Voyager 008 - Cybersong
kannst nicht einmal fort von hier. Du hast keine Möglichkeit, interessantere Orte zu erreichen. Meiner Ansicht nach bist du
nicht halb so klug und mächtig, wie du glaubst.«
Ich bin zu allem fähig.
»Beweisen Sie es uns«, sagte Chakotay. »Schicken Sie die
Voyager zum Alpha-Quadranten zurück, dorthin, woher wir kommen. Wenn Sie dazu fähig sind… Dann bekommen Sie viel
Gesellschaft: die Föderation, Klingonen, Romulaner,
Cardassianer, das Dominion. Dann fällt es Ihnen sicher nicht
mehr schwer, sich die Zeit zu vertreiben. Eigentlich sollte sich ein solcher Transfer leicht bewerkstelligen lassen, aber ich
glaube nicht, daß Sie dazu imstande sind.«
Chakotay spürte, wie das fremde Wesen zu antworten
versuchte. Um ihn herum glühten Kristalle, und ihr Licht
flackerte, als Energie durch alte Kanäle strömte und immer
wieder auf unterbrochene Stellen traf.
Ich will euch nirgendwohin schicken. Ich möchte, daß ihr
hierbleibt. Ich habe mich gelangweilt. Das letzte Mal, daß ich ein bißchen Spaß hatte, war, als dieses Schiff kam. Die
Besatzung hielt mich für einen Gott und verehrte mich. Und sie gehorchte, als ich sie aufforderte, sich hinzulegen und zu
sterben.
Verachtung und Arroganz der Entität veranlaßten Chakotay,
an andere Zeiten und andere Feinde zu denken, insbesondere an
die Cardassianer. Doch er mußte auf das Hier und Heute
konzentriert bleiben, auf diesen besonderen Gegner. Wenn er
sich jetzt vor dem Wesen verschloß… Dann errang es den Sieg.
Dann kam seine Beute davon, zusammen mit der Trophäe.
Er wußte gar nicht, was diese seltsame Metapher bedeutete
und woraus die Trophäe bestand. Dafür schob sich etwas
anderes in den Fokus seines Selbst: Worte der alten Sprache. In
seinem Bewußtsein veränderte sich etwas, und er begann damit,
immer mehr in jener Sprache zu denken. Es erstaunte ihn, daß er
sich nun wieder daran erinnerte: Teile eines Wiegenlieds, das
einst seine Großmutter gesungen hatte, die Namen
verschiedener Vögel…
Mentaler Druck bildete sich in seinem geistigen Kosmos,
wuchs immer mehr – die KI wurde zornig.
Ich verstehe die Worte nicht! kreischte sie. Ich weiß mehr über Sprachanalyse als jedes lebende Geschöpf.
Siebenhundertzweiundvierzig Sprachen beherrsche ich. Es
dauerte nur wenige Minuten, um die Daten eures Computers zu
lesen, und unmittelbar nach dem ersten Kontakt konnte ich das Betriebssystem modifizieren. Sie sind nicht in der Lage, so zu denken, daß mir Ihre Gedanken unverständlich bleiben. Ich
verbiete es Ihnen. Haben Sie verstanden?
Chakotay lächelte. Er dachte auch weiterhin in der Sprache
seiner Großeltern, in einer Sprache, von der viele Linguisten
glaubten, sie gehörte zu den schwierigsten in der ganzen
Galaxis. Angeblich konnte man sie nur als Kind lernen, weil die
Klassifizierungssysteme für jedes technologisch orientierte Volk viel zu komplex und fremdartig waren.
Chakotays Kenntnisse waren beschränkt, aber wenigstens
entsann er sich an die alten Gebete und konzentrierte sich nun
auf ihren Text. Sie dienten dazu, die Geisterwelt zu rufen und
mit ihr zu sprechen. Ein Gebet hatte ihm damals geholfen, sich
der Seele seines Vaters mitzuteilen. In Gedanken sprach er jene
Worte, mit denen man sich für klares Wasser und frische
Nahrung bedankte, und er flüsterte auch das Gebet der Familie.
Die Worte bildeten einen integralen Bestandteil seines Selbst,
waren mächtig und heilig, stellten eine Barriere dar, die von der KI nicht durchdrungen werden konnte. Chakotay fühlte sich
stärker und in besserem Kontakt mit allen wirklich wichtigen
Dingen, während er sich auch weiterhin auf die alten Gebete
konzentrierte.
»Wenn Sie wirklich so klug sind, wie Sie behaupten…«, sagte
er. »Dann sollten Sie das doch eigentlich verstehen können,
oder?«
Es ist keine wirkliche Sprache. Echte Sprachen verstehe ich.
Sie haben das alles erfunden, um mich zu überlisten, aber ich lasse mich davon nicht täuschen.
Chakotay mußte sich sehr beherrschen, um nicht laut zu
lachen. Das war ihr Widersacher: die emotionale Reife eines
verzogenen Kindes, kombiniert mit dem enormen
Elaborationspotential eines Supercomputers.
»Hören Sie auf, das Wesen zu quälen.«
Daphne Mandels Stimme klang ganz deutlich über die von der
KI geschaffene telepathische Brücke.
»Geben Sie mir keine Befehle, Fähnrich«, erwiderte der Erste
Offizier eisig.
»Ich weiß mehr über dieses Geschöpf, als Sie jemals
herausfinden
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