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Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition)

Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition)

Titel: Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achill Moser , Wilfried Erdmann
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Fernsehen, keine Freunde, keine Kneipe, um sich abzureagieren. Daher galt der Grundsatz: Wenn man gut isst, fühlt man sich auch gut.
    Essen ist mehr als bloße Nahrungsaufnahme. Nur Bücherlesen kommt dem gleich – eben weil man dann nicht nur an Segeln, an Meilen und an Wetter denkt, sondern auf total andere Gedanken kommt.
    Man muss nicht kochen können, um sich auf Ozeanfahrt gesund zu ernähren. Meine Grundprodukte habe ich bereits genannt: Reis, Pasta, Mehl, Haferflocken, Dörrobst. Und Zwiebeln, wobei sehr viele Menschen, wenn ich davon erzähle, die Nase krausziehen. Dabei sind Zwiebeln die einzige »grüne« Nahrung, die sich an Bord frisch hält. Zudem sind Zwiebeln eine Schutznahrung, die mich beim Segeln mit Mineralien, Ballaststoffen und Vitaminen versorgt.
    Meine Rezepte waren zwar einfach, aber nicht einfältig. Ich kochte, soweit möglich, grundsätzlich für zwei Tage, und die meisten meiner Rezepte eigneten sich dafür. Reis und Gulasch zum Beispiel. Reis trocken kochen, das heißt auf eine Tasse Reis zwei Tassen Wasser verkochen, dann ist der Reis locker und fest zugleich. Das Gulasch, von meiner Frau in Gläsern eingekocht, brauchte ich nur zu öffnen und in den Topf mit den leicht gedünsteten Zwiebeln zu schütten. Oder es gab Spaghetti mit einer Tomatensoße. Die kochte ich hauptsächlich mit Olivenöl und Soßen von La Vialla, hervorragenden Bioprodukten aus der Toskana.
    Ich habe auch Industrieprodukte in Dosen und Tüten aus dem Supermarkt gebunkert: Gemüse, Früchte, Suppen, Würstchen und das allseits bekannte Corned Beef. Ich weiß, das sind eigentlich keine natürlichen Nahrungsmittel, sondern denaturierte. Aber ein Reisender übers Meer kann nicht vollständig auf sie verzichten.
    Auf meiner Nonstop-Fahrt in den Jahren 2000/2001 kostete mich meine Ernährung im Monat ungefähr 200 Mark. Sie bestand aus einer – für mich – guten Mischung: roh, konserviert, getrocknet und von meiner Frau eingekocht.
    Kochen an Bord muss keine Quälerei sein. Ich habe monatelang bei steter Schräglage und schweren Stürmen tapfer durchgehalten und am Kochtopf gestanden. Nicht ununterbrochen, aber eine Mahlzeit zuzubereiten dauerte in der Regel dreimal so lange wie im Landleben. Nicht nur das Schiff, auch der Kocher bewegte sich und mit ihm alles, was in Topf und Pfanne war. Ich hatte Tage, wo ich im Spreizschritt vor meinem Petroleumkocher stand, mich mit einer Hand festhielt und mit der anderen versuchte, Zwiebeln zu schälen und in Scheiben zu schneiden. Bald standen mir dabei Schweißperlen auf der Stirn. Aber ich hielt durch, denn einfach eine Dose aufmachen kam gerade in solchen Situationen nicht in Frage. »Solange ich noch etwas Warmes in den Bauch kriege, bedeutet das Wetter noch nicht das Ende.« An diesem Leitsatz in der Kochecke habe ich mich orientiert.
    Und wie haben Sie das notwendige Wasser ergänzt? Sie konnten wohl nicht alles mit auf die Reise nehmen? Auch mit solchen Fragen hatte ich mich nach der Fahrt auseinanderzusetzen. Klar: Ich konnte nur 300 Liter in zwei Tanks bunkern. Das reichte für ein Drittel der Nonstop-Fahrt. Ich war also auf Regen angewiesen.
    Wer in Passatzonen segelt, kann seinen Wasservorrat in der Regel durch heftige Schauer auffüllen, indem er ein Tuch spannt, alternativ mithilfe der Segel. Gewöhnlich gibt es auch in den Mallungen viel Regen – sie haben mich diesbezüglich noch nie enttäuscht. Nach den ersten paar Minuten mit richtigem Regen war das Segel salzfrei und sauber und das Wasser somit ideal zum Auffangen. In den hohen Breiten im Südpolarmeer war es problematischer. Der Regen kam meist bei zu viel Wind, sodass das Wasser mit Salz durchsetzt und somit unbrauchbar war. Gut zum Waschen, aber zu mehr nicht.
    Mein Trinkwasserverbrauch auf der langen Fahrt lag bei drei Litern pro Tag. Darin eingeschlossen: Wasser für Getränke, Wasser zum Kochen, Wasser für Gesicht und Kameraobjektive.
    Einmal war mein Wasservorrat auf 20 bis 25 Liter gesunken und Tausende von Meilen in allen Richtungen kein Hafen. Das war die Gelegenheit, mal auszuprobieren, wie es ohne Trinken geht. Nach zwei Tagen war ich dermaßen durstig, dass der Körper protestierte und ich keinen anderen Gedanken fassen konnte als – trinken, trinken. Fürchterlich. Aus Verzweiflung brach ich mein Experiment ab und betete: Lass es regen. Und ein Wunder geschah: Anderntags schüttete es vom Himmel. Das Wasser schmeckte herrlich kühl – besser als ein Vin d’Alsace.

Dschingis

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