Vom Geist der Dorsai
drehte sich der Dorsai um und trug seinen Truppenkommandeur ins Innere der Rekonvaleszenzstation. Ich folgte ihm.
Drinnen traten wir in einen langen Korridor mit hin und her eilendem Krankenhauspersonal. Chu stand einige Meter entfernt an einer Tür auf der linken Seite des Gangs; er überragte die Leute zwischen uns um einen halben Kopf. Charley schritt mit Kensie in den Armen auf den anderen Kommandeur zu.
Chu trat zur Seite, als Charley ihn erreichte. Die Tür schwang automatisch auf, und Charley trat in ein Zimmer, in dessen Mitte ein Operationstisch stand; an den Wänden zogen sich sterile Vitrinen entlang, in denen Medikamente und medizinisches Gerät untergebracht waren. Charley legte Kensie vorsichtig auf den Tisch, der für seinen großen Körper beinah zu kurz war. Er streckte die langen Beine, hob die Arme an und plazierte die Hände auf den Oberschenkeln. Auf der Vorderseite seiner Jacke, in Brusthöhe, war eine Reihe von kleinen roten Flecken zu erkennen; weitere Anzeichen von Verletzungen gab es nicht. Kensie hatte die Augen geschlossen.
„In Ordnung“, sagte Charley. Er ging voran und trat wieder in den Korridor hinaus. Chu verließ das Zimmer als letzter, drehte sich um, schloß die Tür und zog seine Waffe.
„Was geht hier vor?“ rief jemand in meiner Nähe und schob sich an mir vorbei auf Chu zu. „Das ist ein Operationsraum für Notfälle. Sie können doch nicht …“
Chu justierte seine Waffe auf geringe Energieabstrahlung und verwandelte das Türschloß in Schlacke. Eine ziemlich grobe, aber durchaus wirksame Methode, um sicherzustellen, daß der Raum von niemandem geöffnet werden konnte, der nicht über einen industriellen Hochleistungs-Schweißbrenner verfügte. Der Mann, der sich gerade zu Wort gemeldet hatte, war mittleren Alters, trug einen grauen Oberlippenbart und die kurze grüne Jacke eines Chefarztes. Ich unterbrach ihn und lenkte seine Aufmerksamkeit von Chu ab.
„Doch, das kann er“, sagte ich, als er sich umwandte und mich zornig anstarrte. „Wissen Sie, wer ich bin? Mein Name ist Thomas Veit, und ich bin der hiesige Polizeidirektor.“
Er zögerte und wurde ein wenig ruhiger – aber nur ein bißchen.
„Ich weise Sie dennoch darauf hin …“ setzte er an.
„Kraft meines Amtes“, sagte ich, „ernenne ich Sie hiermit zum zeitweiligen Hilfspolizisten – und damit unterstehen Sie meiner Befehlsgewalt. Sie sorgen dafür, daß niemand in diesem Krankenhaus die Tür dort zu öffnen versucht und das Zimmer betritt, bevor eine entsprechende polizeiliche Genehmigung vorliegt. Ich mache Sie persönlich dafür verantwortlich. Haben Sie verstanden?“
Er sah mich an und zwinkerte. Aber bevor er noch ein Wort erwidern konnte, ertönte erneut eine Stimme, und wieder drängte sich jemand an uns heran. Es war Pel, der zu uns stieß, und er zerrte buchstäblich einen Mann hinter sich her, der ebenfalls die grüne Jacke eines Arztes trug.
„Hier!“ rief Pel. „Genau hier. Bringen Sie das Lebenserhaltungs…“
Er brach ab, als er Chu erblickte.
„Was ist los?“ sagte er. „Was geht hier vor? Ist Kensie dort drin? Warum ist die Tür verschlossen …?“
„Pel“, sagte ich und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Pel!“
Schließlich spürte er meinen Griff und vernahm meine Worte. Er wandte mir das Gesicht zu, und Zorn funkelte in seinen Augen.
„Pel“, sagte ich langsam und deutlich und ganz ruhig. „Er ist tot. Kensie. Kensie ist tot.“
Pel starrte mich an.
„Nein“, gab er gereizt zurück und versuchte, meine Hand abzustreifen. Ich hielt ihn fest. „Nein!“
„Tot“, wiederholte ich und sah ihn durchdringend an. „Tot, Pel.“
Seine Augen erwiderten meinen Blick, schienen sich dann zu trüben und starrten in die Ferne. Nach einer Weile sah er mich wieder an, und ich gab ihn frei.
„Tot?“ wiederholte er. Es war kaum mehr als ein Flüstern.
Er trat zur Seite und lehnte sich an die weißgetünchte Korridorwand. Eine Krankenschwester wollte sich um ihn kümmern, doch ich hielt sie mit einem Handzeichen zurück.
„Überlassen Sie ihn einen Augenblick lang sich selbst“, sagte ich. Dann wandte ich mich wieder den beiden Dorsai-Offizieren zu, die nun die Tür dahingehend prüften, ob sie wirklich nicht mehr geöffnet werden konnte.
„Wenn Sie mich zur Polizeizentrale begleiten“, sagte ich, „dann können wir die Fahndung nach demjenigen einleiten, der die Tat verübte.“
Charley warf mir einen kurzen Blick zu. Sein Gesicht drückte nun
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