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Walden Ein Leben mit der Natur

Walden Ein Leben mit der Natur

Titel: Walden Ein Leben mit der Natur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry David Thoreau
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ihre
    Wellenkreise stören. Wenn man nur laut miteinander schwätzt, kann man es sich leisten, Wange an Wange
    beieinanderzustehen, so nahe, daß man des anderen Atem zu spüren bekommt. Wenn man aber wohlüberlegt und
    gedankenvoll miteinander sprechen will, dann ist man lieber etwas weiter voneinander entfernt, damit alle animalische Wärme und Feuchtigkeit Gelegenheit hat, sich zu verflüchtigen.
    Wollen wir aber die innigste Gesellschaft dessen genießen, was in uns allen mit Worten nicht zu fassen ist, dann müßten wir nicht nur in Schweigen verharren, sondern auch körperlich so weit voneinander entfernt sein, daß keiner die Stimme des anderen hören kann. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet, ist das Gespräch zur Bequemlichkeit der Schwerhörigen da; doch gibt es eine Menge feiner Dinge, die man einander nicht sagen kann, wenn man schreien muß. Wenn unsere
    Unterhaltung einen erhabenen Ton anzuschlagen begann,
    schoben wir unsere Stühle nach und nach voneinander fort, bis sie in den gegenüberliegenden Ecken des Raumes gelandet waren; doch auch dann hatten wir gewöhnlich nicht genügend Platz.
    Mein Paradezimmer allerdings, mein Refugium, das stets für Besucher bereitstand, auf dessen Teppich nur selten die Sonne
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    fiel, war der Föhrenwald hinter meinem Haus. Dorthin, wo ein einzigartiger Diener den Boden fegte, abstaubte und Ordnung hielt, führte ich an Sommertagen meine bevorzugten Gäste.
    Hatte ich nur einen Gast, dann beteiligte er sich mitunter an einem frugalen Mahl, und unsere Unterhaltung erfuhr keinerlei Unterbrechung, wenn ich dabei schnell Maisbrei anrührte oder das Aufgehen und Bräunen eines Brotlaibes in der Asche
    überwachte. Wenn aber zwanzig in mein Haus kamen, wurde von einer Mahlzeit nichts erwähnt, auch wenn für zwei
    Personen Brot genug dagewesen wäre. Wir taten, als wäre das Essen eine längst überwundene Gewohnheit, und übten
    Enthaltsamkeit. Dabei wurde dies nie als ein Verstoß gegen die Gastfreundschaft empfunden, vielmehr als selbstverständlich und rücksichtsvoll. Der Verschleiß und Verfall des körperlichen Lebens, das so oft instand gesetzt werden muß, schien dann auf wunderbare Weise verzögert, und die Lebenskraft setzte sich durch. Auf diese Weise könnte ich tausend so gut wie zwanzig bewirten; und wenn je einer, nachdem er mich zu Hause angetroffen hätte, enttäuscht und hungrig von mir wegginge, könnte er sich wenigstens meines Mitgefühls sicher sein. So leicht ist es, auch wenn viele Hausfrauen es
    bezweifeln, neue und bessere Sitten an die Stelle der alten zu setzen. Euer Ansehen richtet sich nicht nach den Eßgelagen, die ihr veranstaltet! Kein Zerberus hätte mich wirkungsvoller davon abschrecken können, eines Menschen Haus
    aufzusuchen, als der Aufwand, den man trieb, um mich zu bewirten. Es schien mir immer ein sehr höflicher Wink mit dem Zaunpfahl, die lieben Leute bloß nie wieder zu bemühen. Ich glaube, solche Stätten werde ich nie wieder besuchen. Ich wäre stolz, wenn ich als Leitspruch über meiner Tür jene Zeilen von Spenser hätte, die einer meiner Besucher mir auf ein gelbes Walnußblatt geschrieben hat:
    »Bei ihrer Ankunft füllen sie das kleine Haus,
    Suchen kein Gastmahl, wo sich keines findet;
    Sich auszuruhen ist Fest, und alles steht zu Diensten: Der edle Geist genießt schönste Zufriedenheit.«
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    Edward Winslow, der spätere Gouverneur der Plymouth-
    Kolonie, unternahm einst mit einem Begleiter einen Fußmarsch durch die Wälder, um dem Indianerkönig Massasoit einen
    Höflichkeitsbesuch abzustatten. Müde und hungrig kam er in dessen Lager an. Der König begrüßte sie herzlich, aber von Essen war den ganzen Tag keine Rede. »Als die Nacht
    hereinbrach«, um ihre Worte zu zitieren, »legte er uns in ein Bett zusammen mit ihm und seiner Frau. Sie lagen auf der einen Seite und wir auf der anderen. Es war bloß eine Planke, die einen Fuß über dem Boden lag und mit einer dünnen Matte bedeckt war. Zwei seiner führenden Männer zwängten sich aus Platzmangel auch noch dazu. So waren wir noch erschöpfter von unserer Unterbringung als von unserer Reise.« Am
    folgenden Tag um ein Uhr brachte Massasoit zwei Fische, die er erlegt hatte, ungefähr dreimal so groß wie eine Brasse. »Als sie gekocht waren, erhofften sich vierzig Männer einen Bissen davon. Die meisten aßen mit. Das war das einzige Mahl, das wir seit zwei Nächten und einem Tag gegessen hat ten. Hätte nicht einer von uns ein Waldhuhn

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