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WAKE - Ich weiß, was du letzte Nacht geträumt hast (German Edition)

WAKE - Ich weiß, was du letzte Nacht geträumt hast (German Edition)

Titel: WAKE - Ich weiß, was du letzte Nacht geträumt hast (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa McMann
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mit dem Schicksal zu spielen.

00:33 Uhr
     
    Wieder konzentriert sie sich. Atmet tief durch. Lässt die Gedanken frei schweifen und in ihrem Kopf verschmelzen.
    Langsam spürt sie, wie die Gedanken den Raum erfüllen. Sie schmiegen sich an ihre Haut. Sie atmet sie ein, entspannt die Muskeln.
    Und lässt den Schlaf übernehmen.
    Zuerst geschieht nichts.
    Was gut ist, wie sie bemerkt.
    Klarträumen kommt später.

02:45 Uhr
     
    Janie treibt in der Mitte eines dunklen Sees. Sie tritt Wasser, scheinbar stundenlang. Sie wird misstrauisch. Bekommt Panik. Sieht Carl am Ufer stehen, mit einem Seil. Sie winkt ihm hektisch zu, doch er sieht sie nicht. Sie kann nicht mehr. Das Wasser füllt ihren Mund und ihre Ohren.
    Sie geht unter.
    Unter der Wasseroberfläche sind viele Leute – Männer, Frauen, Kinder, Babys. Janie sieht sie panisch an. Ihre Lungen drohen zu platzen. Die Leute starren zurück, mit im Tode hervortretenden Augen.
    Panisch sieht sie sich um. Der Druck in ihren Lungen wird übermächtig. Alles verschwimmt und wird schwarz. Sie spürt, wie ihre Augen hervorquellen, und hört das quälende innerliche Gelächter der treibenden Körper um sie herum.
     
    Janie schnappt nach Luft und setzt sich auf. Es ist zehn nach drei.
     
    Sie atmet schwer. Schreibt den Traum auf einem Spiralblock auf.
    Versucht, sich nichts daraus zu machen, dass sie versagt hat. Sie hat es erwartet.
    Es ist noch nicht vorbei , sagt sie sich und legt sich wieder hin.
    Lass mich das noch einmal träumen , denkt sie ruhig. Und diesmal werde ich nicht ertrinken. Ich werde unter Wasser atmen, weil es mein Traum ist, in dem kann ich tun und lassen, was ich will. Ich werde schwimmen wie ein Fisch. Weil ich schwimmen kann. Und … und ich habe Kiemen. Ja, genau das ist es. Ich habe Kiemen.
    Das wiederholt sie immer aufs Neue, nachdem sie sich wieder hingelegt hat.

03:47 Uhr
     
    Sie hat keine Kiemen.
    Rollt sich herum und stöhnt frustriert in ihr Kissen. Wiederholt das Mantra.

04:55 Uhr
     
    Es fängt wieder an.
     
    Als Janie erschöpft und mit brennenden Lungen unter Wasser sinkt, sieht sie sich unter den anderen um, die mit hervorquellenden Augen unter der Oberfläche treiben.
    Sie bekommt Panik.
    Diese Augen.
    Und plötzlich …
    Miss Stubin zwinkert ihr unter Wasser zu. Lächelt aufmunternd. Sie gehört nicht zu den Toten.
    Neben Miss Stubin treibt eine zweite Janie, die nickt und lächelnd sagt: »Es ist dein Traum.«
    Die ertrinkende Janie sieht von Miss Stubin zu Janie. Ihr Blick trübt sich.
    Sie dreht fast durch.
    »Konzentrier dich!«, befiehlt Janie. »Ändere es.«
    Die ertrinkende Janie schließt die Augen. Sinkt tiefer unter Wasser. Tritt mit den Füßen, während sie das Bewusstsein verliert, kämpft darum, sich zu bewegen, wieder über Wasser zu kommen.
    »Konzentrier dich!«, wiederholt Janie. »Tu es!«
    Am Hals der ertrinkenden Janie erscheinen Kiemen.
    Sie öffnet die Augen.
    Atmet, lange, reinigende Atemzüge, unter Wasser. Es kitzelt. Sie lacht Blasen, ungläubig.
    Sie sieht auf, und Janie und Miss Stubin lächeln, klatschen – geräuschlos und wie in Zeitlupe im Wasser. Sie schwimmen zu ihr herüber.
    Die zuvor noch ertrinkende Janie grinst. »Ich habe es geschafft!«, sagt sie. Blasen platzen aus ihrem Mund und die Worte erscheinen einzeln darin über ihrem Kopf, wie in einem Comic.
    »Du hast es geschafft«, nickt Janie. Ihr Haar fließt wie Seide.
    »Lass uns schwimmen«, fordert Miss Stubin sie auf. »Da wartet jemand am Ufer auf dich.«
    Janie und Miss Stubin schwimmen ein Stück mit der eben noch ertrinkenden Janie, dann halten sie an und winken sie weiter.
    Sie nähert sich dem Ufer. Als sie auftaucht und stehen kann, verschwinden die Kiemen. Sie steigt aus dem Wasser, triefnass in ihrem Pyjama – Boxershorts und ein T-Shirt.
    Carl ist da.
    Auch er trägt Boxershorts. Seine Muskeln spielen im Sonnenlicht. Er ist braun gebrannt. Sein Körper glänzt.
    Es scheint, als seien sie auf einer einsamen Tropeninsel.
    Er rührt sich nicht.
    Er hat kein Seil mehr.
    Er sitzt im Sand.
    Sie wartet darauf, dass er etwas tut, aber er bewegt sich nicht.
    »Denk daran, es ist dein Traum«, hört sie. Es ist die andere Janie, diejenige, die weiß, dass sie träumt.
    Zögernd geht Janie auf Carl zu. »Hi Carl!«
    Er sieht auf. »Mir liegt etwas an dir«, sagt er. Seine Augen sind braun und werden traurig.
    Janie will ihm glauben. Und tut es auch.
    »Was ist mit Shay?«, fragt sie.
    »Träume sind keine Erinnerungen«, sagt er.

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