Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Titel: Voodoo Holmes Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
Vom Netzwerk:
wie­der mit neu­er Ge­walt er­he­ben wird?"
    "Das ist un­zwei­fel­haft wahr, Wat­son", gab er zu­rück. "Das Böse stirbt nie, eben­so wie das Gute. Der heu­ti­ge Tag be­deu­tet für die­se Stadt das Ende der Ro­sen­herr­schaft. Ei­ni­ge Über­bleib­sel wer­den blei­ben, eine Gast­stät­te, die den Ti­tel trägt, oder ein Gar­ten, in dem Ro­sen an­ge­pflanzt wer­den, eine hi­sto­ri­sche Schicht un­ter vie­len. Es ist das wie mit den Jah­res­rin­gen ei­nes Baums. Und doch ist es un­se­re Auf­ga­be, das Böse dort, wo es mit Kraft her­an­wächst, aus­zu­rot­ten."
    "Und das Merk­wür­di­ge dar­an", füg­te ich mit ei­nem Blick auf die Men­schen an den Ne­ben­ti­schen hin­zu, "ist die Tat­sa­che, dass die­ser Kampf von der Mehr­heit der Men­schen gar nicht be­ach­tet wird."
    Ob­wohl die kör­per­li­chen Kräf­te vom Ge­nuß des Bier­es und der Wurst lang­sam wie­der­kehr­ten, hat­te mich neu­er­lich eine große Mut­lo­sig­keit be­fal­len, die ich eine spi­ri­tu­el­le Lee­re nen­nen möch­te. Warum ist es so, daß die Men­schen nicht wahr­neh­men, was um sie her­um pas­siert, daß sie die Zei­chen und Wun­der, die Tag für Tag ge­sche­hen, nicht ein­mal re­gis­trie­ren? Wie kann es sein, daß ein Groß­teil der Men­schen glaubt, ru­hig im gleich­mäßi­gen Strom des Le­bens zu schwim­men von Fei­er zu Fei­er, von Jahr zu Jahr, be­schützt vom Ring des Jah­res­krei­ses, während sie wie Bi­ber ihre Däm­me der Si­cher­heit er­rich­ten und da­bei Geld auf­stau­en, während sie nach schö­nen Frau­en die Hälse ver­ren­ken, die wie Schwä­ne ihre Schön­heit spa­zie­ren führen, während sie sich ein­mau­ern wie Mu­scheln in Pan­zer der Fühl­lo­sig­keit? Während ich den Hen­kel des Bier­es um­klam­mer­te, das man kom­men­tar­los vor mich hin­ge­s­tellt hat­te, sah ich mich ver­stoh­len im Raum um. Ein Blick in die Run­de. Über­ge­wich­ti­ge, die sich lang­wei­len. Paa­re, die ge­gen­sei­ti­ges Ver­ständ­nis mi­men, um den Zeit­punkt hin­aus­zu­schie­ben, zu dem es kracht. Ein­sa­me, für die der Al­ko­hol Er­satz da­für ist, daß sie die Rose fal­len­ge­las­sen hat und ein Grund da­für, daß Al­ko­ho­li­ker lie­ber Rot­wein sau­fen als Weißwein. Da­zwi­schen aber im­mer wie­der hoff­nungs­vol­le, at­trak­ti­ve Na­tu­ren bei­der­lei Ge­schlechts, die um Men­schen buh­len, sie wol­len An­er­ken­nung, Si­cher­heit und die Macht, die dazu not­wen­dig ist, die­se Men­schen zer­stören zu dür­fen. We­nigs­tens schmeck­te das Bier, von dem es in die­sen Brei­ten Hun­der­te von Sor­ten gibt, wahr­schein­lich 347, 348 ver­schie­de­ne Sor­ten da­von.
    Es war ein apo­ka­lyp­ti­scher Abend. Der Be­ginn der Kar­ne­vals­zeit wur­de al­ler­or­ten mit Fah­nen und Trom­pe­ten, Ra­ke­ten und Fackeln be­gan­gen, und wir wuss­ten, während wir durch das Ge­wühl un­se­re Kof­fer schlepp­ten, bald nicht mehr, ob wir ei­ner aus­ge­las­se­nen Fei­er oder ei­nem Welt­un­ter­gang bei­wohn­ten. Die Ant­wort wur­de uns kur­ze Zeit später ge­ge­ben, als wir am Bahn­hof auf un­se­ren Zug war­te­ten. Es hat­te zu Schnei­en be­gon­nen, ein güns­ti­ger Um­stand für die Stadt, die zu die­sem Zeit­punkt längst in Rauch und Ne­bel gehüllt war. An­fangs glaub­te man des­halb auch, die Flocken sei­en klei­ne ver­kohl­te Pa­pier­fet­zen und an­de­res Rauch­werk, das aus ei­nem Brand hoch­ge­schleu­dert wird, um bald wie Re­gen wie­der zu lan­den. Aber tat­säch­lich merk­te man bald, daß es dicke Schnee­flocken wa­ren. Es schnei­te bald so in­ten­siv, daß es uns wun­der­te, drau­ßen zwi­schen den Ge­lei­sen eine Frau­en­ge­stalt zu se­hen. Sie ging wie das War­ten­de eben so tun, lang­sam und mit wohl­ge­setzten Schrit­ten, als wol­le sie Di­stan­zen aus­mes­sen. Ihr Pelz­man­tel war so präch­tig, daß man schon aus die­ser Ent­fer­nung schlie­ßen konn­te, es hand­le sich ent­we­der um eine Dame aus dem Hoch­adel oder die Freun­din ei­nes Groß­in­dus­tri­el­len. Sie hat­te sich von ih­ren Be­glei­tern, äl­te­re und jün­ge­re Frau­en, die alle schwar­ze, schmuck­lo­se Klei­der tru­gen, und of­fen­bar wie Ar­beits­bie­nen, die ih­rer Kö­ni­gin zu Diens­ten

Weitere Kostenlose Bücher