Voyager 023 - Endspiel
ein
gefährliches Spiel eingelassen hatte, doch es gab auch einen
faszinierenden, aufregenden Aspekt.
Sie lehnte sich im Sessel zurück. Natürlich hätte sie Korath
eine Mitteilung schicken und ihn darauf hinweisen können, dass
sich Admiral Janeway nicht einfach so zu einer klingonischen
Festung beordern ließ. Vermutlich wäre es besser gewesen, ein
wenig mit ihm zu spielen und zu behaupten, ihm nicht dabei
helfen zu wollen, den Einfluss seiner Familie auszuweiten. Er
hätte natürlich gewusst, dass sie log, und seine Antwort hätte
aus weiteren Lügen bestanden. Auf diese Weise wäre es eine
Zeit lang weitergegangen, bis schließlich beide Bereitschaft
zeigten, die Dinge beim Namen zu nennen und konkret zu
werden.
Janeway sah keinen Sinn darin, das Unvermeidliche
hinauszuzögern. Korath wusste, was sie wollte, und sie selbst
wusste es ebenfalls. Warum also mit dummen Spielchen Zeit
verlieren?
Das Treffen war vorbei. Miral hatte sich gemeldet. Korath
wartete. Janeways Shuttle war mit allen notwendigen Dingen
ausgestattet und startbereit. Sie selbst hatte längst alle Zweifel überwunden.
Es konnte losgehen.
Nur eins blieb noch, eine letzte Verpflichtung.
Es war ein sonniger und sehr schöner Tag – die Natur schien
etwas verkünden zu wollen. Immer dann, wenn Janeway an
einem solchen Tag nach draußen ging, fühlte sie sich voll
bestätigt. Deshalb hatte sie sich so sehr bemüht heimzukehren, wegen dieses Spektakels namens Erde, ein blauer Diamant in
einem Meer aus Steinen. Die Erde war ein Juwel, eine Welt,
neben der alle anderen verblassten. Überall im Kosmos gab es
Planeten, die davon träumten, eines Tages wie die Erde zu
werden. Janeway war im Delta-Quadranten gewesen, weiter von
der Heimat entfernt als je ein Mensch vor ihr, und daher wusste
sie: Im galaktischen Maßstab hatten erdähnliche Welten einen
großen Seltenheitswert.
Sie genoss den Sonnenschein, den Anblick des grünen Rasens
und selbst den des langen Gebäudes, das auf einem grünen See
zu schwimmen schien. Nun, warum noch länger damit warten,
es zu betreten?
Sie wusste um den Kontrast und bereitete sich innerlich darauf
vor. Diese Besuche waren nie leicht, hauptsächlich deshalb, weil
es sich um Besuche handelte. Nie ließen sich Fortschritte
erkennen.
Das Innere des Krankenhauses präsentierte den lobenswerten
Versuch, so fröhlich und aufmunternd zu wirken, wie es für eine
medizinische Einrichtung möglich war. Es gab Topfpflanzen,
echte und falsche, von Kindern gemalte Bilder und sogar einen
hauseigenen Collie. Die Zimmer wirkten gemütlich, fast
heimisch, wobei es zu berücksichtigen galt, dass Sauberkeit eine
wichtige Rolle spielte und Einfachheit dabei half. Sie ließen
Platz für Individualität, ohne dass es dadurch zu Unordnung
kam, und das Medo-Personal trug gewöhnliche Kleidung, keine
Kittel. Erstaunlicherweise wies das Gebäude mit dem Bestreben,
nicht wie ein Krankenhaus auszusehen, noch deutlicher auf
seinen eigentlichen Zweck hin. Wer hierher kam, für den
existierte kein anderer Ort mehr. Die Patienten dieses Hospitals
mussten ständig überwacht werden und brauchten mehr
Aufmerksamkeit, als ihnen selbst die liebevollsten Verwandten
schenken konnten.
Janeway kam so häufig hierher, dass sie den für Bewohner
reservierten Eingang benutzte.
Allein ging sie durch gewölbte Flure, passierte den Garten und
erreichte schließlich den Nordflügel. Dort schritt sie zur dritten Tür auf der linken Seite und presste den Daumen aufs
Codeschloss. Ein Scanner analysierte ihren Fingerabdruck und
piepste zufrieden, woraufhin sich die Tür öffnete. Janeway
betrat ein halbdunkles Zimmer.
Eine einzelne Kerze brannte und ihr Licht glitt über einen
Boden, auf dem zahllose Zettel lagen. Es mussten Hunderte
sein, jeder einzelne gefüllt mit gekritzelten Worten, Zahlen,
seltsamen Symbolen und sorgfältig gezeichneten Formen.
Manche Zettel lagen auf anderen – das Ergebnis wochenlanger
Berechnungen. Hier und dort schien der Kerzenschein auf
zerknittertem Papier zu glühen.
In der Mitte des Zimmers hockte ein Mann auf Knien und
Ellenbogen, der Rücken gewölbt. Das einzige Geräusch stammte
von einem Bleistift, der über einen weiteren Zettel kratzte.
Sie hatten es mit Musik versucht, ohne Erfolg. Videos, Filme,
Logbücher, Reiseberichte… Er wies jeden Versuch zurück, ihn
von seiner Besessenheit zu befreien. Er wollte nur eine Kerze,
Papier und einen Bleistift.
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