Verzaubert!
wissend.
“Ja”, antwortete die junge Frau erschrocken. “Kennst du den Weg zu ihm?”
“Nein”, gackerte das alte Weib, als hätte die junge Frau einen Witz erzählt. Doch dann wurde sie freundlicher. “Nimm diesen goldenen Apfel”, sagte sie. “Er wird dir auf deinen Reisen noch nützlich sein.”
Also nahm die junge Frau den goldenen Apfel und ging weiter. Innerhalb kurzer Zeit traf sie eine zweite alte Frau, die am Wegesrand saß. Auch diese fragte sie, ob sie den Weg zum Palast kennen würde.
“Du bist die wahre Liebe des Prinzen”, sagte die alte Frau genauso überraschend wie die erste.
“Ja, die bin ich”, gab die junge Frau zu. “Bitte, kannst du mir den Weg zum Palast zeigen?”
Doch auch dieses alte Weib wusste nicht mehr über den Ort des Palasts als die andere Alte vor ihr. Sie gab der jungen Frau zum Abschied einen verzauberten Kamm und wies sie an, diesen Kamm zu tragen, wenn sie den Prinzen und den Palast fand, denn wenn sie diesen Ratschlag befolgte, würde es ihr Glück bringen.
Noch immer hatte die junge Frau keine Ahnung, wie sie ihren Prinzen finden sollte, aber sie lief beharrlich weiter. Endlich traf sie eine dritte alte Frau am Straßenrand. Mit dieser führte sie eine ähnliche Unterhaltung wie schon zuvor mit den anderen beiden. Dieses alte Weib aber riet ihr, den Ostwind zu suchen und ihn zu fragen, wo sie den Palast fand. Zum Schluss gab sie der jungen Frau eine verzauberte Feder und wies sie an, diese vor sich in die Luft zu werfen, denn sie würde ihr den Weg zum Heim des Ostwinds weisen.
Die junge Frau gehorchte und warf die Feder vor sich in den Himmel. Die Feder wurde sofort von einer starken Bö erfasst, die von Westen kam. Nun, da sie der Feder folgte, kam sie viel schneller voran, und schon bald erreichte sie das Heim des Ostwinds. Doch ihre Reise war noch lange nicht zu Ende. Der Ostwind, den sie nach dem Palast fragte, der östlich der Sonne und westlich vom Mond lag, konnte ihr nicht helfen. Er nahm sie mit zu seinem Bruder, dem Westwind. Dieser wusste es auch nicht, und er brachte sie zum Südwind. Doch auch der Südwind wusste keine Antwort. Der Nordwind war der letzte, der ihr helfen konnte.
Sie war viele Tage und Nächte gereist und hatte viele Entbehrungen hinnehmen müssen. Aber nun durfte sie auf den Schwingen des Nordwinds reiten, der den Weg zu jenem Palast kannte, der östlich der Sonne und westlich vom Mond lag.
Als der Nordwind sie schließlich an der Eingangspforte des lang gesuchten Palasts absetzte, bot sie einen jämmerlichen Anblick. Als sie versuchte, den Palast zu betreten, wurde ihr der Zutritt verwehrt. Sie saß traurig unter einem großen Fenster an die Mauer des Palasts gelehnt und überlegte, was sie nun tun sollte. Gedankenverloren begann sie, mit dem goldenen Apfel zu spielen, den ihr das erste von den drei alten Weibern gegeben hatte.
Immer und immer wieder warf sie den Apfel in die Höhe und fing ihn auf.
Die böse Schwiegermutter des Prinzen beobachtete vom Fenster aus, wie sie mit dem goldenen Apfel spielte. Sie war habgierig und wollte diesen seltenen Schatz sofort ihr Eigen nennen. Sie machte der jungen Frau das Angebot, dass sie ihr alles geben würde, was sie für diesen goldenen Apfel verlangte.
“Ich möchte den Prinzen sehen, denn er ist meine wahre Liebe”, verkündete die junge Frau mutig.
Die kühne Forderung der jungen Frau brachte die Schwiegermutter des Prinzen aus der Fassung. Aber sie wollte den Apfel besitzen und befahl, der jungen Frau den Zugang zum Palast nicht länger zu verwehren. Sie war sicher, dass sich schon einen Weg finden würde, an den Apfel zu gelangen, ohne die junge Frau zum Prinzen zu bringen.
“Wenn du wirklich die wahre Liebe meines Schwiegersohns bist, dann kannst du ihn zweifellos unter hundert Männern erkennen”, sagte sie.
“Natürlich kann ich das”, antwortete die junge Frau.
“Also gut, dann mache ich dir ein Angebot. Ich biete dir die Gelegenheit, deine wahre Liebe zwischen hundert Männern zu erkennen. Dafür gibst du mir den goldenen Apfel.”
“Gern”, stimmte die junge Frau zu, doch sie behielt den Apfel in der Hand, als die Schwiegermutter die Hand danach ausstreckte. “Aber ich will außerdem ein Bad nehmen und neue Kleider haben.”
Die Schwiegermutter stimmte diesen Bedingungen mit einem boshaften Lachen zu, schnappte sich den goldenen Apfel und ließ nach einem Diener rufen. Sie ließ die junge Frau in der Obhut des Dieners zurück und lief in ihre
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