Wage den Schritt ins Glueck
etwas präsentabler zeigst.“
Eden atmete tief durch und zählte bis zehn. Ihre Erscheinung ließ heute tatsächlich zu wünschen übrig. Das Haar war zerwühlt, und in der Eile hatte sie sich das Erstbeste übergestreift, das im Koffer obenauf lag. Die verblichenen Jeans waren voller Farbkleckse, und das T-Shirt saß nach dem Waschen verflixt eng. Rafe konnte gar nicht übersehen, dass sie darunter keinen BH trug. In der Küche knisterte es förmlich, als er den Blick auf ihren Brüsten verweilen ließ.
„Ist dir kalt?“, fragte er spöttisch, weil Eden verlegen die Arme vor der Brust verschränkte, um ihre festen Spitzen zu verdecken. Die Situation empfand sie als besonders vertrackt, weil Rafe einen eleganten grauen Anzug mit Seidenhemdund Krawatte trug.
„Wie wär’s mit einem Handel?“, schlug sie ihm schnippisch vor. „Ich gehe mich umziehen, und du verschwindest.“
Rafes Gelächter folgte ihr die Treppe hinauf.
„Seit wann hast du so eine spitze Zunge?“, rief er ihr nach.
Eden würdigte ihn keiner Antwort und schlug krachend die Zimmertür hinter sich zu.
Das Haus war verlassen, als Eden wieder nach unten kam. Gott sei Dank, dass Rafe fort ist, versuchte sie sich einzureden. Sie musste an ihre Zukunft denken, und darin hatte er keinen Platz. In der Diele stellte Eden ihren Koffer ab und sah sich ein letztes Mal um.
Es war zu schön, um wahr zu sein, dachte sie wehmütig und wollte die Terrassentüren schließen, als eine Bewegung sie aufmerksam machte. Stolz und selbstsicher stand Rafe am Fischteich, die Arme verschränkt. Er ahnte offenbar nicht, dass sie ihn beobachtete.
Er wirkte älter, das Leben auf den Rennpisten forderte seinen Tribut, körperlich und seelisch. Vor jedem Rennen stand Rafe unter extremem Druck, daran erinnerte sich Eden zu gut. Als junger Mann war sein Vater Fabrizio ein brillanter Ingenieur gewesen, dem es durch die Heirat mit der Tochter eines reichen Autoherstellers möglich geworden war, exklusive Sportwagen zu entwickeln – die zu einem der wichtigsten Exportartikel Italiens wurden. Schon damals genoss Santini den Ruf einer dynamischen, erfolgreichen Firma. Als Rafe später seinen ersten Weltmeistertitel mit einem Wagen holte, der aus der Santini-Produktion stammte, rückte ihr Familienname auf der Weltrangliste mit einem Schlag ganz nach oben neben Spitzenreiter wie Ferrari und Renault. Der Stolz und die Hoffnung der Santini Corporation, ja, ganz Italiens, schien nun auf den Schultern des sogenannten Goldjungen zu ruhen. Rafe war ein Nationalheld, doch er zahlteeinen hohen Preis für diese Heldenverehrung: Er durfte nicht versagen.
An der Spitze ist es sehr einsam, hatte er ihr einmal gestanden. Daraufhin hatte Eden sich in dem überfüllten Festsaal umgesehen und die jubelnden Gäste betrachtet, die gekommen waren, um einen weiteren Sieg Rafes zu feiern. Damals hatte sie die Bemerkung für einen Scherz gehalten. Alle wollten doch, dass Rafe siegte, wollten zu ihm gehören, wie konnte er da einsam sein?
Unvermittelt blickte er jetzt auf und bemerkte sie. Der leere Ausdruck in seinen Augen erschreckte sie … dann senkte er die Lider.
„Wieso hast du gedacht, ich wollte Valentina heiraten?“, fragte er ruhig.
Schulterzuckend wandte Eden sich ab und blickte auf ein Büschel Gänseblümchen.
„Gianni hat es mir gesagt.“
„Gianni?“ Schockiert hob Rafe den Kopf. „Das nehme ich dir nicht ab.“
„Es stimmt aber“, beharrte sie. „An dem Abend, als du uns zusammen am Pool gesehen hast, war alles ganz anders, als du dachtest. Gianni hatte mir gerade erzählt, was zwischen den Familien Santini und Domenici schon vor Jahren vereinbart worden sei: dass du Valentina heiratest, weil dein Vater es wünscht.“
„Ich bin nicht die Marionette meines Vaters“, erklärte Rafe zornig. „Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert, und man schließt keine Zweckehen mehr.“
„Willst du abstreiten, dass du mit Fabrizio darüber gesprochen hast, Valentina zu heiraten?“
„Irgendwann war davon die Rede“, musste er zugeben. „Mein Vater hätte es gern gesehen, er wusste jedoch, dass ich dazu nicht bereit war.“
„Aber Gianni behauptete, es sei beschlossene Sache!“, rief Eden verzweifelt. Zum ersten Mal hörte Rafe sie wirklichan. Dennoch machte seine ungläubige Reaktion es ihr schwer, weiterzusprechen. „Es sei für dich nur eine Scharade, dich mit mir öffentlich zu zeigen. Die Aufmacher und Zeitschriftenartikel über uns seien nur ein Schachzug.
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