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Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Titel: Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
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hinaustrieben. Ich musste an Moll Farrells Nichte denken und erschauderte.
    Ich kann nicht sagen, wie lange wir so im Meer trieben. Aus Minuten wurden Stunden, aus Stunden wurden Jahrhunderte. Noch immer schwor Joe, er höre die Ruderer. Einmal waren sie ganz nah, dann wieder weiter weg, und wir folgten ihnen stundenlang und richteten unseren Kurs nach den leiser oder lauter werdenden Geräuschen aus. Sooft ich später auch darüber nachdachte, ich kann es nicht mehr verstehen.
    Als meine Hände schließlich so taub waren, dass ich den Riemen nicht mehr zu halten vermochte, und mich durch Kälte und Erschöpfung eine immer schwerere Benommenheit überkam, durchbrach grell-weißes Sternenlicht den Nebel, der plötzlich verschwand und sich wie ein Geist aus Rauch auflöste.
    Wir stellten fest, dass wir ganz in der Nähe der Mündung der Bucht trieben. Das Wasser war so glatt wie bei einem Teich, dunkelgrün und silbern im Licht der Sterne, und die Kälte war beißender als je zuvor. Ich schaukelte das Boot, um es wieder in Richtung Bucht zu drehen, als Joe plötzlich ein Schrei entfuhr, und zum ersten Mal hörte ich jetzt auch das Klappern von Ruderdollen. Ich schaute über meine Schulter, und mir gefror das Blut in den Adern.
    Ein breiter, schnabelförmiger Bug ragte über uns auf. Vor dem Hintergrund der Sterne wirkte er seltsam fremdartig. Als ich wieder zu Atem kam, scherte er abrupt aus und fegte mit einem eigenartigen Rauschen an uns vorbei, das ich bei keinem anderen Schiff je zuvor gehört hatte. Joe begann zu schreien und wie wild zu rudern, und unser Boot hüpfte gerade noch rechtzeitig zur Seite, denn obwohl uns der Bug verfehlte, hätte uns der Rest des Schiffes beinahe in den Tod gerissen. An den Flanken des Schiffes sahen wir lange Ruder hervorragen, eines hinter dem anderen, die es durch das Wasser trugen. Auch wenn ich noch nie zuvor ein solches Schiff gesehen hatte, wusste ich, dass es eine Galeere war. Aber was hatte sie vor unserer Küste zu suchen? Die alten Seeleute erzählten, dass die Heiden der Berberei noch immer mit Schiffen wie diesem zur See fuhren – bis in die Berberei waren es jedoch unzählige lange, wogende Seemeilen. Darüber hinaus glich die Galeere keineswegs den Schiffen, wie sie die Weltumsegler oft beschrieben.
    Wir setzten zur Verfolgung an, die jedoch mehr als seltsam verlief, denn obwohl sich das Wasser am Bug der Galeere brach und sie förmlich durch die Wellen zu fliegen schien, kam sie nur sehr langsam voran. Es dauerte also nicht lange, bis wir sie einholten. Wir machten unsere Leine weit außerhalb der Reichweite ihrer sausenden Ruder an einer herabhängenden Kette fest und riefen der Mannschaft an Deck zu, erhielten jedoch keine Antwort.
    Schließlich überwanden wir unsere Angst, kletterten an der Kette hinauf und standen an Deck eines Schiffes, das so eigenartig war, dass seit vielen langen, stürmischen Jahrhunderten gewiss kein Mensch ein ähnliches betreten hat.
    »Das ist keine Galeere der Berber!«, murmelte Joe ängstlich. »Siehst du, wie alt sie aussieht? Die fällt ja beinahe auseinander. Sie ist ziemlich verrottet!«
    Es befand sich niemand an Deck oder an dem langen Steuerriemen. Wir schlichen zum Schiffsraum hinüber und blickten über die Treppe hinunter. Wenn jemals ein Mensch am Rande des Wahnsinns stand, dann ganz gewiss wir beide in jenem Moment. Denn dort saßen in der Tat Ruderer auf den Ruderbänken und zogen die knarrenden Riemen durch das graue Wasser. Aber diese Ruderer waren Skelette!
    Kreischend rannten wir über das Deck – in unserer Panik wollten wir ins Meer springen. Aber kurz vor der Reling stolperte ich und fiel kopfüber zu Boden. Ich lag auf den Planken und sah etwas, das mich meine Angst vor dem Schrecken unter Deck für einen Augenblick vergessen ließ. Offensichtlich war ich über den Körper eines Menschen gestolpert, und im düster-grauen Licht, das langsam über die Wellen im Osten zu uns kroch, sah ich, dass der Griff eines Dolches zwischen seinen Schulterblättern steckte.
    Joe stand an der Reling und drängte, ich solle mich beeilen, und gemeinsam rutschten wir an der Kette wieder hinab und lösten die Leine.
    Abwartend trieben wir in der Bucht dahin. Die finstere Galeere ruderte unbeirrt weiter und wir folgten ihr, langsam und staunend. Sie schien direkt auf den Strand neben dem Pier zuzusteuern, und als wir näherkamen, erkannten wir, dass der Kai voller Menschen war. Ohne Zweifel hatten sie nach uns gesucht, und nun

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