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Verschwoerung der Frauen

Verschwoerung der Frauen

Titel: Verschwoerung der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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mich in Ihnen getäuscht«, sagte Kate. »Sie sind keinen Deut besser als andere Verlagsleute: Geld, Geld, Geld.«
    »Wenn Sie zurück sind, führe ich Sie zu einem formidablen Lunch aus, mit Wein und allem drum und dran«, sagte Simon. Kate knallte nicht direkt den Hörer auf, aber sie sagte auch nicht direkt auf Wiedersehen. Sie ließ den Hörer nur langsam auf die Gabel sinken und dachte über Genf nach.
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    A m Abend fragte sie Reed, ob er zufällig einen Stadtplan von Genf habe. Sie hätte natürlich auch in die nächste Buchhandlung gehen und sich den neuesten Reiseführer besorgen können, aber Großmut und ihre insgeheime Bewunderung für Reeds strikte Weigerung, sich ihren Vorstellungen darüber zu fügen, wie die Dinge des Lebens am praktischsten zu handhaben seien, bewogen sie, Reed zu fragen. Kate war fest davon überzeugt, daß es in beständigen Ehen immer einen gab, der alles hortete – Stadtpläne, Reiseführer, Theaterprogramme, denkwürdige Zeitungen, unzählige Fotos und alle möglichen Reise-andenken. In ihrer Ehe war Reed der Sammler. Da sie genug Platz hatten, beschränkte sich Kates Nörgeln auf nicht mehr funktions-tüchtige Küchenutensilien und zerbrochene Geräte. In einer vorbild-lichen Gesellschaft würde man die Geräte reparieren und nicht weg-werfen, um die riesigen Müllberge nicht noch zu vergrößern. Aber da es sich in den Vereinigten Staaten niemand leisten konnte, Geräte zu reparieren oder jemand anderen dafür zu bezahlen, sah Kate wenig Sinn darin, sie aufzubewahren. Reed und sie waren jedoch zu der stillschweigenden Übereinkunft gekommen, daß sie sich jeden Kommentars enthielt, wenn er alle möglichen Dinge hortete, sie jedoch das Recht hatte, alles Zeug, das nicht mehr funktionierte, fortzuwerfen – eine Regelung, die das gemeinsame Leben erleichter-te. Und die auch der Grund dafür war, daß Reed nach einigem Her-umstöbern mit einem in Französisch abgefaßten Stadtführer für Genf aufwarten konnte. Reed besaß ihn seit der Zeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, als er mit seinen Eltern diese Stadt besucht hatte. ›Les Guides Bleus Illustrés: Genève et ses environs‹ lautete der Titel des 1937 erschienenen Führers. Die Schweizer, deren Land durch den Krieg nicht zerstückelt wurde, hatten auch keine neuen Landkarten gebraucht, als er zu Ende war. In der Schweiz ändere sich nie etwas, bemerkte Reed, während er den Führer durchblätterte. Zwar müsse man wohl davon ausgehen, daß das in dem Führer zitierte »Palais de la Société des Nations« nicht mehr den Völkerbund beheimate, sondern dieser irgendeiner anderen internationalen Organisation Platz gemacht habe. Ansonsten könne man sich aber darauf verlassen, daß wenig, wenn überhaupt etwas, anders sei. Stillstand, schloß er, sei das Wesen der Schweiz.
    »Haben die Frauen inzwischen das Wahlrecht?« fragte Kate.
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    »Wahrscheinlich, obwohl es hier und dort vielleicht noch einen Kanton gibt, der stur geblieben ist. Ich hoffe, du fährst nicht in die Schweiz, um eine Revolution anzuzetteln. Dafür gibt es geeignetere Orte.«
    »Ich fahre in die Schweiz, um mit einer Frau zu sprechen, die es für richtig hält, Briefe von Leuten, die mit berühmten Schriftstellern in Verbindung standen, zu verbrennen. Ich hoffe nur, daß sie mit mir redet, nicht zuletzt deshalb, weil ich ihr in einem Teil meines Selbst, das sich nicht um die Wissenschaft schert, recht gebe. Aber nur zum Teil, wie gesagt: denn Gabrielle ist tot, geschützter könnte ihre Privatsphäre gar nicht sein. Wir dagegen müssen in einer düsteren Welt weiterkämpfen, die sie mit ihren privaten Äußerungen vielleicht hätte erleuchten können.«
    »Merk dir das für die Frau in Genf«, sagte Reed. »Es klingt sehr gut.«
    Auch Kate war in ihrer Jugend in Genf gewesen, erinnerte sich aber an wenig, nur den See, die Brücke darüber und die Insel, die nach Rousseau benannt war und sich mit seiner Statue schmückte.
    Vage erinnerte sie sich an eine Gedenkstätte für die Reformation mit einer Statue von Calvin, gegen den sie seit jeher eine tiefe Abneigung verspürte. Rousseau hatte sie in ihrer frühen Jugend bewundert und ihm erst ihre Bewunderung entzogen, als sie erkannte, welches Schicksal er Sophie zudachte, während er all seine Phantasie und Energie der Erziehung Emiles widmete.
    Kate war im Grunde eine widerwillige Reisende; sie fuhr zwar klaglos überallhin, wenn es einen Grund dafür gab, begann sich aber blitzschnell zu langweilen,

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