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Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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zurück bist. Wie ging es in Älmhult?«
    »Ich dachte, wir sollten darüber sprechen. Wer von den anderen ist denn gerade hier?«
    »Ich habe eben Hansson gesehen«, sagte Martinsson. »Wir wollten uns um fünf Uhr für einen Augenblick zusammensetzen.«
    »Dann warten wir solange.«
    Wallander legte den Hörer auf, und plötzlich fragte er sich, wann er Zeit hätte, nach einem Haus zu suchen. Er befürchtete, daß nie etwas daraus würde. Die Arbeitsbelastung der Polizei wurde immer größer. Früher hatte es immer Phasen gegeben, in |276| denen die Intensität der Arbeit abnahm. Das war jetzt nie mehr der Fall. Es gab auch nichts, was dafür sprach, daß dieser Fall noch einmal eintreten würde. Ob die Kriminalität zunahm, wußte er nicht. Dagegen wurde sie in gewissen Fällen gröber und immer komplizierter. Außerdem waren immer weniger Polizeibeamte mit direkten polizeilichen Aufgaben beschäftigt. Immer mehr saßen in der Verwaltung. Immer mehr planten für immer weniger. Für Wallander war es unmöglich, sich selbst ausschließlich hinter einem Schreibtisch zu sehen. Wenn er da saß wie jetzt, war das eine Unterbrechung seiner natürlichen Routine. Sie würden den Täter, den sie suchten, nie finden, wenn sie nur in den vier Wänden des Polizeigebäudes blieben. Die kriminaltechnische Entwicklung machte ständig Fortschritte. Aber sie würde niemals die Feldarbeit ersetzen können.
    Er kehrte in Gedanken nach Älmhult zurück. Was war an jenem Wintertag vor zehn Jahren auf dem Eis des Stångsjön passiert? Hatte Gösta Runfelt das Unglück arrangiert und in Wirklichkeit seine Frau getötet? Dafür gab es Anzeichen. Zu viele Details paßten nicht in das Bild eines Unglücksfalls. Irgendwo in einem Archiv würde man sicher ohne große Schwierigkeiten die Akten der damaligen polizeilichen Ermittlung ausgraben können. Auch wenn diese Ermittlung aller Wahrscheinlichkeit nach schlampig durchgeführt worden war, fiel es ihm schwer, die Polizisten zu kritisieren. Was für einen Verdacht hätten sie eigentlich haben können? Warum hätten sie überhaupt Verdacht schöpfen sollen?
    Wallander rief Martinsson an und bat ihn, mit Älmhult Kontakt aufzunehmen und eine Kopie des Ermittlungsprotokolls von damals anzufordern.
    »Warum hast du das denn nicht selbst gemacht?« fragte Martinsson verwundert.
    »Ich habe mit keinem einzigen Polizisten gesprochen. Statt dessen habe ich auf dem Fußboden in einem Haus gesessen, in dem es unzählbare Katzen gab und einen Mann, der sich gewichtslos machen kann, wenn es nötig ist. Es wäre gut, wenn wir die Kopie so schnell wie möglich bekämen.«
    Er legte auf, bevor Martinsson die Möglichkeit hatte, weitere Fragen zu stellen. Es war inzwischen drei Uhr geworden, und das |277| Wetter war noch immer schön. Er fand, daß er ebensogut sofort zum Optiker gehen konnte. Um fünf Uhr würden sie sich treffen. Vorher konnte er sowieso nicht mehr viel ausrichten. Außerdem war sein Kopf müde. Er zog die Jacke an und verließ sein Zimmer. Ebba telefonierte. Er schrieb einen Zettel, daß er um fünf Uhr zurück wäre, und schob ihn ihr hin. Auf dem Parkplatz suchte er seinen Wagen, bis ihm einfiel, daß der nicht da war. Er brauchte zehn Minuten zu Fuß bis ins Zentrum. Beim Optiker in der Stora Östergatan mußte er ein paar Minuten warten. Er blätterte Zeitungen durch, die auf einem Tisch lagen. In einer davon war ein Bild von ihm, das vor mehr als fünf Jahren aufgenommen worden war. Er erkannte sich kaum wieder. Die Berichte über die Morde waren groß aufgemacht. »Die Polizei verfolgt sichere Spuren.« Wallander hatte das gesagt. Was nicht stimmte. Er fragte sich, ob der Täter Zeitungen las. Verfolgte er die Arbeit der Polizei? Wallander blätterte weiter. Auf einer der Innenseiten hielt er inne und las mit wachsendem Befremden. Betrachtete das Bild. Der Journalist der Zeitung
Anmärkaren
, die noch nicht erschienen war, hatte recht gehabt. Eine Anzahl von Menschen aus dem ganzen Land hatte sich in Ystad getroffen, um eine landesweite Organisation für Bürgerwehren zu gründen. Sie äußerten sich ohne Umschweife. Falls es nötig werden sollte, würden sie nicht zögern, Handlungen zu begehen, die außerhalb des Gesetzes lagen. Sie unterstützten die Arbeit der Polizei. Aber sie akzeptierten die Kürzungen nicht. Vor allem akzeptierten sie die Rechtsunsicherheit nicht. Wallander las mit einer Mischung aus wachsendem Unbehagen und Verbitterung. Es war jetzt tatsächlich soweit.

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