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Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Titel: Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
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Narr gilt. Du hast deinen teuflischen Stempel auf dieser Gegend hinterlassen; Gott allein weiß, wie viele Seelen du geraubt, wie viele Menschen du heute Nacht in den Wahnsinn getrieben hast. Die Alten erzählten sich, du und deinesgleichen könntet an Land nur in Menschengestalt Böses tun. Fürwahr, du hast die Söhne der Menschen getäuscht, du bist durch anständige, hilfsbereite Hände in ihre Mitte gelangt – durch Männer, die nicht wussten, dass sie ein Ungeheuer aus den Tiefen des Meeres trugen.
    Nun hast du deine schändlichen Taten vollbracht, und schon bald wird die Sonne aufgehen. Du musst vor Sonnenaufgang tief unter den grünen Wassern sein und dich in den verfluchten Höhlen aalen, die kein menschliches Auge je erblickt hat, es sei denn, im Tode. Dort liegen der Schutz und die Sicherheit der See – doch ich allein stelle mich dir in den Weg.«
    Er rauschte wie eine turmhohe Welle auf mich zu, und seine Arme wickelten sich wie grüne Schlangen um meinen Körper. Ich wusste, dass sie mich zerquetschen wollten, und dennoch fühlte ich mich, als würde ich ertrinken – und mit einem Mal verstand ich den Ausdruck auf Michael Hansens Gesicht, der mich so verwirrt hatte: Es war der Ausdruck eines Ertrinkenden gewesen.
    Ich blickte in die unmenschlichen Augen des Ungeheuers, und es kam mir vor, als starrte ich in die unbekannten Tiefen sämtlicher Ozeane – entsetzliche Untiefen, in die ich jeden Moment stürzen, in denen ich ertrinken würde. Und ich spürte Schuppen …
    Der Dämon packte mich an Nacken, Arm und Schulter und bog mich nach hinten, um mir die Wirbelsäule zu brechen. Aber ich rammte ihm mein Messer in den Körper – einmal, zweimal, und immer wieder und wieder. Er brüllte laut auf – das einzige Geräusch, das ich je von ihm gehört habe – das wie das Donnern der Wellen klang, die an den Felsen brechen. Er hielt mich so fest umklammert, dass ich glaubte, ich befände mich hundert Faden tief im grünen Wasser, so schwer lastete der mächtige Druck auf mir. Dann, als ich erneut zustach, ließ er endlich von mir ab und blieb gekrümmt im Sand liegen.
    Für eine Weile ringelte er sich vor mir, bis er reglos liegen blieb. Er hatte bereits begonnen, sich zu verändern. Meermenschen nannten die Alten ihn und seinesgleichen, und sie wussten, dass diese Wesen über seltsame Fähigkeiten verfügten – so können sie beispielsweise die Gestalt eines Menschen annehmen, wenn sie von den Händen seiner Mitmenschen aus dem Meer gezogen werden. Ich beugte mich hinab und riss der Kreatur die menschliche Kleidung vom Leib.
    Dann fielen die ersten Strahlen der Sonne auf die schleimige, vermodernde Masse aus Meeresalgen, aus der mich zwei grauenhafte, tote Augen anstarrten – am Rand des Meeres lag ein formloser Haufen, den die erste große Welle wieder dorthin tragen würde, wo er hergekommen war: in die jadegrüne Kälte des tiefen Ozeans.

Speer und Reißzähne
    A-æa kauerte dicht am Höhleneingang und beobachtete Ga-nor staunenden Blickes. Ga-nors Treiben interessierte sie, ebenso wie Ga-nor selbst. Was Ga-nor anging, so war er zu sehr in seine Arbeit vertieft, um sie zu bemerken. Eine Fackel steckte in einer Nische der Felswand und tauchte die geräumige Höhle in trübes Zwielicht. Ga-nor war eifrig damit befasst, Konturen an der Wand nachzuziehen. Mit einem Stück Feuerstein kratzte er den Umriss heraus und füllte dann die Gestalt mit einem in Ockerfarbe getunkten Zweig aus. Das Ergebnis war grob, zeugte jedoch von echtem künstlerischen Genie, das nach Ausdruck strebte.
    Es war ein Mammut, das er abzubilden versuchte. Die kleine A-æa bekam ganz große Augen vor Staunen und Bewunderung. Wunderschön! Was machte es denn schon aus, dass dem Tier ein Bein fehlte und es keinen Schwanz hatte? Stammesangehörige, die sich gerade aus der äußersten Barbarei emporkämpften, waren die Kritiker, und für sie war Ga-nor ein früher Meister.
    Aber A-æa hatte sich nicht zwischen den kargen Büschen vor Ga-nors Höhle versteckt, um die Nachbildung eines Mammuts zu betrachten. Die Bewunderung für das Gemälde war nichts im Vergleich zu dem Blick größter Verehrung, mit dem sie den Künstler bedachte. Ga-nor war nämlich auch sehr angenehm anzuschauen. Groß gewachsen war er und ragte gut und gern 1,80 Meter auf, schlank, mit mächtigen Schultern und schmalen Hüften, die Statur eines Kämpfers. Hände und Füße waren lang und dünn und seine Gesichtszüge, die der flackernde Fackelschein im Profil

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