Voyager 008 - Cybersong
Kammer des Toten. Dutzende von
Kontrollzapfen zeigten sich in der Mulde.
Vor dem Kommandosessel erstreckte sich ein großer
Bildschirm an der Wand, der nur graues Nichts zeigte. Andere
Stationen umgaben den Platz des Kommandanten und ähnelten
dem ›Schreibtisch‹, den Tom zuvor so interessant gefunden
hatte. Die Muster aus Zapfen und kristallenen Vorsprüngen
unterschieden sich voneinander. Paris streckte die Hand aus –
und ließ sie dann wieder sinken, ohne etwas zu berühren. Er
erkannte die Bedeutung der einzelnen Stationen, fühlte sich
plötzlich wie zu Hause: Dies war die Brücke eines
Sternenschiffes.
»In Hinsicht auf die Brückenstruktur sind nicht sehr viele
Variationen möglich«, sagte er. »Ich wette, die
Navigationsstation befindet sich vorn, während die Kontrollen
der Lebenserhaltungssysteme im rückwärtigen Teil
untergebracht sind.«
»Was ist mit den Waffen?« fragte Harry Kim, dessen
Aufmerksamkeit vor allem den Anzeigen seines Tricorders galt.
»Dies war ein Frachter, kein militärisches Schiff«, entgegnete
Janeway. »Denken Sie nur an die großen Frachtkammern.
Außerdem gibt es hier nicht genug Stationen für eine aus
Soldaten bestehende Crew. Alles ist so konzipiert, daß nur
wenige Besatzungsmitglieder erforderlich sind.«
Paris sah sich um und begriff, daß Janeway mit einem Blick
die wesentlichen Merkmale erfaßt hatte. Es gab nur zwei
vordere Stationen, nicht drei oder vier, und nur zwei weitere an der Rückwand. Jede ›Konsole‹ bestand aus Dutzenden von
Kontrollzapfen, die vielleicht sogar multiplen Zwecken dienten.
Auf diese Weise waren nur wenige Personen nötig, um alle
Funktionen des Schiffes zu steuern.
Bestimmt haben sie sich sehr einsam gefühlt, dachte Paris. Ein riesiges Raumschiff, mit unglaublich viel Platz an Bord – und
nur fünf Personen auf der Brücke. Angenommen, die Fremden
hatten in drei Schichten gearbeitet… Nun, eigentlich gab es
keinen Grund, von einer solchen Vermutung auszugehen; die
Einteilung in drei Schichten wurde vor allem menschlichen
Bedürfnissen gerecht. Doch in diesem besonderen Fall erschien
die Zahl drei angemessen – sie paßte gut zu Geschöpfen mit
sechs Gliedmaßen.
Drei Schichten bedeuteten ein Maximum von fünfzehn
Besatzungsmitglieder. Fünfzehn Personen. Das waren nicht
viele, wenn man bedachte, daß die jeweiligen Reisen durchs All
vielleicht viele Monate oder gar Jahre dauerten. Die Last der
Isolation…
Tom Paris schüttelte sich, als wollte er die Bilder eines üblen
Traums abstreifen. Warum dachte er so etwas? Mit Maschinen
war er immer besser zurechtgekommen als mit anderen Leuten.
Normalerweise konzentrierte er sich auf die technischen
Aspekte eines Problem, ließ die Emotionen der Beteiligten
völlig unberücksichtigt. Warum stellte er sich hier vor, wie
völlig fremde Wesen empfunden hatten? Was veranlaßte ihn
überhaupt, ihnen vertraute emotionale Maßstäbe anzulegen?
Der Bildschirm an der Wand erhellte sich, und das engelhafte
Geschöpf mit der indigofarbenen Haut erschien im
Projektionsfeld. Hinter ihm war die Platane zu sehen, auf die
Paris mit seinem Phaser geschossen hatte; nicht die geringsten
Brandspuren zeigten sich dort. Er wußte natürlich, daß er ein
Hologramm sah, aber der Anblick beunruhigte ihn trotzdem.
Vergeblich hielt er nach irgendwelchen Anzeichen dafür
Ausschau, daß sie schon einmal auf dem Holodeck gewesen
waren.
»Bitte helfen Sie uns«, sagte Indigo. »Wir sind in großen
Schwierigkeiten und sterben, wenn Sie uns nicht zu Hilfe
kommen. Wir sind hier länger gefangen, als wir uns
zurückerinnern können, und jetzt gehen unsere Sauerstoffvorräte
zur Neige. Bitte helfen Sie uns bei der Reparatur unseres
Raumschiffs.«
»Das wird derzeit gesendet«, sagte Harry Kim. »Als hätten wir
überhaupt nicht auf die ersten Kom-Signale reagiert.«
Paris musterte Janeway. Ihre Lippen bildeten einen dünnen
Strich, und in den Augen zeigte sich ein frostiger Glanz.
Er hatte diesen Ausdruck schon einmal gesehen und war froh,
daß er nicht ihm galt. Zorn brodelte in Janeway, und wer auch
immer ihn zu spüren bekam – Paris wollte nicht in der Haut des
Betreffenden stecken.
Dann zeigte der große Bildschirm plötzlich Chakotays
Gesicht.
»Seltsam«, murmelte Janeway.
»Wo ist unsere Einsatzgruppe?« fragte der Erste Offizier.
»Drei Personen sind zu Ihnen geflogen und sollten sich jetzt an
Bord Ihres Schiffes
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