Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat
Schachteln?«, fragte Lee.
»Ja. Meine Mutter würde einen Herzinfarkt kriegen, wenn sie wüsste, dass ich sie Ihnen zeige«, sagte Kristy.
»Und warum machst du’s?«, erkundigte sich Lee.
»Weil Sie mich retten und wegbringen werden. Wenn mir Psychologen helfen, kann ich versuchen, ein normales Leben zu führen, obwohl das vielleicht nicht mehr möglich ist«, erklärte Kristy. »Wenn doch, würde ich nach L. A. gehen.«
»Woher weißt du das mit den Psychologen?«, fragte Hart.
»Von Facebook. Ich glaube, ich hab noch nicht den Verstand verloren wie manche von den anderen Mädchen. Meine Mutter ist, denke ich, auch irre. Wir chatten manchmal auf Facebook darüber. Unsere Eltern wissen nichts von Facebook.«
»Okay«, sagte Lee und atmete deutlich hörbar aus. »Würdest du mir jetzt bitte die Schachteln zeigen?«
Auf dem Weg nach oben bemerkte Dunn: »Es ist entsetzlich. Und Crocker wusste Bescheid. Ob er den Job angenommen hat, um uns auf die Finger zu schauen?«
»Keine Ahnung«, antwortete Lee Coakley.
Hart fragte Kristy: »Warum möchtest du nach L. A.? Nur um von denen wegzukommen?«
»Nein. Hier ist es mir zu kalt und zu dunkel. Ich würde gern wo sein, wo es wärmer ist. Miami wäre okay. Eigentlich geht es mir bloß ums Wetter.«
Dunn flüsterte Lee Coakley zu: »Das ist das Verrückteste, was sie bis jetzt gesagt hat … dass das Wetter für sie das größte Problem ist.«
Sie nahmen eine Box aus dem Schrank – die oberste sei die aktuellste, erklärte Kristy. Lee wusste, dass das die war, die Virgil geöffnet hatte. Sie setzte sich aufs Bett und ging die Fotos durch. Kristy deutete auf eines, auf dem sie mit Männern und Jungen zu sehen war. Auf einem anderen hatte sie Sex mit einem Jungen, der nicht älter als zwölf zu sein schien, während eine Gruppe Erwachsener das Treiben mit elterlichem Stolz beobachtete. Die Gesichter der Kinder waren auf die Kamera gerichtet. Der Junge, erklärte Kristy, sei »zum Mann herangereift« und lernte, wie es funktionierte. »Nach mir haben die älteren Frauen ihn sich vorgenommen.«
»Es waren also nicht nur die Männer mit den Mädchen.«
»Nein, auch die Frauen mit den Jungen. Eigentlich alle mit allen. Das ist seit Urzeiten so, seit wir aus der alten Heimat gekommen sind.«
Dunn holte fünf weitere Schachteln aus dem Versteck, mit Fotos, die mindestens eine Generation zurückreichten. Auf den frühesten waren Männer in Uniform zu sehen, vermutlich nach dem Zweiten Weltkrieg.
»Großvater hat auch fotografiert«, erklärte Kristy.
»Okay«, sagte Lee und wandte sich ihren Kollegen zu. »Nehmt euch das Haus vor. Kristy, du begleitest mich nach unten. Ich brauche die Namen von allen Leuten auf den Fotos.«
Lee rief Virgil an. »Wir sind im Haus von Rouse. Kristy Rouse hat uns mehrere Boxen mit Fotos gezeigt, die im Schrank ihrer Eltern versteckt waren. Darauf ist eine große Bandbreite sexueller Aktivitäten zwischen Erwachsenen und Kindern zu sehen.«
»Sehr gut. Schickel hat mit deinen Deputies gesprochen, die Einstadt folgen. Sie sagen, bei den Einstadts sind ungefähr hundert Autos und jede Menge Leute. Es kommen immer neue, und unsere Kollegen fühlen sich überfordert. Wenn du sie nicht brauchst, schicke ich Schickel und Brown und die beiden Männer von der Highway Patrol hin, bevor wir mit der Razzialiste anfangen.«
»Gut. Wir sind hier allein. Zwei Leute stellen das Haus auf den Kopf, während ich mich mit Kristy unterhalte. Es ist alles da. Sämtliche Fotos.«
»Ich bin in fünfzehn Minuten bei dir«, versprach Virgil.
»Okay. Virgil, es ist noch schlimmer als erwartet.«
Lee trug die erste Schachtel Fotos die Treppe hinunter und setzte sich mit Kristy an den Küchentisch, um sie durchzugehen. Viele waren Polaroids, mehr jedoch neueren Datums und mit einer Digitalkamera aufgenommen. Kristy nannte ihr die Namen der Leute, die darauf zu sehen waren, und Lee notierte sie.
Nach fünf Minuten erwähnte Kristy, dass es weitere Fotos gebe, die ihr Vater nicht ausgedruckt habe, auf dem Computer. Sie betraten ein früheres Schlafzimmer im Erdgeschoss, das nun als Arbeitsraum genutzt wurde.
Auf dem Schreibtisch stand ein iMac mit extragroßem Monitor. Kristy fuhr den Computer hoch und rief ein Lightroom-Programm auf. Nicht alle Bilder waren pornografischer Natur, aber viele. Insgesamt waren es 8.421 Fotos.
Lee scrollte sie gerade durch, als Scheinwerferlicht das Zimmer erhellte. »Virgil. Der wird ausflippen.«
Dunn sah
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