Voyager 018 - Seven of Nine
Junges mit seiner Pfote Sand aus dem Boden scharrte. Wo sich eben noch eine Stadt mit zehntausend
Bewohnern befunden hatte, gähnte jetzt ein großes Loch.
Wie wandelnde Albträume kamen sie aus dem schattigen
Dschungel. Zweibeiner, wie die Graa, aber ansonsten ganz
anders. Die Gesichter weiß, ohne Schnauzen oder Pelz.
Grässlich wirkende schwarze Maschinenteile, die im Körper
steckten, Teile von ihm ersetzten… Sie näherten sich, ohne ein Anzeichen von Furcht. Seven heulte voller Grauen. Ihre Mutter
sprang den Fremden entgegen, mit gebleckten Zähnen und
ausgefahrenen Klauen.
»Lauf, Keela! LAUF!«
Seven konnte nicht gehorchen und stand wie erstarrt. Die
Unheilsboten feuerten eine seltsame Waffe auf ihre Mutter ab,
und die mächtige Jägerin fiel wie ein Stein. Jener Fremde, der sie erlegt hatte, hob den Kopf und sah Seven an. Das eine Auge war blau, und ein rotes Licht ersetzte das andere. Sie - das
Wesen erwies sich als eine Frau – bedachte die kleine, vor ihr hockende Katze mit einem starren Blick. Ihre vollen grauen
Lippen teilten sich und sprachen:
»Wir sind die Borg. Ihre biologischen und technischen
Merkmalen werden unseren eigenen hinzugefügt. Widerstand ist
zwecklos.«
Von einer Sekunde zur anderen bewegte sich Seven. Sie
schüttelte sich heftig, wölbte dann die Brust nach oben und
presste den Kopf an die Diagnoseliege. Paris und der Doktor
eilten sofort zu ihr.
Dem Piloten schlug das Herz bis zum Hals, als er nach dem
richtigen Injektor suchte. Das Gerät rutschte ihm aus den
zitternden Fingern und fiel zu Boden. Als er es aufhob, bewegte
sich Seven nicht mehr.
Herzstillstand.
Seven of Nine starb.
9
Dunkelheit. Stille. Und aus dieser Stille kam eine Stimme… –
»Mutter.« Eine sanfte Berührung. »Bitte wach auf, Mutter!«
»Kalti Druana? Verehrte Kalti, bitte… «
Seven streifte die Benommenheit des Schlafs ab und setzte sich auf. Alte Knochen und Muskeln beschwerten sich, aber sie
achtete nicht drauf. Schon seit langer Zeit lebte die Künstlerin mit den Schmerzen des Alters, und inzwischen waren sie zu
guten Freunden geworden. Sie bewiesen ihr, dass sie noch lebte, dass ein weiterer Tag begann und sie noch nicht Teil der ewigen Dunkelheit und Stille geworden war, die darauf warteten, sie in Empfang zu nehmen.
Die Kinder, ihre Tochter Oplik und deren Partner Rel, hatten
sie geweckt. »Was ist los?«, fragte Seven schläfrig. »Stimmt was nicht?«
»Wir werden angegriffen«, antwortete Rel ernst. »Die
Bevölkerung ist angewiesen, gewisse Bereiche aufzusuchen. Von
dort aus wird man versuchen, uns zu Orten zu bringen, die sich leichter verteidigen lassen.«
Seven lächelte humorlos. Wenn ihre von friedlichen Künstlern
bewohnte Welt tatsächlich angegriffen wurde, so gab es keinen
Ort, der sich verteidigen ließ. Ihnen mochte die Flucht gelingen, wenn sie rechtzeitig das Weite suchten, aber nichts konnte
entschlossene Eroberer daran hindern, den Planten unter ihre
Kontrolle zu bringen. Über Jahrtausende hinweg waren die
Lennli ungestört geblieben, und die einzigen Kontakte mit
Außenwelt beschränkten sich auf gelegentlich eintreffende
Handelsschiffe. Die Welt zeichnete sich nicht durch eine
strategisch wichtige Position aus, und es gab auf ihr auch keine kostbaren Bodenschätze. Der einzige Wert des Planeten bestand
aus seinen Bewohnern und ihren Talenten, nicht mehr und nicht
weniger.
Doch sie musste den Anschein erwecken, dass es eine Chance
gab, um der Kinder willen. Furcht glänzte in ihren Augen, und
sie erhofften sich von ihr Worte, die irgendwie alles in Ordnung brachten.
Sie hob eine hellrote, mit sieben Fingern ausgestattete Hand,
um ihre Tochter an der Wange zu berühren. »Lasst uns gehen«,
sagte Seven nur.
Die ihr vertraute Welt existierte nicht mehr. Das blühende
urbane Zentrum unweit ihres Hauses in den Bergen wurde
angegriffen. Zusammen mit Oplik und Rel beobachtete Seven,
wie sich die ganze Stadt unter dem Einfluss der fremden Waffen aus dem Boden löste und mit unheilvoller Eleganz durch die
Luft flog, einem Schlund entgegen, der sich in einem der
riesigen, würfelförmigen Raumschiffe gebildet hatte.
Als die Attacke begann, blieb der Bevölkerung nicht einmal
genug Zeit, um die Transporter aufzusuchen. Dutzende,
vielleicht sogar Hunderte von Feinden kamen aus der Nacht und
griffen die Fliehenden an. Rel war kein geborener Krieger, aber trotzdem kämpfte er bis zum Ende und tötete eins der
maschinenartigen
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