Von Göttern und Dämonen: Am Anfang war der Nebel (Erstes Buch)
sich aber relativ schnell zügeln. Ina fing aus Leibeskräften an zu schreien. Sie ballte die Fäustchen, Ihr Gesicht lief rot an und sie kniff die Augen zusammen. Christine gab sich alle Mühe, konnte sie aber nicht beruhigen.
„Die Wölfe. Sie jagen“, sagte Thor mit ausdruckslosen Augen und schaute sich um.
„Skalli und Hati?“, fragte Alex atemlos.
„Bist du ein Seher?“ , entgegnete Thor. „Ja, es sind Skalli und Hati. Sie sind frei.“
Alex wusste, was das zu bedeuten hatte. Elias und Christine sahen sich fragend an, während Ina immer noch aus Leibeskräften brüllte.
Der Untergang dieser Welt hatte begonnen.
„Sieh!“ , sagte Thor und zeigte auf die tief stehende Sonne. Alle wandten sich dorthin. Die Silhouette eines großen, schwarzen Wolfes war am Himmel zu sehen. Er rannte heulend mit großen Sprüngen über das Firmament auf die Sonne zu. Er riss sein Maul weit auf und verschlang die Sonne. Es wurde dunkel und still.
Ragnarök!
Sie wandten sich zum Mond um. Auch hier erschien ein Wolf. „Es geht zu Ende“ flüsterte Thor. Mit grausigem Heulen verschlang das Tier den Mond mit einem Bissen. Sämtliche Helligkeit hatte den Planeten verlassen. Plötzlich fielen tausend Lichter auf die Erde nieder. Wo sie einschlugen, hinterließen sie tiefe, brennende Krater. Die Erde bebte. Es stank nach Chaos, Tod und Verderben. In ihrer unmittelbaren Nähe erfolgte ein Einschlag. Mit donnerndem Krachen grub sich das Objekt tief in die Erde, Lehm, Gras und Feuer spritzten auf und bedeckten die Freunde.
Die Pferde schrien panisch auf.
„Schnell, zum Runenstein! Ihr müsst durch das Portal!“, schrie Thor durch das Chaos und preschte voran.
Die Pferde folgten ihm in heilloser Flucht und Ina schrie vor Angst auf. Die Erde bebte noch immer. Das Feuer der Einschlagskrater wies ihnen leidlich den Weg, denn das Licht der Sonne hatte diesen Planeten für immer verlassen. Wie bei einem Bombardement schlugen überall Objekte in den Boden. So schnell, dass Ausweichen kaum möglich war. Sie flohen, sie flohen erfüllt von Panik und Schrecken.
Die Pferde vollbrachten fast Unmögliches und selbst der kleine Hengst Agnar hielt tapfer mit, fiel aber langsam zurück. Von links ertönte ein dumpfes Grollen und Rauschen. „Abdrehen! Dreht nach rechts, in Odins Namen!“, schrie Thor. Die See bebte. Und sie kam auf sie zu. Zunächst noch sehr weit weg, erhob sich eine riesige Welle landeinwärts. Objekte schlugen in das Wasser, versanken zischend in ihm und erhellten die See. Alex konnte es kaum fassen. Eine riesige, mehr als haushohe Welle drang auf sie zu. Zwar noch weit entfernt, aber beständig, schnell und furchteinflößend näher kommen überschwemmte sie das Land.
„Schneller, ihr müsst schneller reiten!“ , schrie Thor und sie trieben die Pferde an. Überall um sie herum donnerten Einschläge auf die Erde nieder. Ina brüllte aus Leibeskräften.
Das Wasser kam. Alex hörte Elias beten. Thor sah mit besorgtem Blick zurück. Sie waren zu langsam, das Wasser kam brausend seitlich auf Sie zu.
Thor hob den Hammer: „Bei Odin, dem Göttervater, befehle ich dir: Halte ein!“ Er zeigte mit dem Hammer auf die Sturmwelle.
Es donnerte, Blitze fuhren herab und versanken zischend und wirkungslos im Kamm der Welle. Immer näher, immer näher kamen die alles vernichtenden Fluten.
Die Pferde gerieten in heillose, panische Flucht, alles gebend, was sie konnten, doch es war zu wenig. Alex konnte das Seewasser schon riechen. Salziger, abgestandener, Unheil bringender Gestank aus den Tiefen der See. Schon spürte er, wie die Luft feuchter wurde, wie die Welle feinen Sprühnebel vor sich hertrieb.
Agnar scheute plötzlich und warf Elias ab. Sie parierten die Pferde durch und ritten einen Bogen zu dem auf dem Boden liegenden Elias. Agnar stand in seiner Nähe und wieherte panisch. Als sie bei ihm ankamen, war die Welle nur noch wenige Meter von ihnen entfernt. Sie würde sie verschlingen.
„Das Kind, gib mir das Kind!“, schrie Thor. Wenigstens sie konnte er in Sicherheit bringen. Christine reichte ihm die immer noch brüllende Ina. Alex sprang ab. Er zog Zakura und ging auf die Welle zu.
Nur noch zehn Meter.
„Was tut er da?“, schrie Thor.
Wei Lis Stimme erklang in Alex Kopf: „Feuer und Wasser sein dir untertan…“. Nun, was hatte er zu verlieren? Das Wasser kam mit ohrenbetäubendem Brausen auf ihn
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