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Waldesruh

Waldesruh

Titel: Waldesruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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verhandeln.«
    Janna spann den Faden weiter: »Wir können das Bild auch selbst verkaufen und dann verschwinden. Mit so viel Geld können wir überall auf der Welt leben, da brauchen wir nicht hierzubleiben und abzuwarten, bis der nächste Maskenmann auftaucht.«
    Emily schüttelte den Kopf. »Erst mal müssen wir es finden«, sagte sie. »Wo würde jemand ein solches Bild aufbewahren? Doch bestimmt nicht auf dem Dachboden. Stellt euch vor, es brennt...«
    »In einem Bankschließfach«, schlug Marie vor. »Oder sind die für ein Bild zu klein?«
    »Es wird wohl auch große geben«, vermutete Janna. »Aber nach einem Bankschließfach haben wir ja schon gesucht und keines gefunden.«
    »Vielleicht hat sie es bei einem Anwalt deponiert«, meinte Emily.
    »Wenn es um einige Millionen geht, würde ich keinem Anwalt trauen und Oma hätte das schon gar nicht getan«, widersprach Janna.
    »Und wenn sie es einem Museum überlassen hat? Als Dauerleihgabe«, überlegte Emily. »In Museen ist es gut bewacht und auch versichert. Und es ist für die Öffentlichkeit jederzeit zugänglich.«
    »Das würde Oma ähnlich sehen«, pflichtete Marie ihrer Freundin bei und auch Janna fand die Idee plausibel. »Stimmt, Eigentum verpflichtet, hat sie immer gesagt.«
    »Aber meinst du nicht, wir würden dann das Bild im Internet finden?«
    Marie wiegte den Kopf. »Vielleicht haben wir nicht lange genug gesucht. Wenn es in einem Museum ist, dann müssten dazu auch Unterlagen existieren, oder? Wir müssen noch einmal das ganze Haus auf den Kopf stellen. Irgendwo muss ein Hinweis sein. Sie hat ja auch das Foto aufbewahrt.«
    »Aber nicht mehr heute.« Janna gähnte. »Mir reicht es. Ich muss unbedingt mal wieder eine Nacht schlafen, ohne dass hier eingebrochen oder geschossen wird. Und ohne dass ich eine Leiche im Wald entsorgen muss.«
    Aber sie schliefen nicht sehr gut. Emily hörte, wie sich Marie im Bett herumwälzte und im Schlaf undeutlich redete. Es klang, als würde sie große Angst haben, und Emily war mehr als einmal versucht, sie zu wecken. Aber sie ließ es lieber sein. Zweimal hörte Emily, wie Janna die Treppe hinunterging. Das heißt, sie hoffte, dass es Janna war. Nachzusehen wagte sie nicht, sondern saß ängstlich und mit bis ans Kinn hochgezogener Bettdecke da, bis es wieder ruhig im Haus war. Endlich eingeschlafen, erschien ein maskierter Mann vor ihrem Bett. Der führte sie in den Schuppen, wo die tote Frau Holtkamp neben einer tiefen Grube lag. Überdeutlich hörte sie das dumpfe, klatschende Geräusch, mit dem der tote Körper in das Grab stürzte, ehe sie das Gesicht mit den bösen Augenschlitzen aus der Grube heraus anstarrte, dann plötzlich lebendig wurde und sie zahnlos angrinste. Aber es war gar nicht Frau Holtkamp, es war der Mann mit dem zerschossenen Gesicht. Jetzt lag er in Emilys Zimmer und um ihn herum floss das viele Blut, das sie aufwischen musste, aber es war so viel, viel zu viel, sie watete richtig darin und dann stieg es weiter, und sie wusste, sie würde schwimmen müssen, wenn sie nicht in all dem Blut untergehen wollte...
    Emily schreckte nach Luft japsend hoch und stieß sich prompt wieder den Kopf an. Ihr Nachthemd klebte am Körper, so verschwitzt war sie.
    Den gleichen Traum hatte sie gestern Nacht geträumt, fiel ihr jetzt ein. Sollte das nun immer so weitergehen? Erschöpft schloss sie wieder die Augen, döste weg, wurde aber immer wieder von grässlichen Träumen und Angstgefühlen geweckt. Sogar die Züge, an die sie doch längst gewohnt war, erschreckten sie, und als sie irgendwann merkte, dass sie pinkeln musste, schob sie es so lange hinaus, bis es vor dem Fenster hell wurde. Dazwischen, in den halb wachen Stunden, kreisten ihre Gedanken um das millionenschwere Bild und um einen geheimnisvollen Menschen im fernen Chile. Sie stellte ihn sich vor wie einen mächtigen Mafiaboss. Was würde dieser Mensch sich als Nächstes einfallen lassen? Waren die Weyer-Geschwister immer noch in Lebensgefahr?
    Seit vorgestern Nacht wünschte sich Emily, sie wäre mit ihren Eltern zum Segeln gegangen. Sie könnte den ganzen Tag an Deck liegen, sich gepflegt langweilen, kühle Getränke schlür fen, ein bisschen lesen, ein bisschen die Nase in den Wind halten, bräuchte sich um nichts Sorgen zu machen. In was für eine absurde Situation war sie stattdessen geraten?
    Den Tod von Maries Großmutter zu verschleiern und ihre Leiche illegal zu begraben, war eine Sache – aber nun war ein Mensch erschossen worden,

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