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Verschollen

Titel: Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Smedberg
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spannenden Serie handeln. Schließlich stellte er die Lautstärke mit der Fernbedienung leiser und wandte sich um.
    »Wasser, tut es das auch?«, antwortete er.
    John Nielsen betrachtete ihn misstrauisch.
    »Sie haben nicht ein einziges, vereinsamtes Bier?«
    Ivarsson schüttelte den Kopf und schnaubte. »Warum sollte ich?«, erwiderte er. »Ich habe nie getrunken, begreife nicht, wofür das gut sein soll.«
    Nielsen schenkte ihm ein Lächeln. »Die Menschen haben schon immer getrunken. Seit der Zeit, als wir von den Bäumen gesprungen sind. Darum haben wir den Ackerbau erfunden, wussten Sie das nicht?«
    »Das ist nicht wahr«, sagte Ivarsson zugeknöpft. »Und wenn doch, dann ist das wohl kaum ein Grund, das fortzuführen. Im Gegenteil. Wir hätten im Laufe der Zeit eigentlich klüger werden müssen, könnte man meinen. Oder etwa nicht?«
    Nielsen blieb eine Weile im Sofa sitzen, dann zuckte er mit den Schultern und erhob sich. »Ich gehe eine Runde«, sagte er. »Ich muss mich bewegen.«
    Er trat in den Flur, nahm seinen Mantel vom Haken und hörte, wie Olle Ivarsson etwas von seinem Platz vor dem Fernseher grummelte, ehe er die Tür aufmachte und hinaus in die kalte Abendluft schritt.
    Er hatte keine Schwierigkeiten, ihn zu finden. Schon am Morgen hatte er das Schild registriert. Pizzeria-Pub. Nun folgte er einfach der Hauptverkehrsader der Ortschaft, der E 14 zwischen Sundsvall und Östersund, die hier vorbeiführte.
    Die Neonbeleuchtung war außer Betrieb, was dem Lokal aus der Entfernung einen geschlossenen Eindruck verlieh. Aber ein lärmender Haufen Jugendlicher im Eingang ließ ihn erleichtert aufatmen. Er ging ins Lokal, das aus einem kleinen Restaurantbereich und einer noch kleineren Bar bestand. Er entschied sich für die etwas dunklere Bar, zwängte sich an den Tresen und bestellte ein Bier, legte seinen Mantel ab und suchte nach einer Möglichkeit, um ihn aufzuhängen.
    Er spürte die Blicke, die sich auf ihn richteten, wusste, dass er aus der Menge hervorstach, wie er da mit seinem Mantel über dem Arm stand. Ein Fremder in mittlerem Alter, den man nicht so richtig einordnen konnte. Dennoch fühlte er sich wohl, entspannt, wie immer in so einem Milieu. Er kannte sich aus mit Kneipen, hatte den Eindruck, er habe den Großteil seines Erwachsenenlebens dort verbracht. Was er auch tatsächlich getan hatte, dachte er mit einem Lächeln.
    Was dann geschah überrumpelte ihn völlig, etwas, woran er nicht im Traum gedacht hatte.
    Er hatte einen Schluck Bier genommen und das Glas auf den Tresen gestellt, als ihn ein gewaltiger Stoß in den Rücken vornüber auf den Boden warf. Er landete auf den Knien, schnappte nach Luft und war zunächst nicht in der Lage zu begreifen, was da vor sich ging. Langsam rappelte er sich auf und drehte sich um.
    Der Angreifer stand ein paar Meter entfernt, lässig an den Tresen gelehnt und würdigte ihn keines Blickes. Helles, kurz geschnittenes Haar. Der kräftige Oberkörper verriet regelmäßiges Krafttraining. Er wirkte nicht betrunken. Als er sich schließlich zu Nielsen umdrehte, lag in seinem Blick eine Mischung aus Wachsamkeit und Erwartung.
    »Du musst verdammt noch mal aufpassen und den Leuten nicht im Weg rumstehen. Hat man dir das nicht beigebracht? So was kann böse enden.«
    John Nielsen holte tief Luft und schüttelte den Kopf. Das ist es nicht wert, sagte er sich. Er sollte sich umdrehen und gehen. Sich nicht in so etwas hineinziehen lassen. Aber die Wut, die plötzlich in ihm aufstieg, sprach eine andere Sprache.
    »Du solltest überhaupt gar nicht hier sein«, setzte der andere fort. »Du gehörst hier nicht her.«
    Nielsen antwortete nicht, sondern tat einen schnellen Schritt nach vorne, packte den Mann, zog ihn zu sich und versetzte ihm einen Kopfstoß mitten ins Gesicht. Der Mann taumelte nach hinten, die Hand vor der Nase. Nielsen folgte ihm, zog die Schultern nach hinten und holte in dem Moment zu einem flachen Schlag aus, als der andere seine Hand sinken ließ. Er traf ihn seitlich am Kiefer. Der Mann schien für einen Augenblick in der Luft zu hängen, ehe seine Beine nachgaben, er rücklings fiel und gegen die Wand hinter ihm schlug.
    Nielsen blieb einen Moment lang keuchend über ihn gebeugt stehen. Dann drehte er sich abrupt um, ging zurück und hob seinen Mantel auf, der auf den Boden gefallen war. Er warf noch einen Blick zu dem Kurzhaarigen, der regungslos dalag und dem das Blut aus seiner gebrochenen Nase tropfte. Sein Atem klang verstopft und

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