Vom Wispern der Waelder und vom Wesen des Wanderns
ich.
„79 Euro pro Person. Ist teuer, gell?“
„Du liebe Güte. Gibt’s denn noch was anderes?“
„Ja, in der Altstadt oben, aber da müssen S’ noch a Stückl weiter.“
Die Kellnerin ist absolut freundlich und hilfsbereit. Sie nennt uns zwei preiswerte Gasthöfe und zeichnet uns sogar den Weg auf. Die ganze Latscherei hätten wir uns sparen können, wenn wir gleich, noch vor der Donau, jenen steilen Weg genommen hätten, den wir uns angesichts unserer müden Knochen ersparen wollten.
Die Altstadt ist herrlich. Wunderschöne, alte Häuser säumen eine lange, ansteigende Gasse, an deren Ende, gegenüber einer Kirche, unser Hotel steht. Wir buchen zwei Zimmer für je 33 Euro und machen uns dann auf die Suche nach einem Biergarten, landen aber schließlich wieder dort, wo wir ursprünglich übernachten wollten.
Jetzt sitzen wir unter einem Baum, haben jeder eine Maß Bier vor sich und stoßen auf die Etappe an. Ich bin kaputt, das Bier schmeckt köstlich, und als wir das Glas ausgetrunken haben, bin ich bereits betrunken. Ich mag nicht mehr kommunizieren, nicht aufstehen und zurücklaufen schon gar nicht. Besser ist es jedoch, in der Nähe unseres Hotels zu essen, als hier zu versacken und dann auf allen Vieren nach Hause zu kriechen.
Martin schreitet vorweg, und ich wanke hinterher. Als wir dann das Hotel erreichen, geht’s wieder einigermaßen, und wir plumpsen in zwei Korbstühle, die an einem freien Tisch vor dem Gasthof stehen. Wir sind in Schwaben. Die Sprache erinnert mich daran und die Speisekarte auch: Maultaschen, Käsespätzle und noch einiges mehr, das ich nicht kenne.
Dann wollen wir mal die regionale Küche verköstigen und ihrer Kochkunst vertrauen. Wir bestellen original schwäbische Maultaschen, und so schmecken sie auch: originell und gewöhnungsbedürftig. Der Teig ist noch okay, aber die Füllung aus Brät, Spinat, Zwiebeln und eingeweichten Brötchen gefällt mir nicht. Da fehlt die Würze, und das Ganze ist mir zu breiig. Leidlich satt wende ich mich dem nächsten Bier zu, und wir beide bestellen noch einen Kräuterschnaps, um den Magen ruhigzustellen, und dann noch einen, weil er sich von dem einen nicht hat beruhigen lassen.
Eigentlich müsste ich noch was essen, aber irgendwie ist mir nicht wohl. Nach dem nächsten Bier verfehle ich bei dem Versuch, mich mit dem Ellenbogen auf der Tischplatte abzustützen, mein Ziel, erwische nur die Kante und rutsche ab. Der Oberkörper schnellt nach vorn und mein Kopf stößt gegen das Bierglas. Ein Schwall Flüssigkeit schwappt heraus und platscht vor Martin auf den Tisch. Im Kippen erwische ich das Glas gerade noch mit der linken Hand, sonst wäre der Rest auf Martins Schoß gelandet. Puh – das ist gerade nochmal gutgegangen! Verstohlen schaue ich mich um, ob jemand uns beobachtet. Aber es ist alles im grünen Bereich, die Leute sind mit sich beschäftigt. Martin will noch einen Schlenderschluck – also noch ein Bier! Hau rein, Wolfgang, das wird das letzte diesseits der Donau sein.
Martin verschwimmt und sitzt nun zweimal da – ineinander verschoben, und wenn ich ihn fixiere, kippt mir sein Bild aus den Augen.
Wolfgang, du bist betrunken, das erste Mal auf dieser Tour und ausgerechnet hier, wo so viele Menschen rumsitzen. Wie schaffe ich es bloß, ohne Ausfallschritte die Hoteltür zu erreichen. Es sind nur etwa sieben Meter, aber die erscheinen mir unüberwindbar.
„Martin, ich muss ins Bett. Ich bin betrunken. Geh mal dicht hinter mir, vielleicht musst du mich ja auffangen.“
Mit einem Schluck kippt er sich den Rest seines Bieres hinunter.
„Kannst meins auch noch trinken, hier.“
Schwupp, hast du nicht gesehen, ist auch mein Glas leer.
Jetzt muss es sein. Ich schiebe mich aus dem Stuhl und gehe kerzengerade in einer leichten Kurve auf den Hoteleingang zu, so staksig, dass man den Eindruck gewinnen könnte, ich sei gehbehindert. In der Tür knickt dann doch mein eines Bein weg, und ich krache gegen die Zarge. Martin ist hinter mir, will mir helfen, aber mit einem tapsigen Ausfallschritt flüchte ich mich in den Flur und bin in Sicherheit.
Als ich nachts gegen halb elf aufwache, liege ich in voller Montur auf meinem Bett. Ich habe sicherlich eine gute Stunde geschlafen, es war noch nicht spät, als wir zusammen hochgingen.
Also, das war nicht beabsichtigt. Es waren die Hitze, die Anstrengung, der wenige Schlaf und wohl ein Bier zu viel. Meine Güte, wir trinken immer gern unser Bier, auch zwei, manchmal drei, wenn wir den
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