Vollmachten unbegrenzt
ironischen Blick auf Hannibal. Es war klar ersichtlich, daß sie ihn als Brennpunkt meiner Verlegenheit erkannt hatte.
In meinen Gefühlen herrschte ein Chaos, als ich das Zimmer verließ. Als der Kleine die Tür geschlossen hatte, ging er vorsichtshalber hinter dem Eckpfeiler des Treppenhauses in Deckung.
»Du siehst in mir ein schwaches Individuum«, sagte er rasch. »Keine Gewalttaten bitte.«
Dann schlug ihm die auffliegende Tür des großen Aufzuges gegen die Rippen. Ich konnte meine Schadenfreude nicht verheimlichen. Der Anprall war ziemlich heftig, und der Kleine schimpfte lautstark. Ein junger Arzt entschuldigte sich. Die ihn begleitende Schwester schob ein wuchtiges Gerät in den Gang. Es handelte sich um ein supermodernes Ultraschall-Schneidemesser, mit dem seit Jahren anstelle des veralteten Skalpells Körper- und Schädelöffnungen mit unglaublicher Präzision vorgenommen wurden.
Der Arzt und die Schwester verschwanden im benachbarten Zimmer. Nach diesem Zwischenfall machten wir uns auf den Weg zu unserem Hubschrauber.
Als wir ihn schon fast erreicht hatten, vermißte ich meine Mütze. Sie hing noch im Zimmer der interessanten Patientin. Diesmal blieb Hannibal zurück, und ich hatte einen guten Grund, nochmals ihren Raum aufzusuchen.
Als ich eintrat, zeigte sie schon lachend auf die Ablage.
»Man soll sich niemals zu sehr beeilen«, meinte sie. »Haben Sie Ihren kleinen Freund wieder mitgebracht?«
Ich schüttelte betont den Kopf. Dann hörte ich das helle Heulen eines anlaufenden Gerätes. Es mußte der Ultraschallschneider im Nebenraum sein.
Als ich gehen wollte, lagen die Töne längst über zwanzigtausend Hertz. Diese Frequenz kann man nicht mehr hören.
Ich winkte Gundry Ponjares noch zu, und da bemerkte ich plötzlich ihr zuckendes Gesicht. Sie lag mit geschlossenen Augen im Bett, während ihre Hände sich allmählich verkrampften.
»Was ist denn?« fragte ich erschreckt.
Sie antwortete nicht, sondern preßte statt dessen die Hand auf die noch frische Operationswunde. Ich eilte hinaus und rief eine vorübergehende Schwester an, die sofort einen Arzt alarmierte. Von da an durfte ich nicht mehr ins Zimmer.
Ich überlegte krampfhaft. Offensichtlich hatte sie überraschend heftige Schmerzen verspürt. Ob der Ultraschall der Auslösungsfaktor gewesen war?
Ich ging rasch zur Männerstation hinüber und erkundigte mich bei Doktor Presped.
»Schon möglich«, meinte er fahrig. Er hatte viel zu tun. »Ich sehe mir die Wunde noch einmal an. Das Gewebe kann auf energiereichen Ultraschall heftig reagieren, wenn der Schallstrahl nicht genau abgegrenzt wird. Der junge Arzt wird mit dem Schallfenster in der Gegend herumgefummelt haben. Jetzt glauben Sie wohl wieder, daß sie doch ein ›Ding‹ ist, wie? Major, machen Sie mich nicht verrückt! Ich habe die Frau selbst operiert. Das ist ein Mensch! Wie oft soll ich Ihnen das noch beteuern?«
Ich ahnte, daß ich nur deshalb so zweifelte, weil ganz andere Gefühle für Gundry Ponjares in mir erwacht waren. Ich wollte Gewißheit haben und außerdem mein Gewissen als GWA-Agent beruhigen. Deshalb gab ich ihm den Befehl, mit einer passenden Ausrede ihre Großhirnfrequenzen zu testen und die Daten mit den vorliegenden Angaben zu vergleichen.
Im Bunker angekommen, widerrief ich die Anweisung, da sich bei der Durchsicht der Vorschriften ergeben hatte, daß nur der Sicherheitschef persönlich einen solchen Test anordnen konnte. Wäre es also geschehen, hätte ich ihr direkt eine Erklärung geben müssen, und das war unmöglich.
Hindernisse über Hindernisse türmten sich auf. Nicht einmal in ihrem Fall konnte ich eine solche Untersuchung
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