Wallander 06 - Die fünfte Frau
dazu verhalten wollen.«
»Die Reichspolizeibehörde hat zahlreiche Rundschreiben veröffentlicht über das Thema Bürgerwehren«, sagte Wallander. »Ich glaube, die Leute sind sich vollkommen im klaren darüber, was das schwedische Gesetz über Privatjustiz sagt.«
»Das wissen sie sicher«, erwiderte sie. »Aber ich habe das Gefühl, daß sich etwas verändert. Ich fürchte, wir werden sehr bald erleben, daß ein Dieb von jemandem, der einer solchen Gruppe angehört, erschossen wird. Und dann werden sie sich gegenseitig schützen.«
Wallander wußte, daß sie recht hatte. Aber gerade im Moment fiel es ihm schwer, sich für etwas anderes zu interessieren als für die zweifache Mordermittlung, mit der sie beschäftigt waren.
»Laßt uns auf jeden Fall bis Montag damit warten«, sagte er. »Ich bin auch der Meinung, daß dies wichtig ist. Auf längere Sicht ist die Frage natürlich ganz wesentlich, wenn wir nicht von Leuten überschwemmt werden wollen, die Polizei spielen. Laßt uns am Montag darüber sprechen.«
Lisa Holgersson ließ es dabei bewenden. Sie beendeten die Sitzung. Ann-Britt Höglund und Svedberg wollten mit Wallander nach Sövestad fahren. Es wurde sechs, bis sie das Präsidium verließen. Wolken waren aufgezogen und es würde wahrscheinlich im Laufe des Abends oder der Nacht zu regnen beginnen. Sie fuhren in ihrem Wagen. Wallander hatte sich auf die Rückbank gesetzt. Er fragte sich plötzlich, ob er noch immer nach Jacob Hoslowskis Katzenhaus roch.
»Maria Svensson«, sagte Svedberg. »Sie ist sechsunddreißig Jahre alt und hat eine kleine Gärtnerei in Sövestad. Wenn ich sie richtig verstanden habe, handelt sie nur mit ökologisch angebautem Gemüse.«
»Du hast sie nicht gefragt, warum sie Kontakt mit Runfelt aufgenommen hat?«
|283| »Als sie die Verbindung bestätigt hatte, habe ich nichts weiter gefragt.«
»Das wird sehr interessant«, sagte Wallander. »In all meinen Jahren bei der Polizei habe ich noch nie einen Menschen getroffen, der bei einem Privatdetektiv Hilfe gesucht hat.«
»Die Fotografie war von einem Mann«, sagte Ann-Britt Höglund. »Ist sie verheiratet?«
»Ich weiß nicht«, antwortete Svedberg. »Ich habe alles gesagt, was ich weiß. Von jetzt an wissen wir gleich viel.«
»Gleich wenig«, sagte Wallander. »Wir wissen so gut wie nichts.«
Nach ungefähr zwanzig Minuten kamen sie nach Sövestad. Vor vielen Jahren war Wallander hier gewesen und hatte einen Mann abgenommen, der sich erhängt hatte. Er erinnerte sich daran, weil es der erste Selbstmord war, mit dem er konfrontiert worden war. Er dachte mit einem unguten Gefühl daran zurück.
Svedberg bremste vor einem Haus mit angrenzendem Gewächshaus und Ladenlokal. »Svenssons Gemüse« stand auf einem Schild. Sie stiegen aus.
»Sie wohnt in dem Haus«, sagte Svedberg. »Ich nehme an, sie hat den Laden geschlossen.«
»Blumen- und Gemüsehandel«, sagte Wallander. »Bedeutet das etwas, oder ist es nur ein Zufall?«
Er erwartete keine Antwort, und er bekam auch keine. Als sie ungefähr die Hälfte des Kieswegs zurückgelegt hatten, wurde die Haustür geöffnet.
»Maria Svensson«, sagte Svedberg. »Sie hat uns erwartet.«
Wallander betrachtete die Frau, die auf der Haustreppe stand. Sie trug Jeans und eine weiße Bluse. An den Füßen Holzschuhe. Ihr Aussehen war irgendwie unbestimmt. Er sah, daß ihr Gesicht vollkommen ungeschminkt war. Svedberg stellte sie vor. Maria Svensson bat sie herein. Sie setzten sich in ihr Wohnzimmer. Wallander dachte flüchtig, daß auch ihre Wohnung etwas Unbestimmtes an sich hatte, als sei sie im Grunde nicht daran interessiert, wie sie wohnte.
»Ich mache gern Kaffee«, sagte Maria Svensson.
Alle drei lehnten dankend ab.
|284| »Wie Sie sich denken können, sind wir hergekommen, um ein wenig mehr über Ihr Verhältnis zu Gösta Runfelt zu erfahren.«
»Solange Sie nicht meinen, daß ich ein Verhältnis mit ihm hatte.«
»Ich meine das Verhältnis zwischen Privatdetektiv und Klient«, sagte Wallander.
»Ja, das stimmt.«
»Gösta Runfelt ist ermordet worden. Es hat eine Weile gedauert, bis uns klar wurde, daß er nicht nur Blumenhändler war, sondern auch Privatdetektiv. Meine erste Frage ist deshalb, wie Sie Kontakt zu ihm bekommen haben.«
»Ich habe eine Annonce in der Zeitung gesehen. Das war im Sommer.«
»Wie kam der erste Kontakt zustande?«
»Ich besuchte ihn in dem Blumengeschäft. Später am gleichen Tag trafen wir uns in einem Café in Ystad. Es liegt am
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