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Vogel-Scheuche

Titel: Vogel-Scheuche Kostenlos Bücher Online Lesen
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Vorsprung bildete. Ein Vorteil des sich auflösenden Wolkenstoffs war der, daß er nun formbar geworden war, so daß sie ihn nach Belieben kneten konnte.
    Roxanne begab sich an die Kante, bog sie hoch und rammte sie fest. Schon bald hatte sie eine Art Boot oder Floß fertiggestellt. Doch das war vollgesogen mit Wasser und sank noch immer, wenn auch langsam. Also formte sie einen Rampenkanal, innen niedrig, außen hoch, hockte sich auf die untere Seite, grub sich ein und begann wieder die Flügel zu schl a gen. Schmerz schoß ihr bei jedem Schlag durch den linken Flügel, doch sie biß den Schnabel zusammen und erzwang die Bewegung. Diesmal lenkte sie ihren Rückstoß durch den primitiven Kanal zurück ins Wasser.
    Je heftiger sie schlug, um so stärker preßte der Wind das Wasser aus dem Kanal und von der Wolkenbank. Zwar strömte frisches Wasser nach, doch wurde auch dieses durch den Kanal hinausgetrieben. Schon bald hatte Roxanne ein dünnes Rinnsal hergestellt, das über den Rand der Wolkeninsel sickerte, so daß der Wasserstand auf der Insel sich z u nehmend senkte. Damit gewann die Insel selbst frischen Auftrieb, und das Schloß hob sich langsam wieder aus den Fluten. Es gelang ihr, das Schloß schwimmtauglich zu machen!
    Endlich war die Wolkenoberfläche weitgehend trocken, so daß sie mit ihren Anstrengungen nachlassen konnte. Ihr gebrochener Flügel schmerzte furchtbar, und auch sonst war sie fast am Ende ihrer Kräfte. Doch es war ihr gelungen, das Schloß zu retten und mit ihm das Ei – das war alles, was zählte.
    Sie überprüfte das Ei und konnte feststellen, daß es unversehrt gebli e ben war. Sie brauchte nicht die ganze Zeit darauf zu hocken; es war groß und dicht genug, um seine eigene Wärme eine Weile zu wahren. Trot z dem würde es nicht schaden…
    Das Schloß erbebte. Roxanne kroch wieder hinaus, um nachzusehen. Da war ja ein Schiff, das gerade versuchte, mit der Wolke zusammenz u stoßen! Ein großes Boot, an Bord haufenweise Leute, die ziemlich wide r lich aussahen. Das Boot klatschte mit der Flanke gegen die Wolkenwand und drohte sie einzubeulen, so daß das Wasser wieder einströmen würde.
    »Was tust du da?« fragte sie zornig. »Verschwinde!« Doch alles, was dabei herauskam, waren natürlich nur zwei Krächzer, die, wie sie aus Erfahrung wußte, für Menschen unverständlich waren. Tatsächlich sta n den die Leute an der Reling des Schiffes und gafften sie nur dämlich an.
    Da erblickte sie den Namen des Schiffs:
    VERWANDSCHAFTSKAHN. Das war also das Fahrzeug, das die gesamte bucklige Verwandtschaft mit sich trug! Kein Wunder, daß die Leute es nicht gern sahen, weil Verwandte meist nur Ärger bedeuteten, vor allem die des Ehegatten.
    Wahrscheinlich waren diese Leute hier schmusende Cousins und Co u sinen, weil es sich ja um den Küß Mich See handelte. Im Augenblick wirkten sie freilich ziemlich säuerlich, denn die Magie war verschwu n den.
    Roxanne stemmte einen Fuß gegen das Schiff und verhakte den and e ren im Wolkenstoff, und es gelang ihr, das Schiff wegzuschieben. So trieb es nun davon, wahrscheinlich irgendeiner anderen Familie entg e gen, die bald unter seinem Aufkreuzen zu leiden haben würde.
    Jetzt hatte Roxanne endlich Zeit zum Nachdenken. Die Magie war o f fensichtlich verschwunden, obwohl sie keine Ahnung hatte, warum. Das Namenlose Schloß hatte seinen Zauber eingebüßt, und das gleiche galt zweifellos für jenen Zauber, der ihr das Fliegen verwehrte – nur daß die Magie der Rocs ja gerade aus ihrer Flugfähigkeit bestand, da das Fliegen einem Wesen von solcher Größe sonst unmöglich gewesen wäre. Daher hatte das Verschwinden der Magie und der Verlust derselben auf sie die gleiche Wirkung wie der Neutralisierungszauber. Und außerdem hätte ihr gebrochener Flügel ihr das Fliegen sowieso verwehrt. Die Frage war nur, ob die Magie zurückkehren würde. Davon mußte sie einfach ausgehen, sonst wären sie und das Schloß und das Ei verloren. Sie gehörten eigen t lich alle an den Himmel, wo es sicher war; hier unten, sei es auf dem Land oder zu Wasser, wäre es nur eine Frage der Zeit, bis irgendwelche Landungeheuer angriffen oder ein Sturm alles umwehte.
    Doch darauf hatte sie keinen Einfluß. Ihr blieb nur eins – zu warten und zu hoffen. Und das kostbare Ei warmzuhalten.
    Sie kehrte zum Nest zurück und hockte sich auf das Ei. Sie versuchte etwas zu schlafen, aber der Flügel tat ihr viel zu weh. Sie wünschte, sie könnte eine Heilquelle aufsuchen, doch dann

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