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Vorsicht Nachsicht (German Edition)

Vorsicht Nachsicht (German Edition)

Titel: Vorsicht Nachsicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. C. Lelis
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festgestellt. Seitdem darf ich ihr immer helfen. Davor hätte sie es nicht zugelassen. Allein aufgrund meines Geschlechts. Aber da ist ja laut ihr ohnehin nicht mehr viel zu retten.
    »Was flüstern du und Ines denn da die ganze Zeit?«, will sie wissen, als sie mir die Schüsseln füllt, die ich rüber tragen soll. Kartoffeln, Gemüse und irgendeinen Braten mit Soße. Das Lieblingsessen meines Großvaters.
    »Nichts Wichtiges«, weiche ich aus. »Nur etwas wegen Torben.«
    »Wie läuft das Studium?«
    »Gut.«
    »Wann bist du fertig?« Es sind immer dieselben Fragen.
    »Noch vier Semester.«
    »Du hättest Jura studieren sollen wie dein Vater.«
    »Ich bin zufrieden.« Damit trage ich die ersten beiden Schüsseln in die gute Stube, wo der Esstisch aufgebaut ist. Meine Großmutter folgt mir mit dem Braten und überlässt es mir, die Soße und das restliche Zeug zu holen, während sie von den anderen überschwänglich für das Essen gelobt wird. ‚Sieht toll aus, Mutter. Das hätte Vater bestimmt auch geschmeckt‘. Der übliche Scheiß eben. Ich will zurück zu Kilian. Vielleicht sollte ich mir doch ein Handy anschaffen. Dann könnte ich ihn jetzt heimlich anrufen. Aber nein, das ist Unsinn. Sicherlich würde ich ihn damit nerven und er hätte ruckzuck die Schnauze voll von mir.
    Nach dem Essen sitze ich schweigend in einer Ecke und lausche den oberflächlichen Gesprächen. Ich muss auch noch Walter erzählen, dass mein Studium gut läuft und ich in vier Semestern fertig bin. Mein Onkel erkundigt sich sogar nach den Studiengebühren. Aber nicht danach, wie ich sie bewältige. Anscheinend geht er davon aus, dass meine Eltern mir das Geld geben. Nein, ihn interessiert, wie die Uni sie ausgibt. Da muss ich passen.
    »Ich habe noch nichts von dem zusätzlichen Geld bemerkt.«
    Das empört den guten Walter sehr. Er schimpft eine Weile rum und appelliert an mich, dass ich doch in die Universitätspolitik einsteigen sollte. Erfolglos. Ich habe kein Interesse an Zusatzarbeit. Mein vorrangiges Ziel ist, schnell mit dem Studium fertig zu werden und dann wegzuziehen. Ich weiß noch nicht, wohin. Hamburg hört sich gut an. Berlin wäre auch okay. Da ist jetzt dieser Jeremy… Na, dem werde ich wohl kaum über den Weg laufen. Es sind ohnehin noch zwei Jahre. Unwahrscheinlich, dass das zwischen Kilian und mir so lange hält. Sicher hat er bis dahin längst bemerkt, was für ein Langweiler ich bin. Aber wer weiß… Bei dem Gedanken bekomme ich heiße Ohren.
    »Ruben! Oma hat dich etwas gefragt!« Die anklagende Stimme meiner Mutter dringt an meine erröteten Sinnesorgane. Ich weiß gar nicht, ob ihre Stimme in den letzten vier Jahren jemals einen anderen Tonfall hatte.
    »Hm?«, schrecke ich auf und blicke etwas verwirrt in die Runde.
    »Ob du dich noch an Opa erinnerst.«
    »Nein.« Genauso wenig wie letztes Jahr. Himmel, ich war erst vier, als er gestorben ist. Mein Gehirn war noch gar nicht für solche Verarbeitungsprozesse ausgelegt.
    »Er hat immer so lieb mit euch gespielt. Mit Torben und dir.«
    »Hm«, murmle ich und versuche möglichst nett und aufmerksam zu klingen. Das Gespräch driftet wieder ab und ich falle in meine Träumerei zurück.
    Vielleicht kann ich doch heute Abend noch zu Kilian. Nein, ich sollte wirklich lernen. Aber ich könnte ihn kurz anrufen. Wobei mir dann sicher nicht einfällt, was ich sagen soll. Übers Telefon anschweigen ist auch dumm. Dennoch würde ich gerne seine Stimme hören. Was macht er jetzt wohl?
    »Man könnte fast meinen, er ist verliebt. So ein nettes Gesicht macht dein Sohn sonst eher selten.«
    Ich schrecke auf, als ich die Aufmerksamkeit von Mutter und Tante auf mir spüre.
    Erstere nickt nüchtern. »Ein Mann hat ihn heute Morgen mit dem Auto bei uns abgesetzt. Schien schon älter zu sein. Aber Ruben wollte nichts erzählen.«
    »Oh, tatsächlich?« Ines lächelt mich raffiniert an. »Hat der werte Herr etwas mit dem Streit zwischen dir und Torben zu tun?«
    Ich rutsche nervös auf meinem Stuhl herum, nicke dann aber flüchtig. Nach diesem kleinen Zugeständnis hat Ines endgültig Blut geleckt. Indem sie immer weiter nachhakt, zieht sie mir noch ein paar weitere Informationen aus der Nase. Am Ende kennt sie sogar Kilians Namen, Beruf, Alter und weiß, dass wir seit gestern zusammen sind. Mit einem breiten Grinsen lässt sie mich schließlich in Ruhe und geht zu ihrem Mann zurück. Gleich wissen es alle.
    Schon spüre ich ein nervöses Zucken in meinen Augenlidern. Ich hasse es, so

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