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Wakolda (German Edition)

Wakolda (German Edition)

Titel: Wakolda (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucia Puenzo
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an.
    In den Tagen darauf liefen sie sich kaum über den Weg. José hatte damit gerechnet, auf die Probe gestellt zu werden, und achtete geflissentlich darauf, nichts zu tun, was ihre Meinung ändern könnte. Er nahm das Frühstück allein zu sich, verließ das Haus über die Seitentür und schlug eine andere Richtung ein, als er Eva mit der an diesem Tag irgendwie veränderten, scheu und verwirrt wirkenden Lilith zusammen im Garten die Blumen gießen sah.
    Sie grüßten sich von weitem.
    Nach dem Mittagessen hatte sich José mit einer Zeitung auf der Terrasse niedergelassen. Nach einer Weile trat Enzo durch die Tür zu ihm hinaus. Kurz zuvor war er in der Zeitung, in der Rubrik Vermischtes, auf eine knappe Meldung gestoßen, deren Überschrift lautete:
Mossad sucht Mengele
. Im Untertitel hieß es:
Vertraulichen Quellen zufolge soll sich der Naziarzt mittlerweile in Paraguay befinden
. Er gab vor, ganz in die Lektüre vertieft zu sein, in Wirklichkeit aber genoss er den Ausblick auf die halbnackten Körper, die sich auf dem Grundstück tummelten. Eva und die Kinder hatten ein Bad im eisigen Wasser des Nahuel Huapi gewagt. Als Lilith wieder am Ufer stand, ließ José die Zeitung sinken. Ohne Kleider war sie weniger ungestalt, als er angenommen hatte. Die Arme und Beine waren zu lang – oder der Oberkörper zu kurz –, in den unvollkommenen Proportionen lag aber eine geheimnisvolle Harmonie. Lilith schloss sich jetzt Tomás und Tegai an, die sich damit vergnügten, den kleinen Bruder wie ein Zirkusäffchen auf Stelzen laufen zu lassen.
    »Sie hatten mich gesucht?«
    Als Enzo auftauchte, nahm José rasch wieder die Zeitung vors Gesicht, sodass Lilith aus seinem Blickfeld verschwand. Er drehte sich zu ihm um:
    »Ich habe neue Vitamin- und Eisenpräparate für Ihre Frau besorgt.«
    Er holte zwei Tablettendöschen aus seinem Koffer. Er hatte Eva überredet, ihn bei ihr Blut abnehmen zu lassen, und als sich der Verdacht auf Anämie bestätigte, hatte er ihr Vitamine und ein Eisenpräparat verordnet.
    »Geben Sie ihr das. Damit wird es ihr bald besser gehen.«
    »Ich wusste gar nicht, dass sie krank ist …«
    »Sie sagte mir, sie fühle sich matt. Da habe ich mir erlaubt …«
    »Das wäre aber nicht nötig gewesen.«
    José winkte ab.
    Plötzlich drang vom Garten her lautes Kindergeschrei herüber. Lilith war gerade dabei, die Stelzen auszuprobieren, und kreischte vor Vergnügen. Die beiden Männer wandten die Köpfe nach ihr um.
    »Haben Sie schon mal untersuchen lassen, ob sie noch in der Zeit liegt?«
    »In welcher Zeit?«
    »Ich meine ihr Wachstum.«
    »So etwas entscheidet doch nicht die Medizin.«
    José frohlockte innerlich. Jetzt war er am Zuge.
    »Es gibt Behandlungsformen, die ein nahezu normales Wachstum anstoßen können, wenn sie rechtzeitig eingeleitet werden. Ich werde Ihnen etwas zeigen.«
    Aus einem Umschlag zog er einen Stapel Fotos, die seine letzten Experimente in der Nähe von Buenos Aires dokumentierten, darunter zwei Aufnahmen von ein und demselben Kalb – vor und nach der Hormonbehandlung –, das zuerst kränklich aussah, dann geradezu vor Kraft strotzte.
    »Hier sehen Sie den Erfolg meiner Behandlungen.«
    »Ist das wirklich dasselbe Tier?«
    José nickte.
    »Einen Monat später.«
    Er wusste, dass er nicht drängen sollte, doch die Verlockung war zu groß:
    »Wenn Sie mir erlauben würden, Ihre Tochter zu behandeln …«
    »Also hören Sie mal! Das mit dem Kalb ist eine Sache, aber meine Tochter ist doch wohl etwas ganz anderes!«, fuhr Enzo empört auf.
    Das war das Stichwort. Jetzt holte José die älteren Bilder hervor. Kinder in weißen Hemdkleidern, vor und nach der Gabe von Hormonen und Aufbaupräparaten. Die Kinder lächelten, doch da war so ein Ausdruck in ihren Augen. Enzo schnürte es die Kehle zu.
    »Was sind das für Kinder?«
    »Patienten«, antwortete José dreist. Noch war hier nicht durchgesickert, was damals geschehen war. »Mein Präparat wird Tieren wie Menschen verabreicht.«
    Er verschwieg, dass diese Kinder, nachdem sie für die Versuche ausgewählt worden waren, überhaupt erst wieder zu essen bekommen hatten. Dazu hatte es ein Bett mit einer Zudecke gegeben, drei Mahlzeiten am Tag, zweimal die Woche durften sie duschen. Auf den Fotos sah man sie an einem Maßband vor einer Wand stehen und direkt in die Kamera blicken.
    »Lilith könnte bestimmt acht Zentimeter zulegen. Womöglich sogar mehr. Ich müsste ihr nur einmal am Tag eine Spritze geben. Risiken gibt es keine,

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