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Wach auf, wenn du dich traust

Wach auf, wenn du dich traust

Titel: Wach auf, wenn du dich traust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Mohr
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angekommen öffneten sie schließlich den unteren Reißverschluss, zerrten sie aus dem Schlafsack und irgendjemand band ihr die Hände auf dem Rücken zusammen. Dann stießen sie sie vor sich her. Jenny wusste noch nicht einmal, wer alles mitmachte. Sie drehte sich nicht um. Es war egal. Sie war alleine. Vielleicht wache ich auf, dachte sie, vielleicht wache ich endlich irgendwann auf und stelle fest, dass alles nicht passiert ist. Vielleicht kann ich noch mal von vorn anfangen. So wie alle anderen sein. Wie Luzia, die das Licht wieder ausgeknipst hat. So wie Debbie, die einfach zurückgegangen ist, weil Silvio es ihr befohlen hat. So wie Sabrina und Tanja, die immer da zu finden sind, wo brave Mädchen hingehören. Ich bin einfach zu blöd gewesen dazu. Die ganze Zeit bin ich einfach nur zu blöd gewesen. Mein Vater ist ein Idiot, dachte sie, mit idiotischen Idealen. Sei mutig. Der kann mich mal. Nicht mal sein tolles Survival-Messer bringt mir jetzt was. Das ist im Rucksack, wo es nachts auch hingehört.
    Sie stolperte über eine Wurzel und merkte erst jetzt, dass sie barfuß war. In ihre Füße bohrten sich Tannennadeln und Kiefernzapfen.
    Wohin bringen die mich?, dachte sie. Was haben die eigentlich vor? Sie blieb stehen. Jemand stieß gegen sie und fluchte.
    »Hierher«, sagte jemand anderes. »Hier ist eine gute Stelle.« Jenny wurde nach links geschoben.
    Dann schien der ganze Trupp stehen zu bleiben.
    »Was machen wir jetzt mit ihr?«, fragte Max.
    »Wir sollen doch mit ihr reden, dachte ich«, sagte Tino.
    »Ach, weißt du«, sagte Frederik, »ich bin nicht so der Typ fürs Reden.«
    Der war also auch dabei.
    Pauline trat dicht neben Jenny und drückte sie gegen einen Baum.
    »Keiner rührt sie an«, sagte sie. »Wir fesseln sie an den Baum und fertig. Dann kann sie nichts anstellen und hat Zeit zum Nachdenken.«
    Frederik zuckte mit den Achseln. »Wie du meinst«, sagte er gelangweilt. »Befehl ist Befehl.« Man konnte deutlich hören, dass er ganz andere Dinge mit ihr vorgehabt hatte. Einen Moment lang war Jenny Pauline beinahe dankbar.
    »Das ist mein Job«, sagte Silvio und drängte Pauline auf die Seite. Jenny drehte den Kopf weg, um seinem Alkoholatem zu entgehen.
    »Was!«, schrie Silvio. »Bist dir wohl zu fein für mich, Miststück! Denkst wohl, du brauchst mich mit dem Arsch nicht anzugucken, was?«
    Jenny sah in der Dunkelheit den Schlag nicht kommen. Als er ihr Gesicht traf, explodierte in ihrem Kopf ein Feuerwerk.
    Instinktiv wich sie aus und versuchte, die Hände zu heben, die immer noch auf ihrem Rücken gefesselt waren. Der Fluch, der Silvio entfuhr, machte klar, dass er mit dem zweiten Schlag den Baum getroffen hatte. »Der Typ ohne Schwanz wird es dir heute noch zeigen«, schrie er mit sich überschlagender Stimme. »Dir wird noch Hören und Sehen vergehen!«
    »Hör jetzt auf«, zischte Pauline, »dafür sind wir nicht hier.«
    »Halt ’s Maul«, sagte Silvio, »ich dachte, bei den Nazis gehört ihr Weiber an den Herd! Und ins Bett!«
    Tino lachte auf.
    »Was ist, Kleiner«, sagte Silvio und legte gönnerhaft seinen Arm um die Schulter des Jungen, »wollen wir noch ein bisschen Spaß mit ihr haben?«
    Pauline hatte sich an Jennys Fesseln zu schaffen gemacht, um noch mehr Seil zu gewinnen. Offensichtlich waren sie nicht so gut ausgerüstet, dass sie genug Seile dabeihatten, um sie jetzt auch noch an den Baum zu binden. Jenny versuchte, sich auf jede von Paulines Bewegungen zu konzentrieren. In dem Moment, als sich die Handfesseln lösten, riss Jenny die Arme hoch und befreite sich von dem Knebel.

Finn
    Finn schoss hinter dem Vorhang hervor.
    »Lass sie, du Schwein«, presste er zwischen den Zähnen hervor. Er krallte seine Finger in Frederiks T-Shirt und riss ihn daran vom Stuhl hoch. Er dachte nicht weiter darüber nach, dass er eigentlich kleiner war als Frederik, dass er sich mit ihm nicht anlegen sollte, dass er den Kürzeren ziehen würde – die Wut, die aus ihm herausbrach, war stärker. Im ersten Moment drang nicht einmal das Fiepen der Maschinen durch den roten Schleier, der sich vor seine Ohren gelegt hatte, in denen es heftig brauste. Erst als Frederik sich von seiner ersten Überraschung erholt hatte, schleuderte er Finn mit voller Wucht gegen den Monitor.
    In diesem Moment hetzte die Schwester herein. Mit einem energischen Griff zerrte sie die beiden auseinander und drückte dann auf der Maschine herum. Das Fiepen hörte auf.
    »Könnt ihr mir mal sagen, was das soll?«, rief

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