Voodoo Holmes Romane (German Edition)
bedeckten, und wunderten uns umso mehr, dass darin ein Mensch mit einer Schere zugange war. Holmes trat kurz entschlossen durch die Tür, die nur angelehnt war, und sagte: "Guten Abend, Göttin."
Das Mädchen mit dem kurzen, dunklen Haar, das wir aus der Gruft kannten, drehte sich um. Ihr Gesicht hätte im milden Kerzenschein noch als kindlich gelten können, doch wer genauer hinsah, merkte, dass sie keineswegs jung war, wenn auch von mädchenhafter Gestalt. Ihre Stimme war etwas heiser und sehr milde, als sie antwortete: "Ich habe Sie schon erwartet, meine Herren. Setzen Sie sich doch."
Ich erblickte in der Mitte des Gewächshauses einen Gartentisch und mehrere Stühle. Er war vor langer Zeit gedeckt worden, und es war alles da: Eine Teekanne aus Porzellan, Becher, Teller, Löffelchen und Messerchen, alles recht ordentlich aufgelegt, aber von einer langjährigen Staubschicht bedeckt. Unsere Gastgeberin rückte uns den Stuhl zurecht, und wir setzten uns folgsam hin. Was dann kam, hatte ich nicht erwartet: Aus der Kanne floss eine dicke, rote Flüssigkeit in meine Teeschale. Der Geruch von Blut drang augenblicklich in meine Nase, und auch Holmes war sichtlich blass geworden, als er fragte: "Ich glaube, ich kannte den Spender dieses edlen Saftes."
Unsere Gastgeberin, die mir am Tisch schräg gegenübersaß, hatte die zierlichen Beine fein nebeneinandergestellt, saß mit geradem Rücken da und nippte an ihrem eigenen Schälchen, als handle es sich dabei um den feinsten englischen Tee. Ihr Gesicht war mir anfänglich im Schein der Kerze, die sie auf den Tisch gestellt hatte, etwas bleich erschienen. Nun aber fühlte sie sich sichtlich wohl, und man merkte das am rosigen Schein ihrer Wangen.
"Erfüllt dieses Getränk überhaupt das Reinheitsgesetz?" fragte Holmes, der davon noch nicht gekostet hatte. "Soweit mir bekannt war, litt der Mann, dem es gehörte, an einer tödlichen Krankheit, die, wie Dr. Koch schreibt, infektiös wirkt."
"Eine Krankheit würde ich es nicht nennen, womit ich Bruder Eilfried belegte", sagte sie, "und ich würde es auch keinen Fluch oder Bann nennen. Es ist ein Zauber, der wie jeder Zauber, auch tödlich enden kann."
An dieser Stelle eine kleine Anmerkung: Ich kann für Einzelheiten dieses Gesprächs nicht bürgen, da es auf Deutsch statt fand, aber ich will versuchen, soweit ich mir seinen Sinn zusammenreimte, einen inhaltlichen Überblick zu geben. Das Verständnis wurde dadurch erschwert, dass die Dame Fränkisch sprach, ein deutscher Dialekt, bei dem Vokale vertauscht und Wörter mitunter mit dem Kürzel -la ergänzt werden, was einen niedlichen Effekt hatte, der in dieser Situation leicht bizarr wirkte.
"Und was bewirkt dieser Zauber?" fragte Holmes weiter.
"Bei dem, der ihm unterliegt, Besessenheit. Bei der, die ihn ausübt, Macht."
"Dann waren Sie es also, Gnädigste, die meinen Freund Dr. Watson hier mit seinem Rosenwahn belegte?"
Obwohl dieses Gespräch beiläufig geführt wurde, hatte man dabei doch den Eindruck, als wäre Holmes der Jäger, und die Dame, die sich zunehmend verjüngte und längst wieder als Backfisch vor uns saß, fühle sich in eine Ecke getrieben. Ihre Augen waren schwarz wie die Augen mancher Vögel, und ähnlich ausdruckslos.
"Er wurde mit einem Bann belegt, das ist wahr. Sehen Sie", sagte sie, und hob überraschend einen Stoffhut, der auf dem Tisch stand und den ich für einen Eierwärmer gehalten hatte. Darunter verbarg sich ein kleiner Käfig mit einer Porzellanfigur, die mir gewissermaßen ähnelte, und die von wirklichen Rosenranken umgeben war, und das so sehr, dass er sich nicht rühren konnte. Daneben stand ein weiterer Käfig mit einer Figur, die Holmes ähnelte. Allerdings war es nicht der jüngere Holmes, der vollere Lippen und eine
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