Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)
Ausbruch, in den er all seine verzweifelte Kraft legte. Er riss sich los, kam – keuchend und blutüberströmt – schwankend wieder auf die Beine, warf sich blindwütig auf die widerliche Gestalt und packte sie mit einem so unglaublich festen Griff, dass sich nicht einmal der Vampir wieder daraus lösen konnte. Dann wuchtete er seinen teuflischen Gegner mit aller Kraft in die Höhe und schleuderte ihn auf die nach oben zeigende Kante des umgekippten Tisches, so als würde er einen Holzstab über seinem Knie brechen. Er hörte ein Krachen, das dem eines zersplitternden Astes glich, und der Vampir fiel aus Brills Armen. Er wand sich in seltsam gekrümmter Haltung auf dem brennenden Fußboden. Doch noch war er nicht tot, und seine glühenden Augen durchbohrten Brill mit einem Blick grausamen Hungers, als er trotz seiner gebrochenen Wirbelsäule langsam auf ihn zukroch – er sah dabei aus wie eine sterbende Schlange.
Brill keuchte und taumelte heftig, schüttelte sich das Blut aus den Augen und stolperte blind durch die zerbrochene Tür – und als fliehe er durch die Tore der Hölle, rannte er zwischen den Mesquitebäumen hindurch und über die Koppel, bis er völlig erschöpft zusammenbrach. Er blickte sich noch einmal um. Als er die in Flammen stehende Hütte sah, dankte er Gott, dass das Feuer sie vollständig niederbrennen und die Knochen von Don Santiago de Valdez vollständig auffressen würde, damit er für immer aus dem Gedächtnis der Menschheit verschwand.
Der Mond von Zambebwei
1. Das Grauen im Kiefernwald
Die Stille der Kiefernwälder legte sich wie ein düsterer Umhang um die Seele von Bristol McGrath. Die schwarzen Schatten schienen ebenso starr und unverrückbar wie der Aberglaube, der wie eine schwere Last über diesem vergessenen Hinterland hing. Vage Urängste regten sich tief in McGraths Innerem; er war in diesen Kiefernwäldern geboren, und auch in den sechzehn Jahren, die er nun bereits durch die Welt reiste, hatten sich ihre Schatten nicht aufgelöst. Die furchteinflößenden Geschichten, vor denen er als Kind so gezittert hatte, drangen leise flüsternd wieder in sein Bewusstsein; Geschichten von schwarzen Schatten, die bei Mitternacht über die Lichtungen des Waldes huschten …
McGrath verfluchte diese kindischen Erinnerungen und ging etwas schneller. Der dunkle Pfad schlängelte sich zwischen dicken Mauern aus Baumriesen hindurch. Es wunderte ihn nicht, dass er im weit entfernten Dorf am Fluss niemanden hatte anheuern können, der ihn zum Ballville-Anwesen fahren wollte. Die Straße war für Fahrzeuge unpassierbar, überall lagen verrottete Baumstämme und kleine Büsche wuchsen aus dem Boden.
McGrath hielt abrupt inne, blieb wie erstarrt stehen. Die vollkommene Stille war auf solch erschreckende Weise durchbrochen worden, dass er glaubte, ein eiskaltes Kribbeln auf seinen Handrücken zu spüren. Das Geräusch war zweifellos das Stöhnen eines Menschen gewesen, der entsetzliche Qualen litt. McGrath blieb einen Augenblick lang bewegungslos stehen, dann glitt er mit der lautlosen Eleganz eines Panthers auf der Jagd um die nächste Wegbiegung.
Ein blauer kurzläufiger Revolver lag nun wie durch Zauberei in seiner rechten Hand. Mit der Linken hielt er das Stück Papier, das für seine Anwesenheit in diesen finsteren Wäldern verantwortlich war, unwillkürlich fest umschlossen. Das Papier war ein verzweifelter, geheimnisvoller Hilferuf; es war von McGraths schlimmstem Feind unterzeichnet worden und enthielt den Namen einer Frau, die seit Langem tot war.
McGrath hatte die letzte Kurve des Weges nun vollständig hinter sich gelassen; jeder einzelne Nerv seines Körpers war angespannt. Er war wachsam und auf alles gefasst – bis auf das, was er tatsächlich vor sich sah. Mit erschrockenen Augen starrte er die finstere Gestalt einen Augenblick lang an und kämpfte sich dann durch die Wand aus Bäumen vorwärts. Um ihn herum rührte sich nichts. Nur wenige Meter abseits des Pfades konnte er im unheimlichen Zwielicht nur sehr wenig erkennen – hier konnte alles Mögliche unerkannt lauern. McGrath sank neben der Gestalt, die vor ihm auf dem Weg lag, auf die Knie.
Es war ein Mann, dessen ausgestreckte Gliedmaßen mit Seilen an vier Pfosten gefesselt waren, die man tief in den harten Boden gerammt hatte; es war ein dunkelhäutiger Mann mit einem schwarzen Bart und einer Hakennase. »Achmed!«, stammelte McGrath. »Ballvilles arabischer Diener! Mein Gott!«
Es waren jedoch nicht die strammen
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