Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Vogel-Scheuche

Titel: Vogel-Scheuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
die Gestalt einer langen Leiter an, die am Berghang lehnt – kön n test du die erklimmen?«
    »Wahrscheinlich schon, wenn ich mich nicht beeilen muß und meinen Knöchel schonen kann…«
    »Ich wußte es doch!« sagte Mentia stumm. »Das dauert doch ewig und drei Tage.«
    Metria fürchtete, daß sie recht behalten würde. Doch ihr halbes Gewi s sen ließ sie nicht mehr los. Sie verwandelte sich in eine Ausziehleiter und schob sich den blauen Facettenhang empor, bis sie einen Felsvorsprung erreicht hatte, an dem sie sich einhaken konnte. Dann bildete sie am Fuß einen Mund aus. »Jetzt habe ich festen Halt. Komm nun hoch.«
    Mara packte die Leiter mit den Händen und stellte den heilen Fuß auf eine Sprosse, um ihre Standfestigkeit zu sichern. Dann versuchte sie es mit dem verletzten Fuß, schnitt wieder eine Grimasse, konnte ihn aber doch immerhin ein wenig belasten. Mit den Händen fing sie genug G e wicht ab, um die Sache erträglich zu machen.
    Es dauerte gar nicht so lange, da war Mara oben angekommen und sah sich um. »Ach, das ist ja auch nur ein Vorberg!« rief sie. »Dahinter liegt noch ein gelber Berg.«
    Erschrocken bildete Metria ein Stengelauge aus und sah selbst nach. Mara hatte recht: Das hier war nur ein weiterer Zwischengipfel, zwar höher gelegen als der grüne Felsvorsprung, doch niedriger als der vor ihnen liegende, gelbe Berg.
    Sie bildete einen Mund aus und seufzte. »Halt dich fest.«
    Sie zog den unteren Abschnitt der Leiter hoch und verlängerte dafür den oberen, ohne die Stelle, auf der Mara stand, zu verändern. Als sie blaugelbe Erdspalte erreicht hatte, drehte sich Mara um und stieg die Sprossen hinab. Dann fuhr Metria die Leiter wieder ein und schickte sich an, sie den facettierten gelben Hang hinaufzuschieben. Langsam nahte die Dämmerung.
    »Wir schaffen es nie vor Einbruch der Nacht«, meinte Mara. »Am be s ten läßt du mich zurück und gehst allein weiter.«
    »Nun hör schon auf sie, Dumpfbacke!«
    »Nein, das wäre nicht recht.« Da hatte Metria eine Idee. »Angeno m men, ich mache eine Rolltreppe?«
    »Eine was?«
    »Eine bewegliche Struktur, automatische Hebung, Gefahrenklausel, Fahrstuhlersatz, Formstufen…«
    »Eine Treppe?«
    »Was auch immer. Dann könntest du schneller hinauffahren.«
    »Das ist ja eine wunderbare Idee! Aber hast du denn überhaupt gen ü gend Kraft, um mich auf diese Weise zu tragen?«
    »Ich denke schon. Es ist nur eine Frage der Hebelwirkung.«
    Also dehnte sich Metria bis zum nächsten Gipfel aus, hakte sich ein und ließ Mara unten auf die Leiter steigen.
    Dann bewegte Metria die Sprossen empor und zog die Frau auf diese Weise ziemlich schnell nach oben. »Das macht richtig Spaß!« rief sie.
    Doch als sie vom Gipfel aus Ausschau hielten, erblickten sie nur einen weiteren Berg vor sich. Der war rosa gefärbt. Er sah zwar sehr hübsch aus, doch nun dämmerte es endgültig.
    Sie steigerten ihre Effizienz. Diesmal schleuderte Metria einfach ihre Sprossen über den Gipfel, während Mara auf der gegenüberliegenden Seite förmlich herabrutschte. Dann bestiegen sie den rosa Berghang – und standen vor dem nächsten: weiß, fast farblos.
    »Ich hoffe nur, daß das nicht ewig so weitergeht«, bemerkte Mara. »Ich furchte, ich bin eine ziemliche Belastung für dich. Vielleicht solltest du einfach…«
    »Nun hör schon auf sie!«
    »Nein«, widersprach Metria entschieden. »Allein wäre die Reise auch nicht schneller gewesen. Wir sind schon viel höher als am Anfang.« Ta t sächlich konnten sie unter sich die gelben, blauen und grünen Felsvo r sprünge wahrnehmen, die sich wie die Schubladen stapelten, auch wenn man dies von unten nicht hatte erkennen können. »Irgendwann muß es einfach aufhören.«
    »Du bist sehr gütig.«
    »Du bist sehr töricht!«
    Sie machten weiter. Jenseits des weißen Felsvorsprungs befand sich ein tiefroter – und das war auch tatsächlich der letzte, denn sie konnten seinen rundlichen Gipfel ausmachen, auf dem ein riesiger Vogel hockte, eine Silhouette, die sich vor dem verblassenden Tageslicht abzeichnete. Der Simurgh – endlich!
    So fuhren sie den weißen Hang hinunter und den roten hinauf. Doch kaum waren sie auf Rufweite gekommen, als der große Vogel plötzlich die Flügel ausbreitete und auf einen Nachbargipfel flog, der sich, wie sie nun bemerkten, aus einer äußerst langgezogenen Gebirgskette hervo r hob. Das mußte sie ja wohl auch sein, wenn sie die Welt umkreisen sol l te. Und der Simurgh hatte von den beiden

Weitere Kostenlose Bücher