Preis. Maxim hatte noch was vor im Leben. Und ein lebenslanger Knastaufenthalt war da nicht vorgesehen. Obwohl, die Gefängnisse in Deutschland sollen ja, was man so hört, nachgerade paradiesisch sein – drei Mahlzeiten am Tag, davon konnte in Tschetschenien so mancher nur träumen.
    Irgendwer mußte ein Kommando gegeben haben, denn plötzlich fingen die Demonstranten zu skandieren an. „Fedor-Gas – den Schweinen zum Fraß, Fedor-Gas – den Schweinen zum Fraß.“ Schwarz-weiß-rote Fahnen wurden geschwenkt. Auf vielen prunkte der Eintracht-Adler. Fast übergangslos folgte: „Michailovitsch – son of a bitch, Michailovitsch – son of a bitch.“ Ein riesengroßes Banner wurde entrollt. ‚Wenn Michailovitsch kommt, gehen WIR‘, war darauf zu lesen. Die Botschaft war eindeutig. Und daß Eintracht-Fans rigoros sein konnten, hatten sie in der Vergangenheit bereits bewiesen. So hatte man vor ein paar Jahren zum Beispiel mit allerlei Protestaktionen den unsäglichen Lothar Matthäus als Trainer verhindert. Im Gegensatz zu Bayern München fand in Frankfurt der gemeine Fan beim Vorstand noch Gehör.
    Maxim verstand auch ohne Deutschkenntnisse, worum es hier ging. Schön, dachte er, wenn Menschen durch Demonstrationen noch etwas bewirken konnten. Er wünschte, es wäre auch in seiner Heimat so, dann bräuchte man keine Waffen mehr. Doch die Zeit wird kommen. Vielleicht würde es auch seine Zeit sein. Er öffnete ein neues Päckchen Zigaretten.
    Abrupt wurde es still auf dem Eintracht-Gelände. Trotz des gleißenden Tageslichts strahlten die Scheinwerfer auf die Eingangspforte. Mit einem Megaphon bewaffnet trat der Präsident Pierre Angler vor die Demonstranten und Mikrophone der wartenden Journalisten. Was er zu sagen hatte, paßte auf eine Streichholzschachtel: Nein, die Eintracht lasse sich nicht kaufen. Man sei und bleibe ein Traditionsverein, der stolz sei auf seine Unabhängigkeit. Und ja, das sei auch die Meinung von Herbert Buch, dem Manager, mit dem er gerade eben noch telefoniert habe. Auch ja, daß sich dieser Michailovitsch gerade in Frankfurt aufhalte. Aber – und dieses ‚Aber‘ betonte Pierre Angler voller Inbrunst – bei dem für morgen anberaumten Treffen handele es sich lediglich um ein Informationsgespräch, bei dem man dem Russen eine klare Absage erteilen werde.
    Enthusiastischer Applaus hallte von der Wand des weißgetünchten Gebäudes wider. Vereinzelt waren Hurrarufe zu vernehmen.
    Erst nach einer Minute flachte der Lärm wieder ab, woraufhin Pierre Angler den Eintracht-Fans sein Ehrenwort gab, den Adler für kein Geld der Welt zu opfern, das schwöre er auf die Meisterelf von 1959.
    Nach diesen Worten, bei denen so mancher verstohlen eine Träne verdrückte, stimmte man das alte Eintracht-Lied an. „Schwarz, rot und weiß wie Schnee, das sind die Fans der Ess-Gee-Ee.“ SGE steht übrigens für Sport Gemeinde Eintracht.
    Maxim schnippte die Kippe hinfort. Tröstlich zu wissen, daß Verbrecher nicht überall zum Erfolg kommen. Unter den gegebenen Umständen war es eher unwahrscheinlich, daß Michailovitsch hier noch auftauchte. Er schulterte die Sporttasche mit dem Gewehr. Ein kleiner blondhaariger Junge im Eintracht-Trikot sah ihm fasziniert zu. Wahrscheinlich vermutete er in ihm

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